Normenkette
UWG § 4 Nr. 3 Buchst. a
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 08.09.2022; Aktenzeichen 403 HKO 60/22) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 08.09.2022, Az. 403 HKO 60/22, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die vorläufige Vollstreckung der Klägerin hinsichtlich Ziffer 1. des erstinstanzlichen Urteils abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 100.000,-, hinsichtlich Ziffer 2 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 500,- und zu Ziffern 4. und 5. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe und hinsichtlich Ziffern 4. und 5. In Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 250.000,00 EUR festgesetzt. Davon entfallen auf den Antrag zu 1. EUR 225.000,- und auf die Anträge zu 2. und 3. insgesamt EUR 25.000,-.
Gründe
I. Die Beklagte und Berufungsklägerin (im Folgenden: Beklagte) wendet sich gegen ihre erstinstanzlich erfolgte Verurteilung. Die Klägerin und Berufungsbeklagte (im Folgenden: Klägerin) nimmt die Beklagte aus Wettbewerbsrecht wegen des Vertriebs von Weihnachtslikören auf Unterlassung, Auskunft, Schadenersatzfeststellung sowie Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.
Die Klägerin ist Herstellerin von Spirituosen, die bundesweit über den Lebensmitteleinzelhandel und den Discount vertrieben werden. Auch die Beklagte ist bundesweit im Bereich der Herstellung von Spirituosen und Likören tätig. Seit den 1990er Jahren bringt die Klägerin als Saisonartikel in einer rotfarbenen, mit goldenen Sternen verzierten Umverpackung 10 Weihnachtsliköre in Flaschen der Größe 0.02l in den Geschmacksrichtungen Marzipan-Sahnelikör, Schokoladen-Sahnelikör, Zimt-Apfel-Sahnelikör, Brat-Apfel-Sahnelikör, Feigen-Likör, Lebkuchen-Likör, Nuss-Nougat-Likör, Zimt-Likör, Birnen-Likör und Apfel-Likör auf den Markt. Bis 2011 bestand die Umverpackung aus Plastik, seit 2011 handelt es sich hierbei um eine Pappverpackung. Stets befand und befindet sich auf der Vorderseite ein großes Sichtfenster. Die konkrete Ausgestaltung der Verpackung und der Flaschen der Klägerin hat in den Jahren, seitdem sie vertrieben wird, Änderungen erfahren, deren genaues Ausmaß zwischen den Parteien streitig ist.
Im Zeitraum 2013 bis einschließlich 2020 belieferte die Klägerin u.a. den Discounter Lidl mit diesem Produkt. Im November 2021 stellte die Klägerin fest, dass der Discounter Lidl das Verletzungsmuster der Beklagten unter der Bezeichnung "Weihnachtsliköre" anbot, welches ebenfalls aus 10 in einer aus Pappe bestehenden roten Umverpackung, verziert mit goldenen Sternen und vorderem Sichtfenster, angebotenen Likören in 0,02l Flaschen in den oben genannten Geschmacksrichtungen besteht. Produktinhalt und Produktgestaltung wurden der Beklagten durch die Lidl Dienstleistung GmbH & Co. KG vorgegeben.
Mit Schreiben vom 16.11.2021 mahnte die Klägerin die Beklagte und die Lidl Dienstleistung GmbH & Co. KG wegen des Vertriebs des streitgegenständlichen Produkts der Beklagten ab. Die geforderten strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärungen wurden nicht abgegeben. Gegen die Lidl Dienstleistung GmbH & Co. KG erwirkte die Klägerin sodann die als Anlage K1 zur Akte gereichte einstweilige Verfügung, mit der dieser untersagt wurde, das Produkt der Beklagten anzubieten, zu bewerben, zu verkaufen. Daraufhin einigten sich die Klägerin und Lidl außergerichtlich. Die Beklagte erhob ihrerseits negative Feststellungsklage gegen die Klägerin vor dem Landgericht Rottweil, über die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch nicht entschieden ist.
Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, die Produktgestaltung, Aufmachung, Verpackung und konkrete Zusammenstellung der Geschmacksrichtungen sei auf dem deutschen Markt einzigartig und erfolge seit 2011 im Wesentlichen unverändert. Die 10 Likörflaschen sowie die Gesamtzusammenstellung nebst Verpackung genössen wettbewerbliche Eigenart und würden durch folgende Merkmale charakterisiert:
o Längliche, nach oben sich im Flaschenhals verjüngende Flaschenform mit weißem Schraubverschluss für ein Füllvolumen von 0,02 l, Prägung BLUME;
o Etikettenform nach Art eines "Zigarrenetiketts", welches oben und unten abgerundet ist und über einen umlaufenden dickeren Goldrand und eine innenliegende dünne rote Umrandung verfügt;
o die Etiketten enthielten in der oberen Hälfte jeweils zentriert in weißer Schrift die jeweilige Geschmacksrichtung ("MARZIPAN Sahnelikör", "SCHOKOLADEN Sahnelikör" u.s.w) und in der unteren Hälfte Abbildungen der jeweiligen, für die Geschmacksrichtung maßgeblichen "Hauptzutat" (z.B. Zimtschoten, einen Apfel, eine Birne, eine Feige u.s.w), die - mit Ausnahme des Produkts "MARZIPA...