Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von PKH nach Ablehnung in der ersten Instanz; Mutwilligkeit bei Bestehen einer Jugendamtsurkunde
Verfahrensgang
AG Bottrop (Beschluss vom 03.05.2004; Aktenzeichen 13 F 326/03) |
Tenor
In der Familiensache W. ./. W. wird der Beschluss des AG Bottrop vom 3.5.2004 auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 6.5.2004 abgeändert.
Dem Beklagten wird rückwirkend ab Antragstellung unter Beiordnung von Rechtsanwalt R. in Bottrop Prozesskostenhilfe zur Rechtsverteidigung bewilligt.
Die Anordnung einer Ratenzahlung bleibt dem AG vorbehalten.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Beklagten, mit der dieser sich dagegen wendet, dass das AG seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen hat, ist zulässig und begründet.
1. Der Beschluss des AG ist schon deshalb zu beanstanden, weil es die in dieser Sache ergangene Entscheidung des Senats vom 17.3.2004 (OLG Hamm v. 17.3.2004 - 11 WF 4/04) nicht beachtet hat.
a) Das AG hatte bereits mit dem Beschl. v. 30.12.2003 den Prozesskostenhilfeantrag mit der Begründung zurückgewiesen, das Verfahren sei inzwischen durch Klagerücknahme abgeschlossen und deshalb könne Prozesskostenhilfe nicht mehr bewilligt werden. Auf die Beschwerde des Beklagten hat der Senat die Entscheidung aufgehoben und die Sache an die erste Instanz zur Prüfung der Einkommensverhältnisse des Beklagten und zur abschließenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückverwiesen. Der Senat hat das AG angewiesen, von seinen Bedenken, dass rückwirkende Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden könne, Abstand zu nehmen und zur Begründung ausgeführt, eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch nach der Beendigung des Verfahrens sei möglich, wenn der Antrag vorher vollständig eingereicht worden sei und bis zur Beendigung des Verfahrens die hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung zu bejahen gewesen sei. Ein solcher Fall liege hier vor. Mit dem Beschluss vom 3.5.2004 hat das AG den Antrag erneut zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte hätte bereits im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren vortragen müssen, dass er eine Jugendamtsurkunde über den Kindesunterhalt errichtet habe; dann wäre der Klägerin Prozesskostenhilfe nicht bewilligt worden und die Klage wäre nicht zugestellt worden. Dass er sich erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe und der Zustellung der Klage durch seinen Anwalt gemeldet habe und vorgetragen habe, dass bereits ein Titel bestehe, sei mutwillig. Deshalb sei Prozesskostenhilfe zu versagen.
b) Soweit das Beschwerdegericht - wie hier geschehen - teilweise in der Sache entscheidet und im Übrigen zurückverweist, ist das Untergericht an die Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts gebunden (BGH v. 4.5.1994 - XII ARZ 36/93, MDR 1994, 1144 = NJW 1994, 2956 [2957]; OLG Hamm v. 3.9.1986 - 4 WF 457/85, FamRZ 1986, 1136). Das gilt auch für das Prozesskostenhilfeverfahren (Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 127 Rz. 40). Die Ansicht des AG, die Frage der Mutwilligkeit sei vom OLG nicht geprüft worden und deshalb sei das AG nicht gebunden, geht fehl. Der Senat hat die Sache nur deshalb an das AG zurückverwiesen, weil die Einkommensverhältnisse des Beklagten und damit die Frage der Anordnung von Raten noch zu prüfen war. Das ergibt sich eindeutig aus dem Beschlusstenor, in dem angegeben wird, welche Entscheidung vom AG noch zu treffen ist. Selbst wenn das AG jedoch Bedenken an dem Inhalt des Beschlusstenors gehabt hat, so hätte es in der Sache nicht neu entscheiden dürfen. Wie weit die Bindungswirkung eines Beschlusses reicht, muss nämlich bei Zweifeln durch Auslegung der Gründe des zurückverweisenden Beschwerdebeschlusses geklärt werden (Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 572 Rz. 35). Unter Ziff. 2) der Beschlussgründe wird ausgeführt, weshalb eine abschließende Entscheidung nicht getroffen worden ist, nämlich weil sich die Einkommensverhältnisse des Beklagten durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit geändert haben. Dass der Senat zur Frage der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Übrigen umfassend und abschließend entschieden hat, kann nicht zweifelhaft sein. Wenn der Senat das Verhalten des Beklagten als mutwillig angesehen hätte, so hätten die Voraussetzungen für eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe ersichtlich nicht vorgelegen.
2. Selbst wenn der Ansicht des AG zu folgen wäre und die Entscheidung des Senats nicht bindend wäre, würden die Ausführungen des AG in seinem zweiten Beschluss nicht zu einer abweichenden Entscheidung führen.
a) Ob aus dem Umstand, dass der Gegner i.S.d. § 118 Abs. 1 ZPO es unterlässt, im Prozesskostenhilfeverfahren Stellung zu nehmen, überhaupt Nachteile für die spätere Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Rechtsverteidigung erwachsen dürfen, ist streitig. Nach seiner Ansicht betrifft das Prozesskostenhilfeverfahren nur die Partei, die Klage erheben will und das Gericht, während der künftige Gegner im Hauptsacheverfahren nicht beteiligt ist und lediglich Gelegenheit zur Stellungnahme...