Entscheidungsstichwort (Thema)

Parfümtester

 

Leitsatz (amtlich)

1. Überlässt ein Markenhersteller im Rahmen eines Vertriebsbindungssystem seinen Depositären als Maßnahme der Verkaufsunterstützung sog. "Parfümtester" mit Originalware zum vollständigen Verbrauch, ohne die entleerten Behältnisse zurück zu fordern, so hat dies ein markenrechtliches "Inverkehrbringen" zur Folge, auch wenn die Ware nicht im Rahmen eines regulären Handelsverkehrs zum Absatz an den Endverbraucher bestimmt ist.

2. In derartigen Fällen tritt mit der Überlassung an den Depositär in der Regel eine Erschöpfung des Markenrechts ein. Ein gesetzlicher Anspruch auf der Grundlage des Markenrechts ggü. Dritten scheidet jedenfalls dann aus, wenn der Markenhersteller die vorrangige Möglichkeit der Durchsetzung vertraglicher Ansprüche zum Schutz seines Markenrechts ggü. seinem unmittelbaren Vertragspartner ohne nachvollziehbaren Grund unterlässt.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 28.10.2003; Aktenzeichen 312 O 519/03)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 28.10.2003 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin stellt hochwertige Markenkosmetika her und vertreibt diese über ein selektives Vertriebssystem. Zu ihrer Produktpalette gehören die Parfumprodukte der Marken L., Nikos, Chopard, Jil Sander, Jop!, Davidoff, Vivienne Westwod und Jennifer Lopez. Grundlage der vertraglichen Zusammenarbeit mit ihren Depositären ist ein einheitlicher Mustervertriebsvertrag (Anlage K1). Zur Verkaufsunterstützung überlässt die Klägerin ihren Depositären u.a. sog. Parfumtester. Hierbei handelt es sich um Originalprodukte, die allerdings in einer von der Originalausstattung abweichenden Ausstattung überlassen werden (Transportschutz aus Pappe statt hochwertigem Flakondeckel, einfach-weiße Umverpackung, Aufdruckhinweise auf die Unverkäuflichkeit des Produkts, vgl. hierzu Anlage K2). Zu Maßnahmen der Verkaufsunterstützung heißt es in dem Mustervertriebsvertrag mit den Depositären:

Verkaufsunterstützung durch L.

5.1. L. wird den Depositär in einem wirtschaftlich vertretbaren Umfang bei seinen Bemühungen für den Verkauf der Produkte vielseitig unterstützen. Einzelheiten werden von Fall zu Fall zwischen den Parteien vereinbart.

5.2. In diesem Zusammenhang kann L. dem Depositär auch Dekorations- sowie anderes Werbematerial unentgeltlich zur Verfügung stellen. Dieses Material bleibt, soweit es nicht dazu bestimmt ist, an Verbraucher weitergegeben zu werden, Eigentum von L. und ist auf dessen Anforderung zurück zu geben.

Die Beklagten betreiben unter der Domain "http://www.ebay.de" eine Internet-Plattform, die ihren Nutzern in der Form eines "Online-Marktplatzes" die Möglichkeit eröffnet, Waren verschiedenster Art in eigener Verantwortung untereinander zum Kauf anzubieten. Zur Vermeidung von Rechtsverletzungen bietet e. seinen Nutzern sowie Markenherstellern eigene Sicherungssysteme an.

Nicht für den Verkauf bestimmte Parfumtester mit Produkten der Klägerin werden seit einiger Zeit in erheblichem Umfang über e. bestimmungswidrig Endverbrauchern zum Kauf angeboten. Wegen eines Ausschnitts der von der Klägerin festgestellten Verletzungsfälle wird auf die Zusammenstellung in der Anlage K5 Bezug genommen.

Dieses Verhalten der Anbieter beanstandet die Klägerin als markenverletzend. Sie nimmt die Beklagten in ihrer Eigenschaft als Betreiber bzw. Verantwortliche des Online-Marktplatzes e. als Störer auf Unterlassung in Anspruch. Nachdem die Beklagten in der Vergangenheit auf konkrete Abmahnungen der Klägerin rechtsverletzende Angebote nach Kenntniserlangung gesperrt bzw. gelöscht hatten, verlangt die Klägerin nunmehr - weiter gehend - von den Beklagten, derartige, nach allgemeinen Kriterien als rechtsverletzend erkennbare Angebote von vornherein in eigener Verantwortung zu unterbinden.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordungsgeldes bis zu 250.000 Euro, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - Ordnungshaft zu vollziehen an ihren Direktoren bzw. Geschäftsführern - zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr unter der Homepage e.x

1. Angebote von Duftwässern der Marken L., Nikos, Jop!, Jil Sander, Davidoff, Chopard, Vivienne Westwod oder J. Lo by Jennifer Lopez zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, die in der Artikelbezeichnung und/oder der Artikelbeschreibung ausdrücklich mit dem Wort "Tester" bezeichnet sind;

hilfsweise,

Angebote von Duftwässern der Marken L., Nikos,...

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