Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Berechnung einer Lizenzanalogie wegen Markenverletzungen im Rahmen von Parallelimporten ist aufgrund der Besonderheiten dieser Verletzungen jedenfalls dann die Annahme eines vergleichsweise niedrigen Prozentsatzes nahe gelegt, wenn nur die Versäumung der Obliegenheit zur Vorabinformation des Markeninhabers im Raum steht.
2. Im Falle der Verletzung der Obliegenheit zur Vorabinformation hat der Verletzer dem Markeninhaber aufgrund der Besonderheiten des Rechts des Parallelimports den vollen Verletzergewinn herauszugeben. Denn das parallelimportierte Arzneimittel ist aus arzneimittelzulassungsrechtlichen Gründen ohne die Verwendung der Marke des Originalherstellers in Deutschland nicht verkehrsfähig.
3. Eine Differenzierung danach, ob der Markterfolg ggf. noch von anderen Dingen als dem der Kennzeichnung mit der Klagemarke abhängig ist, kann bei der Ermittlung des herauszugebenden Verletzergewinns weiter auch deshalb nicht stattfinden, weil der Parallelimporteur keine über die nach den Regeln des Parallelimports von Arzneimitteln erforderlichen Hinweise auf seine Rolle als Importeur und Umpacker hinausgehenden Eingriffe in die Packung vornehmen darf. Er darf insbesondere die Packung nicht dazu verwenden, sich - etwa durch eine den Grundsätzen des schonendsten Eingriffs widersprechende auffällige Verwendung seiner eigenen Marke ("Cobranding") - im Wettbewerb als Händler zu profilieren, und sei es auch nur im Wettbewerb der Parallelimporteure.
Normenkette
ZPO § 287 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 30.06.2005; Aktenzeichen 327 O 126/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin sowie die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg vom 30.6.2005 - 327 O 126/05, werden zurückgewiesen.
Von den Kosten der Berufung trägt die Klägerin 64 % und die Beklagte 36 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des für diese auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des für diese auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin - ein in Deutschland ansässiges Pharmaunternehmen - nimmt die Beklagte, eine Parallelimporteurin von Arzneimitteln, auf Schadensersatz wegen Verletzung ihrer Markenrechte durch rechtswidrigen Parallelimport von zwei Arzneimitteln ohne Vorabinformation in Anspruch. Sie verlangt zum einen Herausgabe des Verletzergewinns und zum anderen Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie.
Die Klägerin vertreibt u.a. die Arzneimittel Z. und N., für die sie Markenschutz genießt.
Die Beklagte vertrieb jedenfalls seit dem 1.1.1997 in Deutschland parallelimportierte Arzneimittel der Marken Z. und N., ohne dass die Klägerin über den Parallelvertrieb i.S.d. Rechtsprechung des EuGH vorab informiert worden war. Hierauf wurde die Klägerin im Oktober 1999 aufmerksam.
Auf Abmahnung der Klägerin verpflichtete sich die Beklagte am 1.11.1999 strafbewehrt, den beanstandeten Vertrieb zu unterlassen, ohne die Klägerin vor dem geplanten Feilhalten der Arzneimittel vorab zu unterrichten und ihr auf Verlangen Muster zu liefern.
Die Klägerin erhob weiter Klage auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach. Dieses Verfahren endete mit dem Urteil des Senats vom 22.4.2004 (3 U 240/01, vgl. Anlage K 1), dessen Tenor u.a. wie folgt lautete:
Auf die Berufungen der Beklagten und auf die unselbständige Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 17.5.2001 abgeändert und zum Zwecke der Klarstellung insgesamt neu gefasst:
I. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen entstandenen und/oder noch entstehenden Schaden zu ersetzen, und zwar dadurch, dass die Beklagte seit dem 31.12.1996 bis zum 1.11.1999 die aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft oder des Europäischen Wirtschaftsraumes importierten Arzneimittel Z. und N. vertrieben hat.
II. Die Beklagte wird verurteilt, die Richtigkeit ihrer mit Schreiben vom 17.2., 18.2. und 25.9.2000 erteilten Auskünfte hinsichtlich des Vertriebs der Arzneimittel N. und Z. an Eides Statt zu versichern. ...
Nach den von der Beklagten erteilten Auskünften belief sich der im relevanten Zeitraum von der Beklagten mit N. erzielte Gewinn vor Abzug der Gemeinkosten auf 23.312,93 EUR, der mit Z. erzielte Umsatz auf DM 911.942,19.
Mit Schreiben vom 7.2.2005 verlangte die Klägerin von der Beklagten unter Setzung einer Frist von 14 Tagen Zahlung eines Gesamtbetrages von 69.939,79 EUR (23.312,93 EUR Verletzergewinn N. und 46.626,86...