Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 16 O 93/17) |
Tenor
Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, seine Berufung gegen das am 04.08.2017 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 16. Zivilkammer des Landgerichts Münster, Az. 16 O 93/17, durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Der Kläger erhält Gelegenheit, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Hinweises Stellung zu nehmen und mitzuteilen, ob die Berufung weiter aufrechterhalten oder aus Kostengründen zurückgenommen wird.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Löschung von Daten, die der beklagte Versicherer nach einem von ihm auf Totalschadenbasis regulierten Verkehrsunfall in das von der Firma F G GmbH betriebene Hinweis- und Informationssystem der deutschen Versicherer (G) eingemeldet hat. Ferner beansprucht der Kläger u.a. die Unterlassung der erneuten Einmeldung und Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe der auf § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG gestützte Löschungsanspruch nicht zu, weil die Speicherung der Daten nicht unzulässig sei. Es könne dahinstehen, ob vorliegend der Maßstab des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG oder der des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG anzulegen sei. Denn in beiden Fällen sei eine einzelfallbezogene Interessenabwägung nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vorzunehmen. Diese Abwägung ergebe vorliegend die Zulässigkeit der Speicherung von Fahrzeugdaten im G. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers sei als gering einzustufen. Bei den streitgegenständlichen Daten handele es sich nicht um besonders sensible Daten. Auch sei nicht ersichtlich, dass der Kläger durch die Einmeldung mit Versicherungsbetrug in Zusammenhang gebracht und stigmatisiert werde. Diese Gefahr bestehe für den Kläger erst dann, wenn er einen weiteren Versicherungsfall melden würde. Die Einmeldung sei auch nicht willkürlich erfolgt. Der Beklagte habe dargelegt, dass die Einmeldung immer dann erfolge, wenn ein fiktiver Schaden von mehr als 2.500,00 EUR abgerechnet werde, was hier unstreitig der Fall sei. Es bestehe ein nicht unerhebliches Interesse der Versicherungswirtschaft an der Speicherung der Daten. Dieses Interesse bestehe darin, Betrugsverhalten bei der Mehrfachabrechnung fiktiver Schäden zu vermeiden. Das schutzwürdige Interesse des Beklagten entfalle auch nicht, wenn - wie hier behauptet - das Fahrzeug tatsächlich repariert werde. Die Gefahr der doppelten Abrechnung sei durch eine durchgeführte Reparatur nicht ausgeräumt. Der Aufwand einer Überprüfung, ob die Reparatur in jedem Einzelfall vollständig sowie sach- und fachgerecht durchgeführt worden sei, sei dem Beklagten nicht zumutbar. Dem Kläger stehe auch der auf § 1004 BGB gestützte Unterlassungsanspruch nicht zu, weil die schutzwürdigen Interessen des Beklagten die des Klägers überwiegen würden.
Mit der dagegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter. Er rügt, die Abwägung des Landgerichts sei fehlerhaft.
Das Landgericht habe zu Unrecht auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers abgestellt. Hätte es stattdessen zutreffend auf das speziellere Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung zurückgegriffen, wäre es zu der erfolgten Geringschätzung des Eingriffs in die Rechte des Klägers nicht gekommen. Durch die Einmeldung von Fällen, in denen auf fiktiver Schadensbasis abgerechnet werde, werde das Recht auf Schadensersatz gemäß §§ 249 ff. BGB beschränkt. Es sei die Gefahr begründet, dass durch die Einmeldung die Versicherungsnehmer von der zulässigen fiktiven Schadensabrechnung Abstand nehmen könnten. Das Argument des Landgerichts, dass eine Einmeldung erst dann die Gefahr eines Betrugsverdachts begründe, wenn es zu einer erneuten Schadensmeldung komme, verfange nicht. Gerade dieser Gedanke führe beim Betroffenen dazu, aus Angst vor einem Betrugsverdacht bereits bei der ersten Schädigung auf sein Recht auf fiktive Schadensabrechnung zu verzichten. Die Gefahr, dass sich der Geschädigte künftig einem Betrugsverdacht ausgesetzt sehe, werde dem Grunde nach bereits bei der ersten Einmeldung angelegt. Zwar werde nicht verkannt, dass in Fällen der Abrechnung wirtschaftlicher Totalschäden der Geschädigte keinen Anlass mehr haben sollte, sein Fahrzeug wegen eines erneuten Schadens bei der Versicherung zu melden. Allerdings treffe das nur eingeschränkt zu. Es seien durchaus Fälle denkbar, in denen der Geschädigte noch Aufwendungen auf das Fahrzeug erbringe, um es am Leben zu halten. Diese Aufwendungen seien auch bei einem künftigen Unfall zu ersetzen. Auch hier werde sich der Versicherungsnehmer genau überlegen, ob er den Schaden melde, da er damit die Gefahr begründe, sich einem Versicherungsbetrug ausgesetzt zu sehen. Die Stigmatisierungs...