Leitsatz (amtlich)
Die Wohnungseigentümer können im Einzelfall durch Stimmenmehrheit eine Gebrauchsregelung treffen, nach der eine im Sondernutzungsrecht eines einzelnen Wohnungseigentümers stehende Gemeinschaftsfläche im Notfall als Fluchtweg genutzt werden kann.
Normenkette
WEG § 15 Abs. 2, § 14 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Bochum (Beschluss vom 23.09.2008; Aktenzeichen 7 T 280/07) |
AG Bochum (Aktenzeichen 71 II 28/07) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden den Beteiligten zu 2) als Gesamtschuldnern auferlegt.
Eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen findet nicht statt.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer der eingangs genannten Anlage. Die Beteiligte zu 1) ist Sondereigentümerin der Penthouse Wohnung Nr. 15. Vor dieser Wohnung verläuft eine sog. Brücke, die zwei Treppenhäuser verbindet und an der dem Sondereigentümer der Wohnung Nr. 15 ein Sondernutzungsrecht eingeräumt ist. Links und rechts dieser Brücke, von der aus man zu dem Sondereigentum der Beteiligten zu 1) gelangt, befindet sich jeweils eine Tür zu den Treppenhäusern. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beteiligten zu 1) allein das Recht zustehen soll, einen Schlüssel für diese beiden Türen zu haben oder ob allen Wohnungseigentümern dieses Recht zusteht.
Die Beteiligte zu 1) verweist darauf, dass nur ihr ein Schlüssel zustehe, da sie vor neugierigen Blicken in die zur Brücke gelegenen Zimmer geschützt werden müsse. Dementsprechend habe auch nur sie -entsprechend einem Schlüsselplan der Verwaltung - in der Vergangenheit einen passenden Schlüssel gehabt. Demgegenüber machen die Beteiligten zu 2) geltend, beide Türen seien auch Fluchttüren, die sämtlichen Wohnungseigentümern im Notfall die Möglichkeit eröffnen sollten, von einem Treppenhaus in das andere zu gelangen; außerdem benötigten sie im Bedarfsfall Zugang zur Brücke für erforderliche Sanierungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum.
In der Eigentümerversammlung vom 24.1.2007 fassten die Wohnungseigentümer mehrheitlich den Beschluss, dass die Türen zur Brücke mit einem Schließzylinder der vorhandenen Schließanlage ausgestattet werden sollen, zu der jeder Wohnungseigentümer einen passenden Schlüssel hat.
Diesen Beschluss ficht die Beteiligte zu 1) im vorliegenden Verfahren an. Ihren rechtzeitig gestellten Anfechtungsantrag wies das AG mit Beschluss vom 17.7.2007 zurück. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde verwarf das LG zunächst als unzulässig, weil sie nicht fristgerecht erhoben sei und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben werden könne. Diesen Beschluss hob der Senat am 19.8.2008 auf (I-15 Wx 156/08) und verwies die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das LG zurück. Mit Beschluss vom 23.9.2008 änderte das LG die Entscheidung des AG ab und erklärte den Eigentümerbeschluss vom 24.1.2007 zu TOP 4 für ungültig.
Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2).
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG a.F., 62 WEG n.F., 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2) folgt daraus, dass das LG die Entscheidung des AG zu ihrem Nachteil abgeändert hat.
In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG).
Bei der im Streit stehenden Beschlussfassung der Wohnungseigentümer handelt es sich der Sache nach um eine Gebrauchsregelung i.S.d. § 15 Abs. 2 WEG. Danach können die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit einen der Beschaffenheit der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden ordnungsgemäßen Gebrauchs beschließen, sofern nicht eine Vereinbarung entgegensteht. Auch der konkrete Gebrauch eines Sondernutzungsrechts unterliegt der Regelungskompetenz nach Abs. 2. Denn das Sondernutzungsrecht berechtigt den Rechtsinhaber nur, andere Wohnungseigentümer von dem Gebrauch auszuschließen, es nimmt ihnen aber nicht das Recht, den allgemeinen Gebrauch zu regeln, weil der Gegenstand des Sondernutzungsrechts Gemeinschaftseigentum ist (Bärmann/Wenzel, 10. Aufl., § 15 Rz. 28).
Da der Gegenstand des Sondernutzungsrechts für Gebrauchs-regelungen dem Gemeinschafts- und Sondereigentum gleichsteht (BayObLG ZMR 1992, 202), ist es denselben Schranken unterworfen und unterliegt den Grenzen, die sich aus dem Gesetz, insbesondere dem gemeinschaftsrechtlichen Nachbarrecht, den Gebrauchsregelungen oder den Rechten Dritter ergeben (Bärmann/Wenzel, a.a.O., § 13 Rz. 115). Gemäß § 14 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von seinem Sondereigentum, dem Gemeinschaftseigentum, auch soweit es ihm zur Sondernutzung zugewiesen ist, nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentüme...