Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 19.02.1999; Aktenzeichen 324 O 521/98)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 26.04.2001; Aktenzeichen 1 BvR 758/97)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 19.2.99 – 324 O 521/98 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens nach einem Wert von DM 80.000,–.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 93.000,– vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist unter Berücksichtigung dessen, daß ihr durch Beschluß des Senats vom 21.7.1999 wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt worden ist, zulässig.

Sie ist jedoch nicht begründet.

Aufgrund des vorliegenden Tatbestandes, von dessen Darstellung nach § 543 I ZPO abgesehen wird, ist die Beklagte zu Recht und mit zutreffender Begründung verurteilt worden es zu unterlassen, die im Streit befindliche Fotografie, welche den Kläger zeigt, erneut zu veröffentlichen. Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Urteils und verweist deshalb – ebenfalls gemäß § 543 I ZPO – in erster Linie auf diese. Nur im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren ist ergänzend folgendes auszuführen:

Die Beklagte ist nicht nach § 22 KUG zur Veröffentlichung berechtigt, weil sie weder dargelegt, noch in beachtlicher Weise unter Beweis gestellt hat, daß der Kläger in die vorliegende Veröffentlichung eingewilligt hat. Es ist schon nicht ersichtlich, daß er für den Fotografen „posiert” hätte, wie die Beklagte unter Hinweis auf das Ursprungsfoto (Anl. B 1) meint. Hieraus ergibt sich eher das Gegenteil: Es zeigt den Kläger in einer Garage oder auf einem Parkplatz, eher mürrisch dreinblickend, wie er sich sein Jackett zuknöpft.

Die Behauptung, der Kläger habe einen namentlich nicht genannten Fotografen, welcher dies später einen benannten Zeugen gegenüber bestätigt habe, erklärt, daß er mit der Veröffentlichung der am 19.11.97 bei einem Konzert aufgenommenen Fotografie uneingeschränkt einverstanden gewesen sei, fehlt die nach § 138 ZPO erforderliche Substanz, so daß diesem Beweisangebot schon deshalb nicht nachzugehen ist.

Die Veröffentlichung der Aufnahme ist auch nicht nach § 23 I 1 KUG zulässig, weil diese kein „Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte” ist.

Das zeitgeschichtliche Ereignis, zu dessen Illustration sie dient, nämlich die körperliche Auseinandersetzung des Klägers mit einem ihm lästigen Fotografen, stellt sie nicht dar. Auch wenn man der Meinung ist, daß – in vorsichtig erweiternder Auslegung des § 23 I 1 KUG – unter Umständen das Bildnis einer Person zur Illustration von Wortberichten über zeitgeschichtliche Ereignisse, an der sie beteiligt ist, in der Weise verwendet werden darf, daß solchen Berichten ein neutrales Portraitfoto der betreffenden Person beigefügt wird, läßt sich die vorliegende Bildveröffentlichung auf eine solche Gesetzesanwendung nicht stützen. Selbst dann, wenn man davon absieht, daß die Beklagte im vorliegenden Fall über ein Foto verfügte, daß den Kläger während der geschilderten Begebenheit zeigt und dies dem Artikel bereits beigefügt hat, werden durch die Veröffentlichung der beanstandeten Aufnahme die engen Grenzen, die eine solche erweiternde Auslegung der Vorschrift als „Ausnahme von einer Ausnahme” haben muß, eindeutig nicht eingehalten: Ein Foto, welches den Kläger „von Kopf bis Fuß” abbildet, ist kein neutrales Portraitfoto.

Die Beklagte darf schließlich das Bildnis nicht etwa deswegen unter Berufung auf § 23 I 1 KUG veröffentlichen, weil der Kläger als „absolute Person der Zeitgeschichte” anzusehen wäre. Der Senat bleibt dabei (vgl. schon Urteil vom 17.3.98 – 7 U 208/97 – und vom 24.8.1999 – 7 U 52/99 –), daß der Kläger trotz seiner Herkunft, seiner gesellschaftlichen Stellung, einzelner Verhaltensweisen, seiner Eheschließung mit Prinzessin C. v. M. und des öffentlichen Interesses, das die Medien an ihm haben und hervorrufen, nicht zu dieser Kategorie von Persönlichkeiten gehört. Die Rechtsfigur der „absoluten Person der Zeitgeschichte” ist nichts weiter als ein zur Erleichterung der Subsumtion unter § 23 I 1 KUG entwickelter Begriff. Daher muß die Rechtsprechung der Gefahr widerstehen, diesen Begriff zu verselbständigen, in dem sie ihm gewissermaßen losgelöst von dieser Rechtsgrundlage anwendet. Vielmehr muß bei der Beantwortung der Frage, ob jemand dem Kreis der „absoluten Personen der Zeitgeschichte” angehört, stets berücksichtigt werden, daß § 23 I 1 KUG eine Ausnahme von dem grundsätzlichen gesetzlichen Verbot der einwilligungslosen Verbreitung von Bildnissen von Personen durch § 22 KUG ist. Im Hinblick auf diesen Gesetzeszweck ist also Zurückhaltung geboten, ehe jemand als absolute Person der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 I 1 KUG behandelt wird, weil dies für ihn (und ggf. auch für „vertraute Begleiter”) generell eine weitgehende Aufhebung des aus dem Persönlichkeitsrecht (Art. 1 und 2 GG) abzuleitenden Schutzes des Rechts am eigenen Bild zur ...

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