Verfahrensgang
AG Bad Oeynhausen (Aktenzeichen 15 VI 682/16) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht - Nachlassgericht - zurückverwiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Erblasser, der die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, ist im Alter von 80 Jahren in X, Spanien, verstorben. Er war in dritter Ehe verheiratet und hatte vier Kinder. Die Antragstellerinnen zu 3. und 4. stammen aus der ersten Ehe des Erblassers, die im Jahr 1984 geschieden wurde. Die Beschwerdeführerinnen zu 1. und 2. sind aus der zweiten, mit einer Spanierin geschlossenen Ehe hervorgegangen, die im Jahr 2003 geschieden wurde. Die dritte Ehe ist kinderlos geblieben. Mit seiner letzten Ehefrau errichtete der Erblasser ein gemeinsames Testament, das er durch notarielle Erklärung vom 09.10.2015 widerrief, nachdem er sich von seiner Ehefrau getrennt hatte. Der Erblasser zog aus der ehelichen Wohnung in W aus und lebte bis zu seinem Tod in Spanien. Am 15.12.2015 hatte er ein handschriftliches Testament errichtet.
Die Beschwerdeführerinnen haben einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragt, der sie als Miterben zu je 1/2 ausweist. Das Amtsgericht hat den Antrag unter Hinweis auf fehlende internationale Zuständigkeit abgelehnt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Erblasser habe seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt offenbar in Spanien gehabt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerinnen, die - ebenso wie die Antragstellerin zu 4. - geltend machen, der Erblasser habe seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland gehabt, während die Antragstellerin zu 3. dem entgegen tritt und der Auffassung ist, das Amtsgericht Bad Oeynhausen sei international nicht zuständig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Verfahrensstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die gemäß den §§ 342 Abs. 1 Nr. 6, 58, 59, 61, 63, 64 FamFG zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. ist begründet.
Der Erblasser ist am ##.##.2016 verstorben. Damit ist die am 17.8.2015 in Kraft getretene EUErbVO anzuwenden. Gemäß Art. 4 EUErbVO sind für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlass die Gerichte desjenigen Mitgliedstaates zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat. Entscheidung im Sinne dieser Verordnung ist gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchstabe g EuErbVO jede von einem Gericht eines Mitgliedstaates in einer Erbsache erlassene Entscheidung ungeachtet ihrer Bezeichnung, somit auch ein Erbschein, wie er vorliegend von den Antragstellerinnen begehrt wird.
Der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers könnte im vorliegenden Fall entweder in Deutschland oder in Spanien gelegen haben. Der Begriff des "gewöhnlichen Aufenthalts" i.S.d. Art. 4 EuErbVO ist unter Heranziehung der Erwägungsgründe (23) und (24) zu bestimmen. Insoweit ist eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände vorzunehmen, auch unter Berücksichtigung von Dauer und Regelmäßigkeit von Besuchen, der besonders engen Bindung an einen Staat, der Sprachkenntnisse, der Lage des Vermögens (vgl. Palandt/Thorn, 76. Aufl., Art. 21. EuErbVO). Daraus ergibt sich, dass in Bezug auf den "gewöhnlichen Aufenthalt" der tatsächliche Lebensmittelpunkt einer natürlichen Person zu verstehen ist, der mittels einer Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und zum Zeitpunkt des Todes festzustellen ist (Keidel/Zimmermann, FamFG, 19. Aufl., § 343 Rn. 62; § 34 IntErbRVG Rn. 2 ff.). Für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltes des Erblassers ist neben dem objektiven Moment des tatsächlichen Aufenthalts auch ein subjektives Element, nämlich ein Aufenthalts- bzw. Bleibewille, erforderlich. Andernfalls können Fragen eines erzwungenen oder willenlosen Aufenthalts nicht zufriedenstellend geklärt werden (Keidel/Zimmermann a.a.O. § 343 Rn. 67). Vorliegend spricht eine weit überwiegende Gesamtheit von Umständen dafür, dass der Erblasser seinen Lebensmittelpunkt im dargestellten Sinne noch in Deutschland hatte, obwohl er sich bis zu seinem Tod in Spanien aufgehalten hatte.
Der Senat stellt dabei vor allem auf die tatsächlichen Angaben in dem nur wenige Monate vor dem Tod des Erblassers verfassten Schriftsatz vom 01.02.2016 ab, der das Verfahren wegen vorzeitigem Zugewinnausgleich eingeleitet hat und die vom Erblasser selbst stammen. In dem Schriftsatz ist als Anschrift des Erblassers zwar seine spanische Wohnadresse angegeben. Die Angabe ist aber zugleich mit der Einschränkung "derzeit" versehen, woraus zu schließen ist, dass der Erblasser selbst seinen Aufenthalt in Spanien nicht als endgültig, sondern nur als vorübergehend angesehen hat. In dem Antrag ist im Einzelnen geschildert, dass der Erblasser zwar in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts nach Spanien "ausgewandert" war und auch dort eine Ehe geschlossen hat, aus der die Beschwerdeführerinnen hervorgegangen sind. Nach der Scheidung dieser Ehe ist er jedo...