Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 05.10.1995; Aktenzeichen 307 O 73/95)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 7, vom 5. Oktober 1995 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von DM 40.000,– abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Beklagten wird gestattet, die Sicherheit auch durch unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse zu leisten.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt DM 60.000,–.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Zwangsverwalter eines Grundstücks (Anl. K 1) und verlangt, nachdem er ein inzwischen rechtskräftiges Räumungs- und Herausgabeurteil gegen den früheren Mieter … erstritten (Anl. K 2, K 3) und dies der Beklagten mit Schreiben vom 2. Mai 1995 mitgeteilt hat (Anl. K 4), die Herausgabe der von der Beklagten als Untermieterin des … genutzten Räume. Außerdem verlangt er für Juni und Juli 1995 eine Nutzungsvergütung entsprechend seinen Anwaltsschreiben vom 7. Juli 1995 (Anl. K 6) und 2. August 1995 (Anl. K 8) sowie Auskunft über die Untermieter der Beklagten.

Er behauptet, der ortsübliche monatliche Mietzins für vergleichbare Gewerberäume betrage mindestens 20,– DM pro qm. Der ehemalige Hauptmieter … sei untergetaucht und nicht auffindbar, Vollstreckungsversuche wegen eines Zahlungsurteils gegen ihn (Anl. K 9) seien fruchtlos verlaufen (Anl. K 10), ebenso die Vollstreckungsversuche seiner Mutter (Anl. K 11, K 12).

Die Beklagte ist dem Vortrag des Klägers entgegengetreten.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 5. Oktober 1995, auf das zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, den Klaganträgen entsprochen.

Mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Das Urteil sei eine unzulässige Überraschungsentscheidung. Das Herausgabeverlangen sei in Hinblick auf Vermietungsverhandlungen mit der Eigentümerin (Anl. Bf B 1, 2) rechtsmißbräuchlich. Eine Nutzungsvergütung könne von ihr nicht verlangt werden, da die Unauffindbarkeit und Vermögenslosigkeit des … nicht nachgewiesen sei. Die Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs seien ebenfalls nicht gegeben.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts vom 5. Oktober 1995 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er behauptet, die Verhandlungen der Beklagten mit der Grundstückseigentümerin hätten sich zerschlagen. Weitere Nachforschungen nach und Vollstreckungsversuche gegen … seien erfolglos geblieben (Anl. K 13 bis 16). Die erstrebte Auskunft könne er sich nicht aus anderen Quellen beschaffen, da es sich bei den Untermieterinnen der Beklagten um Prostituierte handele.

Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Vortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist sachlich nicht gerechtfertigt. Zu Recht hat das Landgericht die Klagansprüche für begründet erachtet. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nach Maßgabe der folgenden Ergänzungen Bezug (§ 543 Abs. 1 ZPO).

1. Soweit sich die Beklagte gegen die Feststellung des Landgerichts, daß sie zur Rückgabe des Mietobjekts an den Kläger verpflichtet sei, nunmehr auf Rechtsmißbrauch beruft („dolo petit, …”), kann sie damit keinen Erfolg haben. Zum einen ist der Kläger als Zwangsverwalter an etwaige der Beklagten gegenüber bekundete Absichten der Eigentümerin nicht ohne weiteres gebunden. Zum anderen haben sich die im Anwaltsschreiben der Eigentümerin vom 7. September 1995 mitgeteilten Absichten angesichts des Zeitablaufs offenbar zerschlagen, was sich jetzt auch aus dem vom Kläger eingereichten Schreiben vom 23. April 1996 (Anl. K 17) ergibt.

2. Soweit die Beklagte sich gegen eine Zahlungsverpflichtung wegen der von ihr gezogenen Nutzungen nach den Regeln der §§ 987, 990, 991 BGB darauf beruft, der Kläger müsse zunächst den ehemaligen Hauptmieter … wegen der Herausgabe der Rechtsfrüchte in Anspruch nehmen, ist ihre Ansicht schon im Ansatz verfehlt. Anders als in der schon erstinstanzlich erörterten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6. November 1968 (MDR 1969, 128 = WPM 1968, 1370) liegt ein vollstreckbarer Zahlungstitel gegen den Hauptmieter wegen des hier streitigen Nutzungszeitraums Juni und Juli 1994 offenbar nicht vor. Der Zahlungstitel, dessen Vollstreckung der Kläger bisher erfolglos versucht hat, betraf den Nutzungszeitraum von März bis Mai 1994 (Anl. K 9). Der Eigentümer hat unter den Voraussetzungen der §§ 987, 991 grundsätzlich die Wahl, entweder vom mittelbaren Besitzer die Rechtsfrüchte oder vom unmittelbaren Besitzer die tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszuverlangen (BGH a.a.O.; Münchener Kommentar/Medicus, BGB, 2. Aufl., § 991 Rdn. 8; Palandt/Bassenge, BGB, 55. Aufl., § 991 Rdn. 1; speziell z...

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