Leitsatz (amtlich)
Wird vom Mitbewerber wahrheitsgemäß im Internet verbreitet, der Gläubiger biete gefälschte Auflastungs-Gutachten (zur Erhöhung des zulässigen Kfz-Gesamtgewichts) an, so handelt der Mitbewerber wegen des aktuellen Anlasses und seiner abzuwendenden eigenen konkreten wirtschaftlichen Beeinträchtigung nicht unlauter, auch wenn er bei der Äußerung zugleich dazu auffordert, gegen den Gläubiger Strafanzeige zu erstatten. Der gegen die Verbreitung der Äußerung gerichtete Unterlassungsanspruch ist unbegründet:
1. § 4 Nr. 8 UWG ist nicht gegeben, weil die behauptete Tatsache zutrifft. § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG kommt nicht in Betracht, wenn die herabsetzende Äußerung nicht mit einem Vergleich verbunden gewesen ist.
2. § 4 Nr. 7 UWG findet in Abgrenzung von § 4 Nr. 8 UWG und § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG nur bei herabsetzenden oder verunglimpfenden wahren Äußerungen Anwendung, die außerhalb eines Vergleichs gemacht werden und deren Verbreitung unter Gesamtwürdigung aller Umstände unlauter ist.
Normenkette
UWG § 4 Nrn. 7-8, § 6 Abs. 2 Nr. 5
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 416 O 56/04) |
Tenor
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
Gründe
Nachdem die Parteien in der Berufungsverhandlung den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist nur noch gem. § 91a ZPO über die Kosten zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es, die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen dem Antragsteller aufzuerlegen.
Die Berufung der Antragsgegnerin wäre ohne die übereinstimmende Erledigungserklärung in der Berufungsverhandlung voraussichtlich erfolgreich gewesen und hätte unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils vom 16.6.2004 zur Aufhebung der Beschlussverfügung des LG vom 30.3.2004 - i.d.F. gem. dem Berichtigungsbeschluss vom 13.4.2004 - und zur Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Verfügungsantrages geführt. Insoweit hat der Antragsteller billigerweise die Kosten zu tragen.
I. Die Parteien sind Wettbewerber. Der Antragsteller lässt nach seinen Angaben mit einem Kooperationspartner beim TÜV für das sog. Auflasten von Fahrzeugen Gutachten erstellen. Die Antragsgegnerin bietet auf ihrer Internetseite ebenfalls Auflastungen für Kraftfahrzeuge nebst Gutachten an.
Die Antragsgegnerin hat auf ihrer Internetseite Behauptungen über den Antragsteller verbreitet (Internetausdruck: Bl. 5), die dieser als wettbewerbswidrig beanstandet.
Der Antragsteller nimmt deswegen die Antragsgegnerin im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung in Anspruch.
Unter dem sog. Auflasten versteht man dauerhaft geänderte Zusatzlasten für Fahrzeuge, die so ein höheres Gesamtgewicht erhalten und dadurch in der Kfz-Steuer günstiger veranschlagt werden. Die Auflastung muss in die Kfz-Papiere eingetragen werden, und zwar nur aufgrund entsprechender Gutachten.
Ein solches Gutachten hatte der Antragsteller nach seinen Angaben bezüglich des Fahrzeugs Mercedes Benz Vito in Auftrag (eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vom 24.3.2004: Anlage ASt A 1), er hat auf seiner Internetseite ("www.x-nnnnnn.de") die Option zum Erwerb dieses Gutachtens angeboten (Internetausdruck: Bl. 4 oben).
Die Antragsgegnerin bietet auf ihrer Internetseite ("www.s-mmmmm-ag.de") Auflastungen für Kraftfahrzeuge und die dafür benötigten Gutachten an (Internetausdruck: Bl. 4 unten). Auf ihrer Homepage hatte sie folgenden Text veröffentlicht:
"Im Internet und bei eBay vertreibt Herr K. aus W-... (d.i. der Antragsteller) nach wie vor gefälschte und ungültige Gutachten zur Auflastung von Mercedes Vito.
Das Gutachten hat die Nr. 333-22222 ... und ist seit OKT. 2003 ungültig.
Sollte jemand ein solches Gutachten käuflich erwerben, raten wir dringend zur Strafanzeige.
Die Gutachten werden auf der HP www.x-nnnnn.de angeboten.
Sie können bei uns oder beim TÜV anrufen und sich die Ungültigkeit dieses Gutachtens bestätigen lassen.
Tel. vom TÜV:... Tel. von uns...." (Internetausdruck: Bl. 5).
Das LG hatte mit seiner Beschlussverfügung vom 30.3.2004 (in der berichtigten Fassung gem. Beschluss vom 13.4.2004) der Antragsgegnerin unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zu behaupten:
Im Internet und bei eBay vertreibt Herr K. nach wie vor gefälschte und ungültige Gutachten zur Auflastung von Mercedes Vito.
Das Gutachten hat die Nr. 333-22222 ... und ist seit Okt. 2003 ungültig.
Sollte jemand ein solches Gutachten käuflich erwerben, raten wir dringend zur Strafanzeige.
Die Gutachten werden auf der HP www.x-nnnnn.de angeboten.
Durch Urteil vom 15.6.2004 hatte das LG die Beschlussverfügung bestätigt. Mit der dagegen gerichteten, form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung hat die Antragsgegnerin die Aufhebung der Beschlussverfügung und die Zurückweisung des Verfügungsantrages weiterverfolgt.
Anfang April 2004 - mithin nach der Beschlussverfügung des LG Hamburg vom 30.3.2004 - hatte die Antragsgegnerin auf ihrer Internetseite folgende...