Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortwirkung eines Unterhaltstitels über Minderjährigkeit hinaus
Leitsatz (redaktionell)
Ein zugunsten eines minderjährigen Kindes bestehender nicht dynamischer und unbefristeter Titel gilt über den Zeitpunkt der Vollendung der Volljährigkeit hinaus.
Normenkette
ZPO § 798a; BGB § 1612a (a.F.)
Verfahrensgang
AG Soest (Aktenzeichen 17 F 118/07) |
Gründe
I. Der Kläger begehrt PKH für eine gegen seinen Vater gerichtete Unterhaltsklage, nachdem er volljährig geworden ist. Zu Zeiten seiner Minderjährigkeit ist ein statischer, nicht auf die Zeit der Minderjährigkeit befristeter Titel über 316 EUR/Monat geschaffen worden. Der Kläger begehrt nunmehr 275 EUR/Monat und meint, er bedürfe eines neuen Titels. Das AG hat PKH verweigert. Dagegen richtet sich die Beschwerde.
II. Sie hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das AG PKH mit der Begründung abgelehnt, der Kläger sei Inhaber eines Titels, der den jetzt geltend gemachten Anspruch übersteige.
Richtig ist, dass der hiesige 9. Familiensenat in einem solchen Fall die Notwendigkeit eines neuen Titels nach Eintritt der Volljährigkeit bejaht hat (OLG Hamm v. 31.5.2005 - 9 WF 67/05, FamRZ 2006, 48 mit Anm. Otten und Stollenwerk FamRZ 2006, 873). Dies wird damit begründet, § 798a ZPO sehe für dynamische Titel nach § 1612a BGB vor, dass ihnen nach Eintritt der Volljährigkeit diese nicht entgegengehalten werden könne. Das zwinge zu dem Umkehrschluss, dass statische Titel, die zur Zeit der Minderjährigkeit geschaffen worden seien, diesem Einwand ausgesetzt seien und damit (trotz Identität von Minderjährigen- und Volljährigenunterhalts) praktisch nicht mehr durchsetzbar seien, weshalb es eines neuen Titels bedürfe. Dem folgt der Senat nicht. Es ist seit je her unbestritten, dass der Unterhaltsanspruch eines Kindes vor und nach Eintritt der Volljährigkeit derselbe ist. Er mag sich der Höhe nach ändern. Die Einheitlichkeit des Anspruchs folgt schon daraus, dass er vor und nach Eintritt der Volljährigkeit auf derselben Anspruchsgrundlage beruht. Das spricht gegen die Notwendigkeit eines neuen Titels. Änderungen können beide am Unterhaltsrechtsverhältnis Beteiligte durch § 323 ZPO verfolgen.
Das Argument, aus § 798a ZPO folge im Umkehrschluss, dass der Verpflichtete den von dieser Vorschrift nicht erfassten dynamischen Titeln den Eintritt der Volljährigkeit entgegenhalten könne, verfängt nach Ansicht des Senats nicht. § 798a ZPO betrifft Titel, die nur für Minderjährige geschaffen werden können. Es ist daher sinnvoll zu regeln, ob einem solchen Titel der Einwand entgegengehalten werden kann, der Gläubiger sei jetzt volljährig. Daraus folgt nichts für Titel der vorliegenden Art, die zwar auch zu Zeiten der Minderjährigkeit geschaffen worden sind, aber angesichts der Identität des einheitlichen Unterhaltsanspruchs nicht ihrer Natur nach auf die Zeit der Minderjährigkeit beschränkt sind. Weil gerade dies bei den dynamischen Titeln jedenfalls zweifelhaft sein könnte, bedurfte es der Regelung des § 798a ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1848731 |
AnwBl 2008, 134 |
MDR 2007, 1320 |
OLGR-Mitte 2008, 252 |