Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die Feststellungen bei Verstößen gegen § 117 HandwO und § 8 SchwarzArbG.
Verfahrensgang
AG Bielefeld (Aktenzeichen 39 OWi 73 Js 1710/07 - 947/07) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bielefeld hat die Betroffene mit den angefochtenen Urteil wegen vorsätzlicher Ausübung des Friseurhandwerks als stehendes Gewerbe ohne Eintrag in die Handwerksrolle zu einer Geldbuße von 1.500 EUR verurteilt.
Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen zur Sache getroffen:
"In der Zeit vom 15.10.2003 bis zum 14.03.2007 bot die Betroffene in dem Alten- und Pflegeheim "L" in der T-Straße in ####1 C Frisördienstleistungen an und führte diese auch aus. Die Tätigkeit übte die Betroffene jeden 2. Mittwoch in der Zeit zwischen 05.30 Uhr 13.30 Uhr in ihr dafür von der Heimleitung zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten aus.
Erst auf einen entsprechenden Hinweis des Ordnungsamtes der Stadt C meldete die Betroffene das Gewerbe am 06.03.2007 rückwirkend zum 15.10.2003 an.
Die Betroffene übte die Frisörtätigkeit in vorgenannten Zeitraum auch aus, obwohl sie wußte, daß sie nicht über einen Meistertitel für das Frisörhandwerk und die erforderliche Eintragung in die Handwerksrolle der Handwerkskammer P zu C verfügte.
Erst am 05.03.2007 wurde die Betroffene aufgrund einer Ausnahmebewilligung gemäß § 7 b HandwO in die Handwerksrolle eingetragen.
In dem vorgenannten Tatzeitraum erzielte die Betroffene Einkünfte in Höhe von insgesamt 10.446,00 Euro.
Im einzelnen stellte die Betroffene folgende Beträge in Rechnung:
Monat|in Rechnung gestellte Beträge (netto=brutto)
Okt 03 |
127,00 EUR |
Nov 03 |
115,00 EUR |
Dez 03 |
223,00 EUR |
Jan 04 |
305,00 EUR |
Feb 04 |
263,00 EUR |
Mrz 04 |
340,00 EUR |
Apr 04 |
248,00 EUR |
Mai 04 |
262,00 EUR |
Jun 04 |
262,00 EUR |
Jul 04 |
241,00 EUR |
Aug 04 |
252,00 EUR |
Sep 04 |
359,00 EUR |
Okt 04 |
285,00 ¤ |
Nov 04 |
224,00 ¤ |
Dez 04 |
231,00 ¤ |
Jan 05 |
327,00 ¤ |
Feb 05 |
245,00 ¤ |
Mrz 05 |
380,00 ¤ |
Apr 05 |
333,00 ¤ |
Mai 05 |
290,00 ¤ |
Jun 05 |
339,00 ¤ |
Jul 05 |
248,00 ¤ |
Aug 05 |
426,00 ¤ |
Sep 05 |
180,00 ¤ |
Okt 05 |
265,00 ¤ |
Nov 05 |
228,00 ¤ |
Dez 05 |
124,00 ¤ |
Jan 06 |
210,00 ¤ |
Feb 06 |
67,00 ¤ |
Mrz 06 |
368,00 ¤ |
Apr 06 |
158,00 ¤ |
Mai 06 |
231,00 ¤ |
Jun 06 |
219,00 ¤ |
Jul 06 |
230,00 ¤ |
Aug 06 |
283,00 ¤ |
Sep 06 |
278,00 ¤ |
Okt 06 |
214,00 ¤ |
Nov 06 |
284,00 ¤ |
Dez 06 |
335,00 ¤ |
Jan 07 |
194,00 ¤ |
Feb 07 |
253,00 ¤ |
SUMME: |
10.446,00 ¤ |
Bislang hat die Betroffene diese Einnahmen nicht versteuert. Aufgrund einer entsprechenden Selbstanzeige der Betroffenen wurde gegen sie zwischenzeitlich ein Steuerstrafverfahren eingeleitet."
Das Amtsgericht hat weiter ausgeführt:
"Nach den getroffenen Feststellungen hat sich die Betroffene einer Ordnungswidrigkeit nach § 117 Abs. 1 Nr. 1 HandwO schuldig gemacht. Denn sie hat entgegen § 1 Abs.1 Satz 2 HandwO das Frisör-Handwerk als stehendes Gewerbe ausgeübt, obwohl sie wusste, dass sie nicht über den erforderlichen Meistertitel und den Eintrag in die Handwerksrolle verfügte."
Das Amtsgericht hat einen Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 e) SchwarzArbG mangels erheblichen Umfangs der erbrachten Dienstleistungen als nicht gegeben erachtet und sich zur Begründung ausgeführt, dass es sich lediglich um einen geringen Nebenverdienst der Betroffenen mit durchschnittlich 254,78 Euro brutto/Monat gehandelt habe, womit sie unter der Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 SGB IV liege. Auch habe die Arbeitszeit nur 2 1/2 Stunden pro Woche betragen.
Die Staatsanwaltschaft Bielefeld und die Betroffene erheben mit ihren Rechtsbeschwerden jeweils die Sachrüge.
II.
Die Rechtsbeschwerden sind gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG statthaft und im Übrigen zulässig. Sie führen auf die erhobene allgemeine Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in vollem Umfang und zur Zurückverweisung an das Amtsgericht Bielefeld.
1.
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen und der Staatsanwaltschaft (§ 46 OWiG i.V.m. § 301 StPO) war das Urteil aufzuheben, soweit die Betroffene verurteilt worden ist.
Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung der Betroffenen wegen einer Zuwiderhandlung gegen § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 HwO nicht. Gemäß § 46 OWiG, § 267 Abs. 1 S. 1 StPO müssen die Urteilsgründe auch bei Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeit gefunden werden. Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht, weil die Urteilsgründe dem Rechtsbeschwerdegericht bereits nicht die Prüfung erlauben, dass die Betroffene den äußeren Tatbestand der genannten Ordnungswidrigkeit erfüllt hat.
Die Feststellungen enthalten nicht die insoweit erforderliche Darlegung, welche handwerklichen Arbeiten im Einzelnen die Betroffene ohne Eintragung in die Handwerksrolle im Rahmen eines stehenden Gewerbes ausgeführt hat, und zwar für jeden Auftrag, nach Art, Umfang, Zei...