Leitsatz (amtlich)
Die Vollzugsbehörde darf die Anordnung eines Trennscheibeneinsatzes bei einem Verteidigerbesuch nur dann auf § 4 Abs. 2 S. 2 StVollzG stützen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, die Gespräche würden zu nicht der Verteidigung dienenden Zwecken, etwa der Geiselnahme des Verteidigers zur Freipressung, missbraucht.
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Entscheidung vom 13.09.2005; Aktenzeichen 19 Vollz 1319/05 Z) |
Tenor
Dem Betroffenen wird auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gewährt.
Der Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2005 wird aufgehoben, soweit mit diesem die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen worden ist.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Die Anordnung des Leiters der Justizvollzugsanstalt B vom 14. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Präsidenten des Landesjustizvollzugsamtes Nordrhein-Westfalen vom 17. März 2005, Besuche des Betroffenen durch seinen Verteidiger ausschließlich im Trennscheibenraum abzuhalten, wird aufgehoben. In diesem Umfang wird auch der angefochtene Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld aufgehoben.
Der weitergehende Antrag des Betroffenen, anzuordnen, dass die Durchführung von Verteidigerbesuchen in Zukunft nicht durch die Verwendung einer sogenannten Trennscheibe beschränkt werden darf, wird als unzulässig verworfen. Insoweit wird die Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Betroffenen zur Last; jedoch wird die Gebühr um die Hälfte ermäßigt. Die notwendigen Auslagen des Betroffenen tragen dieser und die Staatskasse je zur Hälfte.
Hinweis: Verbundenes Verfahren
Verbundverfahren:
OLG Hamm - 02.03.2006 - AZ: 1 Vollz (Ws) 185/05
Gründe
I.
Der Betroffene verbüßt seit dem 05. Februar 2006 in der Justizvollzugsanstalt B eine Freiheitsstrafe von 12 Jahren wegen schwerer räuberischer Erpressung aus dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 20. Juli 2005, rechtskräftig seit dem 24. Januar 2006. Daneben ist Sicherungsverwahrung angeordnet worden. Zuvor waren eine Freheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Münster vom 16. September 1997 wegen schwerer räuberischer Erpressung und eine Freiheitsstrafe von 9 Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 22. Juni 1989 wegen schwerer räuberischer Erpressung vollstreckt worden.
Nach Anordnung des Leiters der Justizvollzugsanstalt B darf der Betroffene Besuche seines Verteidigers nur im sogenannten Trennscheibenraum erhalten. Einem Antrag auf Aufhebung der Trennscheibenregelung hat der Leiter der Justizvollzugsanstalt B mit Verfügung vom 14. Februar 2005 nicht entsprochen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Betroffene gelte als besonders gefährlich und fluchtgefährdet, so dass seine Unterbringung in der verstärkt gesicherten Abteilung erfolgt sei. Nach dem Ausbruchsversuch aus der Justizvollzugsanstalt Fröndenberg habe sich die bereits bestehende besondere Fluchtgefahr weiter erhärtet mit der Folge, dass eine sichere Unterbringung mehr denn je erforderlich sei. Die Durchführung von Verteidigerbesuchen im Trennscheibenraum sei auf der Grundlage des § 4 Abs. 2 StVollzG angeordnet worden, da weniger einschneidende Maßnahmen nicht geeignet seien, der bestehenden Fluchtgefahr wirksam zu begegnen. Dabei stehe auch zu befürchten, dass der Betroffene vor Gewaltanwendungen gegen Personen und unbeteiligte Dritte nicht zurückschrecken werde, wenn es der Erreichung seiner Ziele dienlich sei und er die Chance dazu bekommen werde. Den hiergegen gerichteten Widerspruch hat der Präsident des Landesjustizvollzugsamts Nordrhein-Westfalen mit Bescheid vom 17. März 2005 verworfen. Zur Begründung ist ausgeführt, die aktuelle Gefährlichkeitsprognose gehe davon aus, dass der Betroffene jede sich bietende Gelegenheit zur Entweichung nutzen und insbesondere vor einer Geiselnahme nicht zurückschrecken werde.
Hiergegen richtet sich der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung vom 13. April 2005. Er ist der Meinung, die angefochtene Maßnahme verstoße gegen § 148 StPO, da kein Fall von § 129 a oder b StPO vorliege. Außerhalb der Regelung des § 148 StPO gäbe es keine gesetzliche Handhabe, das Verteidigergespräch durch eine Trennscheibe zu behindern. Die Maßnahme ließe sich auch nicht mit der Generalklausel des § 4 Abs. 2 StVollzG begründen. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 3. Februar 2004, NJW 2004, 1398, liege ein anderer Sachverhalt zugrunde, bei dem der Gefangene ausdrücklich angekündigt habe, Gewalt gegen dritte Personen einzusetzen und gegen diese schwerste Straftaten zu begehen. Die Justizvollzugsanstalt hat ergänzend ausgeführt, der Betroffene habe bereits im Jahre 1990 während seiner Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt Herford einen Fluchtversuch unternommen, der gescheitert sei, weil er durch einen kontrollierenden Hofposten entdeckt worden sei. Noch im gleichen Jahr sei es zu einem tätlichen Angriff...