Leitsatz (amtlich)

Die für die Nachlasspflegschaft in §§ 1915, 1812 BGB geregelte nachlassgerichtliche Genehmigungspflicht für Verfügungen über bestimmte, zum Nachlass gehörende Rechte findet gemäß § 1975 BGB entgegen einer von Teilen der Literatur vertretenen Ansicht auch auf die Nachlassverwaltung Anwendung.

 

Normenkette

BGB §§ 1810-1813, 1915, 1962, 1975, 1984 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 11.03.2021; Aktenzeichen 328 O 342/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.12.2022; Aktenzeichen V ZR 68/22)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 11.03.2021, Az. 328 O 342/18, abgeändert und die Klage hinsichtlich des Klagantrages zu 1.) abgewiesen, im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Soweit es die vorläufige Vollstreckbarkeit zugunsten des Beklagten betrifft, ist der Kläger berechtigt, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil gegen ihn vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird beschränkt auf die Klagabweisung zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 95.750,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt vom Beklagten die Zustimmung zur Löschung einer Vormerkung.

Der Kläger ist Nachlassverwalter. Er verwaltet den Nachlass der am 24.4.2017 verstorbenen M... M... H... K... (im folgenden Erblasserin). Die drei Kinder der Erblasserin schlugen die Erbschaft nach ihrer Mutter aus. Alleinerbin ist daher die Enkeltochter Frau D.... Es wird auf den Erbschein vom 18.10.2017 (Anlage K4) Bezug genommen.

Die Erblasserin war u.a. Erbbauberechtigte an einem in Hamburg in der Halstenbeker Straße ... belegenen Grundstück (Grundbuchauszug Anlage K 1B). Sie schloss mit dem Beklagten am 10.3.2017 einen notariellen Erbbaurechts-Überlassungsvertrag (Anlage K 3) in dessen § 1 sie sich verpflichtete, dem Beklagten ihr Erbbaurecht zu überlassen und in dem beide Vertragsparteien in § 5 die Einigung und Auflassung im Hinblick auf die Übertragung dieses Erbbaurechts erklärten. Der vertragliche Besitzübergang wurde auf den 1.6.2017 festgelegt, der Beklagte ist auch tatsächlich im Besitz des Grundstücks. Der mit "Gegenleistung" überschriebene § 4 des Vertrages regelt verschiedene vom Beklagten zu erbringende Leistungen. So sollte der Beklagte ab vertraglichem Besitzübergang gem. Ziff. 1 dieses Paragraphen sämtliche Pflichten (aber auch Rechte) aus dem Erbbauvertrag übernehmen, insbesondere den Erbbauzins entrichten. Ferner verpflichtete sich der Beklagte in § 4 Ziff. 2 des Vertrages, an die Erblasserin ab dem 1.6.2017 eine monatliche Leibrente von 1.650 EUR zu leisten. Zur Sicherung dieses Leibrentenanspruchs sollte eine Reallast zugunsten der Erblasserin auf dem Grundbesitz eingetragen werden. Weiter war die Erblasserin gem. § 4 Ziff. 2 des Vertrages berechtigt, "vom schuldrechtlichen Teil dieses Vertrages zurückzutreten und die Rückauflassung zu verlangen, wenn der Übernehmer mit zwei Monatsraten im Verzug ist." In § 4 Ziff. 3 verpflichtete sich der Beklagte, 150.000 EUR zu zahlen, fällig drei Monate nach dem Ableben der Erblasserin. Dieser Betrag sollte zu gleichen Teilen an die drei Kinder der Erblasserin geleistet werden, denen ausweislich der vertraglichen Regelungen ein direkter Anspruch gegen den Beklagten gem. § 328 BGB zustehen sollte. Zur Absicherung dieses Anrechts sollte eine Buchhypothek in das Grundbuch eingetragen werden. Ferner sollte der Beklagte gem. § 4 Ziff. 4 des Vertrages die laufende Zahlung auf verschiedene, mit einer Grundschuld gesicherte Darlehen übernehmen. Auch insoweit unterwarf sich der Beklagte der sofortigen Zwangsvollstreckung. In § 6 des Vertrages vereinbarten die Vertragsparteien letztlich, eine Vormerkung im Hinblick auf die Übertragung des Erbbaurechts im Grundbuch einzutragen. Diese Vormerkung wurde am 21.3.2017 im Grundbuch eingetragen. Zur Aufnahme der Leibrentenzahlungen kam es aufgrund des vorherigen Todes der Erblasserin nicht mehr. Auch die in § 4 des Vertrages vorgesehenen grundbuchrechtlichen Absicherungen wurden nicht vorgenommen. Die Übertragung des Erbbaurechts wurde bislang im Grundbuch nicht eingetragen.

In einem weiteren notariellen Vertrag vom 7.3.2017 verpflichtete sich die Erblasserin, dem Beklagten das Eigentum an einem ihr gehörenden Grundstück in Schenefeld zu übertragen (Anlage K 2). In § 4 dieses Vertrages verpflichtete sich der Beklagte, an die Erblasserin bis zum 31.5.2017 200.000 EUR als Gegenleistung für die Übertragung zu zahlen. Zur Sicherung des Übertragungsanspruchs wurde im Grundbuch ebenfalls eine Eigentumsvormerkung eingetragen. Die Übertragung des Eigentums ist ebenfalls noch nicht im Grundbuch eingetragen worden.

Der Beklagte zahlte in der Folgezeit weder die 150.000 EUR aus dem Erbbaure...

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