Leitsatz (amtlich)
1. Makler sind nicht räumlich auf dem gleichen Markt tätig und stehen deshalb nicht in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis, wenn sich ihre jeweiligen Tätigkeitsgebiete nicht überschneiden. Es genügt für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses zu einem lediglich lokal tätigen Makler nicht, dass der Anspruchsteller (etwa über das Internet) Immobilien bundesweit anbietet, wenn er im Tätigkeitsgebiet des Anspruchsgegners nicht beständig präsent ist, sondern vor der angegriffenen Verletzungshandlung nur eine einzige - noch dazu ein Jahr zurückliegende - Vermittlungstätigkeit ausgeübt hat.
2. Veranlasst der Anspruchsteller bei einem unabhängigen Immobiliensuchportal einen Suchauftrag, dessen Hauptzweck die Zusendung von E-Mails ist und dessen Umfang er maßgeblich vorgibt, dann obliegt es der Antragspruchsteller, der den Anspruchsgegner auf Unterlassung der Zusendung von Werbe-E-Mails in Anspruch nimmt (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG), in einem ersten Schritt, die Funktionsweise des Immobilienportals, den Umfang des Suchauftrags und die bei Erteilung des Suchauftrags eingegangenen Konditionen (AGB, Datenschutzerklärung) bezogen auf eine Einwilligung zur Zusendung von werbenden E-Mails darzulegen. Erst auf der Grundlage dieser Darlegungen kann festgestellt werden, ob der Suchauftrag und die darin erklärte Einwilligung die Zusendung einer E-Mail rechtfertigt oder ob sich die Zusendung einer E-Mail außerhalb des Rahmens der Einwilligung bewegt.
Normenkette
UWG §§ 3, 7 Abs. 2 Nr. 3, § 8
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 416 HKO 53/17) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 13.06.2017, Az. 416 HKO 53/17, abgeändert. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 10.3.2017 wird unter Zurückweisung des ihr zugrundeliegenden Antrags aufgehoben.
II. Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz trägt die Antragstellerin.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Antragstellerin beanstandet eine unzumutbare Belästigung seitens der Antragsgegnerin durch die Zusendung von E-Mails über das Immobilienportal immonet.de.
Die Parteien sind Immobilienmakler. Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass sie als Immobilienmaklerin in Deutschland, Spanien und Frankreich tätig ist und auch Wohn- und Gewerbeimmobilien im Raum Kassel vermarktet (Anlage ASt 1). Die Antragsgegnerin ist ausschließlich im Raum Kassel tätig.
In der Zeit vom 11.1.2017 bis 30.1.2017 waren bei dem Immobilienportal immonet.de zwei Immobilien in Kassel-West und in Kassel-Niederzwehren, die durch die Antragsgegnerin vermittelt wurden, inseriert. Die Objekte waren im Foto des Angebots durch die Antragsgegnerin deutlich sichtbar als "Verkauft" gekennzeichnet (Anlage ASt 2-4). Bei den Immobilienportalen immonet.de, immoscout24.de und immowelt.de kann der Interessent einen Suchauftrag schalten. Auf Grund des Suchauftrags erhält er automatisch per E-Mail Offerten aller Anbieter, die nach den vom Interessenten im Suchauftrag angegebenen Kriterien dessen Vorstellungen entsprechen. Es werden nicht nur neu eingestellte Angebote, sondern auch solche, die bereits zuvor vom Anbieter aktiviert worden waren, übersandt. Gemäß Ziffer 9.4 sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von immonet.de für gewerbliche Immobilienmakler vor, dass verkaufte oder vermietete Immobilien innerhalb von 5 Tagen in der Datenbank zu deaktivieren sind (Anlage ASt 6).
Die Antragstellerin sieht in dem Zusendenlassen von Angeboten nicht mehr verfügbarer Objekte über immonet.de durch die Antragsgegnerin eine unzumutbare Belästigung der Suchinteressenten und hat die Antragsgegnerin unter dem 30.1.2017 abgemahnt (AG 3).
Die Antragstellerin hat beantragt,
der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr über die Internet-Immobilienplattform immonet.de E-Mails mit Immobilienofferten versenden zu lassen, wenn die angebotenen Immobilien seit mehr als fünf Tagen nicht mehr verfügbar sind.
Das Landgericht hat die beantragte einstweilige Verfügung mit Beschluss vom 10.3.2017 erlassen. Dagegen hat die Antragsgegnerin Widerspruch erhoben.
Die Antragsgegnerin hat bestritten, dass die Antragstellerin auch im Raum Kassel tätig ist. Sie habe über immonet.de keine Immobilienangebote eingestellt. Die Inserate seien allenfalls über eine Verknüpfung durch das Immobilienportal immowelt.de erschienen. Es fehle an einer Wiederholungsgefahr. Sie sei bereits zuvor von der Firma K. Immobilien GmbH am 9.1.2017 abgemahnt worden und habe unter dem 26.1.2017 eine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben (AG 2). Die Antragstellerin handele zudem rechtsmissbräuchlich. Die Abmahnung diene ausschließlich dem Gebührenerzielungsinteresse des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin. Dies zeige sich auch daran, dass der Prozessbevollmächtigte die Suchaufträge selbst mit seiner E-Mail-Adresse schalte. Die einstweilige Verfügung sei auch nicht wirksam vollzogen wo...