Leitsatz (amtlich)

Die Vormundschaft für Giuneer endet mit dem vollendeten 18. Lebensjahr.

 

Normenkette

EGBGB Art. 24; Genfer Flüchtlingskonvention Art. 12

 

Verfahrensgang

AG Bochum (Aktenzeichen 59 F 306/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Vormundes wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Bochum vom 27.12.2016 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Bochum vom 25.07.2013 in dem Verfahren 69 F 191/13 angeordnete Vormundschaft für den am ........1997 geborenen E mit der Vollendung des 18. Lebensjahres entfallen ist.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Verfahrenswert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der am ........1997 in Guinea geborene Betroffene E gehört nach seinen - in diesem Verfahren nicht widerlegten - Angaben dem Personenkreis der "Fulbe" an. Er reiste am 18.06.2013 von Guinea aus über Brüssel mit dem Flugzeug nach Deutschland ein. Dort wurde er am 21.06.2013 in Obhut genommen. Er gab in einem Gespräch mit Mitarbeitern des Jugendamts C an, dass er in Guinea körperlich misshandelt worden sei. Er habe danach fast zwei Jahre in einem guineischen Krankenhaus verbracht, da ihn die "Mandika" aus politischen Gründen massiv körperlich misshandelt hätten. Ein Arm und ein Bein des Betroffenen sind vernarbt und er humpelte jedenfalls zum Zeitpunkt der Inobhutnahme stark. Nach eigenen Angaben musste er drei Mal an dem Bein und mehrere Male an dem verletzten Arm operiert werden.

Da Verwandte oder Bekannte zur Ausübung der Personensorge nicht zur Verfügung standen und auch Kontakt mit den in Guinea verbliebenen Eltern nicht möglich war, hat das Amtsgericht - Familiengericht - Bochum mit Beschluss vom 25.07.2013 in dem Verfahren ... F .../13 das Ruhen der elterlichen Sorge angeordnet und einen Vormund bestellt.

Die Botschaft der Republik Guinea in Berlin hat am 19.09.2016 offiziell bestätigt, dass die Volljährigkeit in der Republik Guinea laut dem dort geltenden Code civil (Zivilgesetzbuch) mit 21 Jahren erreicht wird. Bereits am 30.09.2016 folgte eine offizielle Bestätigung der Botschaft, dass nach Rücksprache mit dem Ministerium für Justiz der Republik Guinea, bezugnehmend auf die Festlegung der Volljährigkeit der Bürger Guineas nach dem Code de l'enfant die Volljährigkeit mit 18 Jahren erreicht wird und alle vorherigen Verfügungen, die auf dem Code civil der Republik Guinea beruhen, damit nichtig werden. Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten Guineas hat auf eine Anfrage der Deutschen Botschaft in Conakry am 03.05. 2016 ein Schreiben des Justizministeriums Guineas vom 19.04.2016 übermittelt, mit dem diese Angaben bestätigt werden.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 27.12.2016 festgestellt, dass die angeordnete Vormundschaft bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres bestehen bleibt. Zur Begründung hat es mit näheren Ausführungen dargelegt, dass nach dem - zur Beurteilung der Volljährigkeit nach Auffassung des Amtsgerichts maßgeblichen - Art. 443 des Code Civil die Volljährigkeit in Guinea erst mit Vollendung des 21. Lebensjahres eintrete.

7

Gegen den am 02.01.2017 zugestellten Beschluss hat der Vormund mit einem am 09.01.2017 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 05.01.2017 Beschwerde eingelegt und die Auffassung vertreten, dass nach das Mündel mit Vollendung des 18. Lebensjahrs volljährig geworden sei.

II. Die Beschwerde ist zulässig nach §§ 58 f FamFG und hat auch in der Sache Erfolg.

In Abänderung der angefochtenen Entscheidung war daher festzustellen, dass die Vormundschaft mit Erreichen des 18. Lebensjahres beendet ist.

1. Der Senat ist auch unter Beachtung internationaler Bestimmungen zuständig für die vorliegende Entscheidung. Das betroffene Mündel hat seit seiner Einreise in das Bundesgebiet dort auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt. Nach Art. 8 Abs. 1 EuEheVO - Brüssel IIA-VO sind für Entscheidungen, die die elterliche Verantwortung betreffen, die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

2. Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Vormundschaft sind mit Erreichen des 18. Lebensjahres des betroffenen Mündels nicht mehr erfüllt, so dass deklaratorisch die Beendigung der Vormundschaft zu diesem Zeitpunkt auszusprechen ist.

a) Die Entstehung, die Änderung und das Ende der Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft sowie der Inhalt der gesetzlichen Vormundschaft und Pflegschaft unterliegen nach Art. 24 Abs. 1 S. 1 EGBGB dem Recht des Staates, dem der Mündel, Betreute oder Pflegling angehört. Die hier zur Entscheidung stehende Frage der Beendigung der Vormundschaft ist daher nach guineischem Recht zu beurteilen (vgl. dazu auch OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1840).

b) Nach Art. 395, 399 Code civil des Staates Guinea ist Vormundschaft nur bei Minderjährigen anzuordnen. Das betroffene Mündel ist aber - anders als vom Amtsgericht ...

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