Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf von Lastschriftbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren durch den vorläufigen Insolvenzverwalter

 

Normenkette

InsO § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2; AGB-SpK Nr. 7 Abs. 4; BGB §§ 267, 362

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 06.02.2009; Aktenzeichen 323 O 177/08)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.02.2011; Aktenzeichen XI ZR 261/09)

 

Gründe

I. Die Klägerin, bei der die Geschäftskonten der Schuldnerin geführt worden waren, verlangt von der Beklagten die Rückerstattung von Beträgen von insgesamt 14.133,85 EUR, die die Beklagte in der Zeit vom 12.1.2007 bis zum 15.3.2007 im Einziehungsermächtigungsverfahren von einem der Konten der Schuldnerin eingezogen und in deren Höhe die Klägerin später Zahlungen an den Nebenintervenienten als (seit Beschluss des AG Hamburg v. 31.5.2007) endgültigem Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin geleistet hat.

Der Nebenintervenient hatte, nachdem er gemäß Beschluss des AG Hamburg vom 2.4.2007 zunächst zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt worden war, nach der am 2.4.2007 erfolgten Erteilung des Rechnungsabschlusses für das 1. Quartal 2007 mit Schreiben vom 4.4.2007, 13.4.2007 und 4.5.2007 die Klägerin aufgefordert, die bei ihr geführten Girokonten der Schuldnerin "mit sofortiger Wirkung für Lastschriften zu sperren", bzw. darauf hingewiesen, "dass sämtliche noch nicht genehmigten Lastschriften zurückzubuchen sind". Versuche der Klägerin, die Lastschriften ab dem 9.7.2007 vom Konto der Beklagten zurückzubuchen, scheiterten am Widerspruch der Beklagten.

Das LG hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte verfolgt ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Sie behauptet in der Berufungsinstanz erstmals, dass Ende 2006 der Klägerin eine generelle Weisung des Zeugen S., Geschäftsführer der Schuldnerin, erteilt worden sei, bei ausreichendem Guthaben die Lastschriften der wichtigsten Kunden - und damit auch der Beklagten - einzulösen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Das LG hat der Klage zu Recht im zuerkannten Umfang stattgegeben.

Der Klägerin steht ggü. der Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung nach §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, 818 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Erstattung der Beträge von insgesamt 14.133,85 EUR zu, die von der Beklagten im Einziehungsermächtigungsverfahren zugunsten ihres Kontos eingezogen worden sind. Die Beklagte hat die Beträge in sonstiger Weise auf Kosten der Klägerin, die die Beträge an den Nebenintervenienten zurückgezahlt hat, ohne Rechtsgrund erlangt.

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat diese die Beträge nicht etwa "durch Leistung" der Schuldnerin erlangt. Wegen des Vorranges der Leistungskondiktion käme dann eine Rückabwicklung (allenfalls) im Verhältnis zwischen der Schuldnerin bzw. dem Nebenintervenienten und der Beklagten in Betracht.

Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung erstmals vorträgt, es sei - neben der der Beklagten angeblich erteilten Einziehungsermächtigung - von der Schuldnerin im Jahre 2006 zugunsten der Beklagten ggü. der Klägerin auch eine Abbuchungsermächtigung erteilt worden, ist dieses von der Klägerin bestrittene Vorbringen schon nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen wäre das Vorbringen aber auch unsubstantiiert - die Beklagte trägt insoweit nicht vor, wann genau und wem gegenüber eine derartige Abbuchungsermächtigung erteilt worden sein soll. Außerdem bietet die Klägerin keinerlei Beweis für die streitige Behauptung an. Unstreitig sind die Beträge von der Beklagten jedenfalls im Einziehungsermächtigungsverfahren eingezogen worden. Auch wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgehen würde, dass diesbezüglich eine (von Klägerin und Nebenintervenienten bestrittene) Einziehungsermächtigung vorgelegen hätte, läge hierin allerdings (noch) keine Leistung der Schuldnerin. Da die Belastung des Schuldnerkontos erst durch die Genehmigung des Schuldners wirksam wird, ist die Forderung des Gläubigers auch nach der Gutschrift auf dessen Konto und der Belastungsbuchung auf dem Schuldnerkonto noch nicht erfüllt; vielmehr hat der Gläubiger gegen den Schuldner weiterhin den Erfüllungsanspruch, der nunmehr auf Genehmigung der Lastschrift gerichtet ist. Der Senat folgt insoweit der in der bisherigen ständigen Rechtsprechung vertretenen "Genehmigungstheorie", die auf einer sachgerechten Bewertung der Interessen von Gläubiger und Schuldner beruht (vgl. BGH ZIP 2007, 2273 (m. Bespr. Jungmann, ZIP 2008, 295) = ZVI 2008, 64 = NJW 2008, 63, 64 f. m.w.N.). Es besteht keine Veranlassung, in Abweichung hiervon auf der Grundlage der in der Literatur teilweise vertretenen sog. "Erfüllungstheorie" davon auszugehen, dass im Rahmen des Einziehungs-ermächtigungsverfahrens die Erfüllung im Valutaverhältnis bereits mit Wertstellung auf dem Konto des Gläubigers eintritt. Dass eine Erfüllung im Valutaverhältnis trotz einer noch bestehenden Widerrufsmöglich...

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