Leitsatz (amtlich)
Auch die Rückgabe eines privatschriftlichen Testaments aus der amtlichen Verwahrung setzt die Geschäftsfähigkeit beider Ehegatten voraus.
Normenkette
BGB § 104 Nr. 2, § 2248
Verfahrensgang
AG Dortmund (Beschluss vom 31.05.2012; Aktenzeichen 15 IV 211/11) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1) trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist nicht begründet. Das AG hat im Ergebnis den Antrag des Beteiligten zu 1) auf Rückgabe des mit der Beteiligten zu 2) eigenhändig verfassten, gemeinschaftlichen Testaments zu Recht abgelehnt. Die von dem Beteiligten zu 1) im Rahmen der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwendungen gegen die Entscheidung führen nicht zu einer abweichenden rechtlichen Bewertung durch den Senat.
Aufgrund des nur von dem Beteiligten zu 1) geäußerten Rückgabeverlangens konnte das gemeinschaftliche Testament der Beteiligten zu 1) und 2) nicht aus der amtlichen Verwahrung zurück gegeben werden. Nach §§ 2272, 2256 Abs. 3, 2248 BGB kann ein gemeinschaftliches Testament nur von beiden Ehegatten zurückgenommen werden. Eine Stellvertretung ist in diesem Zusammenhang nicht möglich. Dies entspricht der Gemeinsamkeit der Errichtung des Testaments und bedeutet zugleich einen Schutz des gemeinsamen Willens der Ehegatten. Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, dass die Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung nur mit dem Einverständnis beider Testierender erfolgen kann. Damit gewährleistet die Regelung des § 2272 BGB die Verwahrungssicherheit für beide Ehegatten.
Die Beteiligte zu 2) hat zwar mit Schreiben vom 26.2.2012 ein Rückgabeverlangen geäußert, dieses ist jedoch aufgrund der fehlenden Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zu 2) unbeachtlich.
Da durch die Regelung des § 2256 Abs. 1 bei Rücknahme eines notariellen Testaments oder eines nach § 2249 BGB errichteten Nottestaments vor dem Bürgermeister einen Widerruf des Testaments zur Folge hat, ist jedenfalls in diesen Fällen die Testierfähigkeit der Erblasser Voraussetzung für die Rückgabe (vgl. u.a. BayObLG NJW-RR 2005, 957; Weidlich in: Palandt, 71. Aufl., § 2256 Rz. 4; Reymann in: jurisPK-BGB, 5. Aufl., § 2272 Rz. 3 m.w.N.). Vorliegend haben die Beteiligten zu 1) und 2) aber nur ein eigenhändiges, gemeinschaftliches Testament in Verwahrung gegeben. Bei der Rückgabe eines nach § 2248 BGB verwahrten Testaments tritt die Wirkung des Widerrufs durch Rücknahme aus der Verwahrung nach § 2256 Abs. 2 und 3 BGB nicht ein. Das Rückgabeverlangen stellt daher in diesem Fall keine Willenserklärung, aber eine geschäftsähnliche Handlung dar, so dass der Erblasser jedenfalls bei Äußerung des Rückgabeverlangens geschäftsfähig sein muss (vgl. dazu insgesamt: Hagena in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 2248 Rz. 24 m.w.N.).
Der Beteiligte zu 1) trägt selbst vor, dass die Beteiligte zu 2) mindestens seit 2011 nicht mehr in der Lage war, selbständige Entscheidungen zu treffen. Aus dem von dem Beteiligten zu 1) beigebrachten, im Rahmen des Betreuungsverfahrens eingeholten ärztlichen Gutachten des Dr. C vom 21.3.2012 geht hervor, dass die Beteiligte zu 2) im Februar 2012 aufgrund eines ausgeprägten, schweren dementiellen Syndroms bereits nicht mehr geschäftsfähig war. Die bestehende Symptomatik ist von so gravierendem Ausmaß, dass die Beteiligte zu 2) nicht einmal in der Lage ist, einfachste Angelegenheiten selbst zu besorgen.
Eine Herausgabe des verwahrten Testaments kommt daher nicht in Betracht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat im Rahmen der Prüfung des Herausgabeverlangens keine Prüfung der Wirksamkeit der verwahrten letztwilligen Verfügung zu erfolgen.
Das Recht des Beteiligten zu 1), seine eigene in dem gemeinschaftlichen Testament getroffene Verfügung zu widerrufen, wird durch diese Entscheidung nicht berührt. Die dabei einzuhaltende Form hängt vom Inhalt des gemeinschaftlichen Testaments, insbesondere davon ab, ob dieses wechselbezügliche Verfügungen enthält. Der Widerruf einer wechselbezüglichen Verfügung durch den Beteiligten zu 1) führt dazu, dass auch die korrespondierende Verfügung seiner Ehefrau unwirksam wird. Der Beteiligte zu 1) kann allein Einsicht in das hinterlegte Testament nehmen und sich eine Abschrift erteilen lassen. Zu einem von ihm etwa beabsichtigten Widerruf sollte er sich durch einen Notar beraten lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Der Senat hat keinen Anlass gesehen von dem Grundsatz, dem Beteiligten die Kosten aufzuerlegen, der ein Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat, abzuweichen.
Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.
Die Voraussetzungen der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Fundstellen