Entscheidungsstichwort (Thema)
Session-ID
Leitsatz (amtlich)
1. Dieselbe technische Sicherungsmaßnahme (hier: Vergabe einer zeitlich begrenzten Session-ID) kann geeignet sein, mehrere (vorrangige und nachrangige) Schutzziele gegen unterschiedliche Arten der nicht autorisierten Nutzung zu erfüllen.
2. Der Umstand allein, dass überhaupt eine technische Schutzmaßnahme gegen missbräuchliche bzw. in der konkreten Weise nicht erwünschte Nutzungen vorgenommen worden ist, macht nicht jede Überwindung des Schutzes rechtswidrig i.S.v. § 95a UrhG. Für die Frage der "Wirksamkeit" einer technischen Schutzeinrichtung i.S.v. § 95a Abs. 2 Satz 2 UrhG ist festzustellen, inwieweit die jeweilige Maßnahme die Erreichung des von dem Angriff konkret betroffenen Schutzziels sicherzustellen geeignet ist.
3. Wird ein landgerichtliches Urteil erst mehr als fünf Monate nach seiner Verkündung den Parteien schriftlich zugestellt, führt dies nicht notwendigerweise dazu, dass das Urteil von dem Berufungsgericht aufzuheben und der Rechtsstreit ohne Sachprüfung an das LG zurückzuverweisen ist.
Normenkette
UrhG § 95a Abs. 2 S. 2; UrhG § Abs. 2; ZPO § 538 Abs. 1-2
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 17.11.2006; Aktenzeichen 308 O 154/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 8, vom 17.11.2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin veröffentlicht unter der URL www.stadtplandienst.de im Internet elektronische Stadt- bzw. Landkarten für alle Städte und Gemeinden Deutschlands. Die jeweiligen Kartenausschnitte sind als Detailansichten nicht individuell abrufbar, sondern werden auf die entsprechenden Nutzeranfragen erst zu diesem Zeitpunkt nach Ort, Postleitzahl, Straße/Hausnummer aus einem umfangreichen Datenbankbestand zusammengestellt. Die Einzelauskünfte stellt die Klägerin Individualinteressenten grundsätzlich kostenfrei zur Verfügung. Für eine kommerzielle, insbesondere dauerhafte Nutzung von (bzw. Verlinkung auf) Kartenausschnitten verlangt die Klägerin seit dem 1.1.2003 Lizenzgebühren (vgl. Anlagen K10, K14, K24).
Die Beklagte ist ein Wohnungsunternehmen, das u.a. Wohnungen im Bereich Rostock vermietet. Die Beklagte bot im Jahr 2003 den Interessenten ihrer Wohnungen auf ihrer Homepage die Möglichkeit, zu dem ausgesuchten Mietobjekt (Anlagen K1 bis K7) ohne eigene Dateneingabe von der Seite www.stadtplandienst.de der Klägerin einen Kartenausschnitt abzurufen ("Stadtkartenansicht bei stadtplandienst.de"). Zu diesem Zweck hatte die Beklagte eine programmtechnische Routine erstellt bzw. erstellen lassen und eingesetzt, die mittels der Daten des Mietobjekts unter Umgehung der Startseite von www.stadtplandienst.de unmittelbar auf die Kartendaten der Klägerin zugriff (Anlagen B12 und B13).
Dieses Verhalten hatte die Klägerin in dem einstweiligen Verfügungsverfahren 308 O 511/03 als urheberrechtswidrig angegriffen und einen entsprechenden Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte geltend gemacht. Das zusprechende Urteil des LG vom 22.12.2003 (Anlage K11) hatte die Beklagte mit der Berufung angegriffen. In der Senatssitzung zu dem Aktenzeichen 5 U 43/04 hatte sich die Beklagte vor dem Hintergrund, dass sie an einer weiteren Nutzung kein Interesse mehr hatte, am 9.12.2004 strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet. Die Parteien haben daraufhin den Rechtsstreit im Hinblick auf den Unterlassungsantrag in der Hauptsache für erledigt erklärt; der Senat hat durch Beschluss über die Kostenverteilung entschieden (Anlage K13).
Mit der vorliegenden Hauptsacheklage verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatzleistung in Bezug auf die von ihr geltend gemachte Rechtsverletzung weiter.
Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, die Beklagte habe auf die Ausschnitte ihrer Stadt- und Landkarten durch eine urheberrechtswidrige Umgehung wirksamer technischer Schutzmechanismen zugegriffen. Sie sei deshalb zur Zahlung üblicher Lizenzsätze verpflichtet, wie sie in vergleichbaren Situationen von ihr gefordert würden.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen, wie viele Verlinkungen auf unterschiedliche Adressen sie in der Zeit vom 1.1.-14.10.2003 von ihrer Website www.xxx.de auf die Website der Klägerin www.stadtplandienst.de geschaltet hat,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin im Wege des Schadensersatzes eine angemessene Lizenzgebühr von 3.600 EUR zu zahlen.
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, einen über 3.600 EUR hinaus gehenden Schadensersatz zu zahlen, sofern die Auskunft gem...