Leitsatz (amtlich)
1. Sind dem Inhaber von Nutzungsrechten an einer Musikkomposition vertraglich "jegliche Bearbeitung der Originalmusik und deren beliebige Verbindung mit anderen Musikwerken Dritter" gestattet worden, so ist es nicht vertragswidrig und demgemäß auch keine Urheberrechtsverletzung (§ 97 UrhG), wenn der Bearbeiter die Tonfolge der Originalmusik verkürzt und verschiedene Mittelteile einfügt, die ihrerseits urheberrechtlich schutzunfähig sind.
2. Werden solche Bearbeitungen bei der GEMA angemeldet und bezeichnet sich der Bearbeiter in der GEMA-Meldung als "Komponist" der Mittelteile, so verletzt das nicht die Urheberrechte des Schöpfers der Originalkompositionen (§ 97 UrhG). Es wird dadurch auch nicht die Urheberschaft des Komponisten der Originalmusik aberkannt (§ 13 UrhG) oder sein Urheberpersönlichkeitsrecht verletzt. Der GEMA-Anmelder handelt wegen der Wahrnehmung berechtigter Interessen auch nicht treuwidrig (§ 242 BGB).
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 21.01.2000; Aktenzeichen 308 O 180/98) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 8, vom 21.1.2000 abgeändert.
Die Klage in der in der Berufungsinstanz gestellten Fassung wird abgewiesen.
Die unselbständige Anschlussberufung der Kläger wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 6.000 Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf insgesamt 27.798,43 Euro (= 54.369 DM) festgesetzt, davon entfallen 27.585,73 Euro (= 53.953 DM) auf die Berufung des Beklagten und 212,70 Euro (= 416 DM) auf die Anschlussberufung der Kläger.
Tatbestand
Die Kläger sind Komponisten und haben gemeinsam den Werbe-Jingle "Wenn's um Geld geht - Sparkasse" komponiert (Tonaufnahme: Anlage K 9). Die regelmäßig mit dieser Textzeile unterlegte Tonfolge haben die Kläger im Jahre 1993 im Auftrage der Werbeagentur S. gefertigt, der Jingle ist seit dem 21.1.1994 unter der Datenbankwerknummer 3.000.000 bei der GEMA registriert (Anlage K 1).
Der Beklagte ist Komponist und Musikproduzent. Er hat im Auftrag der Werbeagentur S. verschiedene "Sparkasse"-Werbemusiken unter Verwendung der Tonfolge des Jingles und unter Einfügen neuer Mittelteile produziert (Tonaufnahmen: Anlage K 8) und hat die Werbemusiken bei der GEMA angemeldet (Anlagen B 1 und B 3). Die P. Musikverlag GmbH (im Folgenden: P. GmbH) hat weitere "Sparkasse"-Werbemusiken des Beklagten bei der GEMA angemeldet (Anlage B 2). Entsprechend den Anmeldungen erfolgten die Eintragungen bei der GEMA.
Die Kläger sehen sich dadurch in ihren Urheberrechten verletzt und nehmen den Beklagten auf Unterlassung, Löschung, Rechnungslegung und Feststellung der Zahlungspflicht in Anspruch.
Die Kläger hatten am 3.12.1993 mit der Werbeagentur S. folgendes vereinbart (Anlage K 2):
"1. Die - (Kläger) sind die Urheber der Musik mit dem Arbeitstitel: Sparkassen-Jingle "Wenn's um Geld geht - Sparkasse".
2. Die - (Kläger) als Urheber der vorstehenden Musik erklären sich ausdrücklich mit einer Bearbeitung ihrer Originalmusik durch Dritte einverstanden.
3. Die Urheber der vorstehenden Musik erklären sich ferner damit einverstanden, dass ihr Werk in bearbeiteter und/und unbearbeiteter Form - mit anderen Musikwerken Dritter in beliebiger Weise verbunden wird. Für die Nutzungsrechte an dieser Komposition erhält "A." ein einmaliges Honorar von 15.000 DM + MwSt.
4. Die Komposition wird von den Urhebern bei der GEMA angemeldet. Die Urheber werden bei allen weiteren Veröffentlichungen genannt."
Die Beklagte produzierte die "Sparkasse"-Werbemusiken entsprechend dem Auftrag der Werbeagentur S. u.a. in den Versionen "Classic-Version", "Sparkasse: Pop/Mainstream", "Sparkasse: Unplugged", "Sparkasse: Rock", "Folk-Version". Bei diesen Werbemusiken wird die Tonfolge "Wenn's um Geld geht - Sparkasse" jeweils nur als Anfangs- und Schlussteil (als sog. Intro und Autro) verwendet, wobei die Instrumentierung und der Rhythmus entsprechend den einzelnen Titeln unterschiedlich sind. Die Mittelteile der Werbemusiken stammen jeweils vom Beklagten. In der "Classic-Version" wird die Tonfolge der Kläger insgesamt dreimal benutzt.
Die GEMA-Anmeldungen des Beklagten betreffen die Werbemusiken "Classic-Version" (Anlage B 1) und "Folk-Version" (Anlage B 3), die GEMA-Anmeldungen der P. GmbH beziehen sich auf die Versionen "Unplugged", "Rock" und "Pop/Mainstream" (Anlage B 2).
Die Kläger haben vorgetragen:
Ihre Komposition "Wenn's um Geld geht - Sparkasse" weise die für ein urheberrechtlich geschütztes Musikwerk erforderliche Gestaltungshöhe auf. Der prägende Melodienteil sei kein Plagiat des Titels "Wouldn't it be good" (N.K., 1984, Anlagen B 4-6). Die Übereinstimmung der Tonfolgen werde bestritten, die Tonfolge gem. Anlage B 4 sei keine autoris...