Entscheidungsstichwort (Thema)
Recherche des Rechtsanwalts
Leitsatz (amtlich)
1. Der Umstand, dass ein einheitlicher Wettbewerbsverstoß in Bezug auf dasselbe Produkt in demselben Medium in zwei getrennte Abmahnungen aufgespalten und von denselben Rechtsanwälten an demselben Tag für verbundene Konzernunternehmen verfolgt wird, stellt ein maßgebliches Indiz für die Absicht einer rechtsmissbräuchlichen Rechtsdurchsetzung dar.
2. Rechtsmissbräuchlich ist eine derartige Rechtsdurchsetzung jedenfalls dann, wenn der betroffene Wettbewerbe die geltend gemachten Wettbewerbsverstöße nicht selbst festgestellt und sodann seinen Rechtsanwälten mitgeteilt hat, sondern die Verstöße erst von den Prozessbevollmächtigten im Internet recherchiert und sodann einem Konzernunternehmen als (vermeintlich) verletztem Wettbewerber zugeordnet worden sind. Durch ein derartiges Verhalten wird das Wettbewerbsrecht letztlich in sachwidriger Weise dazu benutzt, vermeidbare Kosten zu produzieren bzw. den Markt von unliebsamen Konkurrenten zu bereinigen.
3. Stellt ein Anbieter seinem eigenen Preis einen identischen "UVP" gegenüber, ist eine wettbewerblich relevante Irreführung nicht zu befürchten. In Ermangelung einer Preisabweichung geht von dieser Preisgegenüberstellung ein werbender Effekt nicht aus.
Normenkette
UWG § 8 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 25.04.2006; Aktenzeichen 407 O 410/05) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen, vom 25.4.2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in 110 % Höhe des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
und beschlossen
Der Streitwert der Berufungsinstanz wird auf 86.255,10 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien sind Wettbewerber u.a. im Vertrieb von Fotogeräten.
Die Beklagte bewarb am 25.8.2005 in ihrem Internet-Shop unter der URL www.n.x.de/?13164 eine Digitalcamera des Modells ACER CR-5130 5,03 MEGAPIXEL 64 MB zu einem Preis von 129 EUR (Anlage JS1). Unterhalb der Preisangabe findet sich - in kleinerer Schrift - der Zusatz "129 EUR UVP". Die Bedeutung des Begriffs UVP wird im Zusammenhang der Werbung von der Beklagten nicht näher erläutert.
Weiterhin ist die Internet-Angebotsseite der Beklagten oben rechts in der Art eines Stempels mit dem Slogan "N. GÜNSTIGER GEHT NICHT" versehen.
Dieses Verhalten beanstandet die Klägerin als irreführend und damit als wettbewerbswidrig.
Die Klägerin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.8.2005 (Anlage JS2/B8) durch ihre Prozessbevollmächtigten vorgerichtlich abmahnen lassen und diesem Schreiben eine vorbereitete Unterlassungserklärung beigefügt.
Zeitgleich am 25.8.2005 hatte ein anderes Unternehmen der Media-Saturn-Gruppe - der Media Markt B. - die Beklagte durch dieselben Prozessbevollmächtigten (RAe S. und H.) wegen des unter derselben URL (www.n.x.de/?13164) an demselben Tag (25.8.2005) angebotenen identischen Artikels (ACER CR-5130 5,03 MEGAPIXEL 64 MB) ebenfalls wegen zweier anderer Wettbewerbsverstöße im Zusammenhang mit der Bewerbung dieses Artikels (irreführende Verwendung der Bezeichnung "Straßenpreis" sowie fehlende Angabe der Versandkosten und der Mehrwertsteuer in räumlicher Nähe zu der Preisangabe) abgemahnt und u.a. zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert (Anlage B9).
Wegen beider Vorfälle haben die Media Märkte in der Folgezeit einstweilige Verfügungsverfahren vor dem LG Hamburg eingeleitet, nachdem sich die Beklagte vorgerichtlich nicht unterworfen hatte, und zwar der Media Markt G. gegen die Beklagte zu dem Aktenzeichen 407 O 252/05 und der Media Markt B. gegen die Beklagte zu dem Aktenzeichen 407 O 254/05. Abschlusserklärungen hat die Beklagte insoweit nicht abgegeben.
Während das in dem Rechtsstreit 407 O 252/05 auf den Widerspruch der Beklagten ergangene abweisende Urteil von der hiesigen Klägerin nicht angegriffen worden ist, hat die dortige Klägerin die zu ihren Lasten ergangene Entscheidung in dem Rechtsstreit 407 O 254/05 mit dem Rechtsmittel der Berufung (5 U 96/06) angefochten. Sie hat ihr Rechtsmittel in der Senatssitzung am 16.5.2007 zurück genommen.
Die Klägerin hat bei Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz noch beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit
a) der nicht näher erläuterten Abkürzung "UVP" zu werben
und/oder
b) mit der Aussage zu werben "N. Günstiger geht nicht", insb. wenn Produkte zum Preis der UVP des Herstellers angeboten werden;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.880,10...