Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 02.12.1998; Aktenzeichen 308 O 351/98)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 11.07.2002; Aktenzeichen I ZR 219/99)

BGH (Urteil vom 17.01.2002; Aktenzeichen I ZR 215/99)

BVerfG (Beschluss vom 17.12.1999; Aktenzeichen 1 BvR 1611/99)

 

Tenor

Die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 8, vom 2. Dezember 1998 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 60.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Antragsteller ist Bundestagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender der … Er hat in der DDR den Regimekritiker Prof. Dr. H. in einem gegen diesen anhängigen Strafverfahren als Rechtsanwalt vertreten. Er wendet sich dagegen, daß die Antragsgegnerin als Verlegerin ein vom Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR herausgegebenes Buch von V. mit dem Titel: „Der Fall H. – Ein Lehrstück politischer Justiz” veröffentlicht hat, in dem die von ihm verfaßte Berufungsschrift gegen das Urteil des Kreisgerichts Fürstenfelde ohne vorherige Veröffentlichung und ohne seine Zustimmung im vollen Wortlaut wiedergegeben ist.

Das Landgericht hat sein zunächst erlassenes Verbot, die Berufungsschrift wie in dem genannten Buch zu verbreiten, im Widerspruchsverfahren aufgehoben.

Von der Darstellung weiterer Einzelheiten wird abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, hat aber keinen Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung ist richtig und überzeugend.

1. Dem Antragsteller steht keine Unterlassungsanspruch nach §§ 823, 1004 BGB in Verbindung mit § 32 StUG (Stasi-Unterlagen-Gesetz) zu, denn aus diesem Gesetz ergibt sich nicht, daß die Veröffentlichung der Berufungsschrift unzulässig wäre.

Personenbezogene Informationen, die der Bundesbeauftragte – wie hier – nach § 32 Abs. 1 StUG in Unterlagen für Zwecke der Forschung und politischen Bildung zur Verfügung stellt, dürfen nach § 32 Abs. 3 StUG nur veröffentlicht werden, wenn

  1. die Personen, über die personenbezogene Informationen veröffentlicht werden sollen, eingewilligt haben, oder
  2. es sich um Informationen über

    • • Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger in Ausübung ihres Amtes, soweit es nicht Betroffene oder Dritte sind,
    • • Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes, soweit es sich nicht um Tätigkeiten für den Staatssicherheitsdienst vor Vollendung des 18. Lebensjahrs gehandelt hat, oder
    • • Begünstigte des Staatssicherheitsdienstes

    handelt und durch die Veröffentlichung keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der genannten Personen beeinträchtigt werden.

Die aus der Wiedergabe der Berufungsschrift folgende Tatsache, daß der Antragsteller sie verfaßt hat, ist eine auf seine Person bezogene Information, in deren Veröffentlichung er nicht eingewilligt hat. Sie ist aber als Information über ihn als Person der Zeitgeschichte und Inhaber politischer Funktionen zulässig, weil er weder Betroffener oder Dritter im Sinne der Vorschrift ist noch seine überwiegenden schutzwürdigen Interessen beeinträchtigt werden.

Der Antragsteller ist als Bundestagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender der …, der darüber hinaus lebhafte Aktivitäten für seine Partei entwickelt, wie sich der Tagespresse entnehmen läßt, eine Person der Zeitgeschichte und Inhaber politischer Funktionen. Ob er dies bereits zur Zeit des H. – Prozesses war, wie er in Abrede nimmt, ist unerheblich, denn insoweit trifft das Gesetz keine Unterscheidungen und braucht es auch nicht, weil die Frage, inwieweit Einzelheiten aus älteren Abschnitten einer Biographie veröffentlicht werden dürfen, bei der Interessenabwägung berücksichtigt werden kann.

Der Antragsteller ist weder Betroffener noch Dritter im Sinne der Vorschrift. Betroffene sind Personen, zu denen der Staatssicherheitsdienst aufgrund zielgerichteter Informationserhebung oder Ausspähung einschließlich heimlicher Informationserhebung Informationen gesammelt hat (§ 6 Abs. 3 Satz 1 StUG). Es fehlt jeder Vortrag, daß der Antragsteller zu dieser Personengruppe gehört. Er legt vielmehr lediglich dar, daß er weder Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes noch Begünstigter gewesen sei. Daraus folgt nicht zwingend, daß er dann vom Staatssicherheitsdienst bespitzelt worden sein muß.

Dritte sind nach § 6 Abs. 7 StUG sonstige Personen, über die der Staatssicherheitsdienst Informationen gesammelt hat, wobei diese Feststellung für jede Information gesondert zu treffen ist (§ 6 Abs. 8 StUG). Auch hierzu fehlt ein schlüssiger Vortrag. Der Antragsteller folgert seine Eigenschaft als Dritter daraus, daß der Staatssicherheitsdienst seine Berufungsschrift archiviert habe. Aus der von der Antragsgegnerin veröffentlichten Dokumentation ergibt sich zweifelsfrei, und Gegenteiliges will offensichtlich auch der Antragsteller nicht behaupten, daß H. eine Person war, zu der der Staatssicherheitsdienst zielgerichtet Informationen gesammelt hat. Das erklärt ohne weite...

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