Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 27.04.1984; Aktenzeichen 74 O 255/83)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 24, vom 27. April 1984 geändert.

Die Beklagte wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzsweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft verurteilt, es zu unterlassen, beim Abschluß ihrer Verträge mit Partnerschaftsinteressenten folgende oder inhaltsgleiche Bestimmungen in die Geschäftsbedingungen aufzunehmen, sofern der Vertrag nicht mit einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes geschlossen wird:

Gegenstand dieses Vertrages ist ein einmaliges und unverzüglich zu erbringendes Werk (§ 631 BGB).

Gegenstand dieses Vertrages ist hingegen keine Ehevermittlung, Eheanbahnung oder ein fortdauerndes und wiederkehrendes dienstvertragliches Tätigsein irgendwelcher Art, das auf ein unmittelbare Zustandekommen einer Partnerschaft oder einer Ehe gerichtet ist.

Für das in Ziff. 2 beschriebene Werk zahlt der Kunde als Werklohn eine Vergütung in der vorgenannten Höhe. Die Vergütung ist, sofern nichts anderes vereinbart, mit Vollendung des Werkes fällig. Die Vergütungsverpflichtung des Kunden besteht unabhängig davon, ob oder wann der Kunde die für ihn bereitgestellten Partnervorschläge abruft.

Im übrigen kann der Werkvertrag bis zur Vollendung des Werkes gekündigt werden. Für diesen Fall bleibt der Kunde jedoch gemäß § 649 BGB zur Zahlung des Werklohns verpflichtet. Dem Kunden werden jedoch auf die Vergütung ersparte.

Aufwendungen und anderweitige tatsächliche oder mögliche Erwerbsvorteile gemäß dieser Bestimmung angerechnet. Der Vertrag kann nicht, nach dienstvertraglichen Kündigungsregelungen der §§ 627, 628 BGB, gekündigt werden.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung von 212.000,– DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Beschwer der Beklagten beträgt 200.000,– DM.

Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 200.000,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher durch Beratung und Aufklärung wahrzunehmen, und dessen Mitglieder in diesem Aufgabenbereich tätige Verbände sind. Der Kläger ist nach § 13 Abs. 1 und 2 AGB-Gesetz klagebefugt.

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen für Partnerschaftsvermittlung. Mit ihren Kunden schließt sie Formularverträge, die mit „Werkvertrag” überschrieben sind und dem Kunden gegen Zahlung von zur Zeit 3.876,– DM einen Anspruch auf 25 Partnervorschläge geben (Anlage R). Dem Vertrag beigefügt sind „Allgemeine Werkvertragsbedingungen der VIP” (Anlage S).

Die Beklagte wirbt Mitglieder für ihren „Passivpool”; das sind Personen, die ohne Bezahlung bereit sind, sich an partnersuchende Personen vermitteln zu lassen. Sie nimmt die von ihr für eine Vermittlung als wesentlich erachteten Daten dieser Personen auf und speichert sie mit Hilfe eines Computers. Der „Aktivpool” wird von denjenigen Personen gebildet, die für die Angaben von Adressen passender Partner bezahlen. Auch die Daten dieser Aktivpartner werden erfaßt und gespeichert.

Der Kläger hat vorgebracht, daß die Einstufung des Vertrages als Werkvertrag und der damit verbundene Ausschluß einer Kündigung nach den Dienstvertragsvorschriften der §§ 626, 627 BGB als überraschend im Sinne des § 3 AGBG anzusehen seien und außerdem gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG verstießen. Der Kunde wolle nicht lediglich die Bereitstellung von 25 Partnervorschlägen vergüten, sondern gehe davon aus, das er nur bei Zustandekommen einer Partnerschaft vergütungspflichtig werde. Auch habe die Vereinbarung in Wahrheit Dienstvertragscharakter; denn die Tätigkeit der Beklagten sei nicht erfolgsbezogen, sondern tätigkeitsbezogen. Dem für den neuen Kunden wichtigen Kennenlernen des Partners oder der Partner dienten Serviceleistungen der Beklagten, die sie bis Oktober 1982 in stärkerem Maße geboten habe, aber auch jetzt noch erbringe. Die Beklagte biete einen Telefonservice an sowie eine „VIP-Service-Card” und den „VIP-Guide”. Früher habe die Beklagte ihre Verträge als Dienstleistungsverträge bezeichnet. Die Erwartung des Kunden, daß ihm ein umfassender Service mit dem Ziel der Partnervermittlung geboten werde, werde Vertragsinhalt.

Die Beklagte habe diesen Vertrag als Werkvertrag konstruiert und die als geschuldet bezeichnete Leistung zeitlich möglichst nah an den Vertragsschluß gelegt, um nicht das Risiko laufen zu müssen, in den häufigen Fällen von Kündigungen Teile des Entgelts zurückzahlen zu müssen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft zu verurteilen,

es zu unterlassen, beim Abschluß ihrer Verträge mit Partnerschaftsinteressenten folgende ...

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