Entscheidungsstichwort (Thema)
Kollisionsrechtliche Einordnung der Verpflichtung zur Zahlung einer Morgengabe nach iranischem Recht
Leitsatz (redaktionell)
International-privatrechtliche Einordnung der Morgengabe
Normenkette
EGBGB Art. 14-15, 18
Verfahrensgang
AG Hamburg-Barmbek (Urteil vom 16.11.2006; Aktenzeichen 891 F 21/06) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG Hamburg-Barmbek, Familiengericht, Abteilung 891, vom 16.11.2006 abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin über ausgeurteilte 1.428,23 EUR hinaus weitere 11.776,37 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des AG Hamburg-Barmbek, Familiengericht, Abteilung 891, vom 16.11.2006 zurückgewiesen
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien waren miteinander verheiratet. Bei der Eheschließung am 10.11.1992 hatten sie die iranische Staatsangehörigkeit. Ausweislich der Heiratsurkunde Nr. ... des Heiratsnotariats Nr. ... in Teheran verpflichtete sich der Ehemann u.a. zur Zahlung von 15.000.000 Rls als Morgengabe, die bei Forderung seitens der Ehefrau an sie zu leisten waren. Die Heiratsurkunde enthält neben den Namen und Unterschriften von drei weiteren Zeugen und Referenten den Namen und die Unterschrift von Herrn K N M ' der sich durch Personalausweis der Stadt Täbriz ausgewiesen hatte. 1993 verließen die Eheleute nacheinander den Iran, waren anschließend in Deutschland anerkannte Asylberechtigte und haben längere Zeit vor Rechtshängigkeit der Ehesache die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt. Die Scheidung der Ehe erfolgte auf Antrag beider Parteien durch Urteil des Familiengerichts Hamburg-Barmbek vom 3.3.2006 nach deutschem Recht (Az.: 891 F 113/05).
Aufgrund der vorliegenden Klage auf Gewährung der Morgengabe, mit der die Klägerin insgesamt einen Zahlungsbetrag für die in der Heiratsurkunde genannte Summe von Rls 15.000.000,00, umgerechnet 13.204,60 EUR, geltend gemacht hat, hat das Familiengericht den Beklagten zur Zahlung von 1.428,23 EUR und Übereignung der in der Heiratsurkunde aufgeführten Gegenstände verurteilt. Soweit das Familiengericht die Klage im Übrigen abgewiesen hat, wendet die Klägerin sich dagegen mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.
Sie vertritt die Auffassung, dass nur eine kollisionsrechtliche Einordnung nach Art. 15 EGBGB dem Rechtsinstitut der Brautgabe gerecht werde, wonach iranisches Recht anzuwenden sei. Die Brautgabe werde als wesentlicher Bestandteil der iranischislamischen Eheschließung angesehen. Traditionell sei sie als Ausgleich für immaterielle Einbußen der Ehefrau gesehen worden. In der heutigen Zeit diene die Brautgabe hingegen der finanziellen Absicherung der Ehefrau für den Zeitraum nach Auflösung der Ehe, sie werde als eine Art pauschalierte Teilhabe an der Vermögenssteigerung des Ehemannes verstanden und stehe funktionell dem Zugewinnausgleich nach deutschem Recht nahe (GA: Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht). Ein unterhaltsrechtlicher Bezug komme ihr nicht zu, da sie unabhängig von der Bedürftigkeit der Ehefrau und der Leistungsfähigkeit des Ehemannes zu zahlen sei. Entscheidend sei darüber hinaus, dass der vermögensrechtliche Anspruch der Ehefrau bei Abschluss des notariellen Vertrages entstehe und von der Ehefrau jederzeit abgefordert werden könne. Der iranische Gesetzgeber habe daher eine Indexierung für den in Geld gewählten Teil der Brautgabe vorgesehen und so die Inflation hinreichend berücksichtigt.
Im Falle der Scheidung nach iranischem Recht sei die Ehe durch einvernehmliche Scheidung, die sog. "Mobarat"-Scheidung, aufzulösen gewesen. Die Morgengabe habe ihr in diesem Fall in vollem Umfang zugestanden (GA: Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht). Auch sei ihr bei Anwendung iranischen Rechts die Fortsetzung der Ehe unzumutbar gewesen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des AG Hamburg-Barmbek (Az.: 891 F 21/06) dahingegehnd abzuändern, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 13.204,60 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (28.3.2006) zu zahlen
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des Familiengerichts in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Unabhängig von der Frage, ob die Brautgabe unterhaltsrechtlicher oder güterrechtlicher Natur sei, komme über Art. 18 EGBGB sowie Art. 15 Abs. 1 EGBGB i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB deutsches Recht zur Anwendung. Im Übrigen sei der notarielle Ehevertrag nach iranischem Recht unwirksam, weil nicht der leibliche Vater der Klägerin, den ...