Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstand Rechtsbeschwerde. Urteilsabsetzungsfrist. Erkankung. Bußgeldrichter. Zulassung. Rechtsbeschwerde. Überschreitung. Bußgeldsache
Leitsatz (amtlich)
Allein der Umstand, dass die Urteilsabsetzungsfrist in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen einer unvorhersehbaren Erkrankung des erkennenden Einzelrichters nicht eingehalten ist, gebietet nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde.
Normenkette
OWiG § 80
Verfahrensgang
AG Recklinghausen (Entscheidung vom 12.12.2008) |
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Recklinghausen hat den Betroffenen mit Urteil vom 12. Dezember 2008 wegen Nichteinhaltens des erforderlichen Mindestabstandes als Führer eines Lastkraftwagens bei einer Geschwindigkeit von mehr als 50 km/h auf einer Autobahn von 50 m zu einem vorausfahrenden Fahrzeug sowie wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften in mehr als 2 Fällen bis zu 15 km/h zu einer Geldbuße von 135,00 EUR verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Betroffene mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 17. Dezember 2008 die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt. Ausweislich eines Vermerks der Direktorin des Amtsgerichts Recklinghausen vom 13. Februar 2009 ist die erkennende Bußgeldrichterin seit dem 19. Dezember 2008 dienstunfähig erkrankt. Das schriftliche Urteil ist infolge dessen nicht innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 80 Abs. 3, 79 Abs. 3 OWiG fertiggestellt worden. Das Hauptverhandlungsprotokoll ist nebst einer Abschrift des Vermerks der Direktorin des Amtsgerichts Recklinghausen vom 13. Februar 2009 dem Verteidiger des Betroffenen am 04. Juni 2009 zugestellt worden. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 12. Mai 2009 hat der Betroffene den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde mit der Rüge der Verletzung von § 338 Nr. 7 StPO begründet.
II.
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
Obwohl bisher kein vollständiges, mit Gründen versehenes schriftliches Urteil zu den Akten gelangt ist, ist eine Entscheidung des Senats veranlasst. Denn infolge der am 04. Juni 2009 geschehenen Zustellung des den Urteilstenor enthaltenen Hauptverhandlungsprotokolls vom 12. Dezember 2008 ist die Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 345 Abs. 1 StPO i.V.m. § 80 Abs. 3 OWiG in Gang gesetzt worden. Im Falle des Fehlens der schriftlichen Urteilsgründe ist nämlich die formelle Zustellung der Urteilsformel ausreichend, um die Frist in Lauf zu setzen (vgl. BGH, Vorlagebeschluss vom 06. August 2004 - 2 StR 523/03, abgedruckt in: NJW 2004, 3643 - 3645; BayObLG, NZV 1998, 82; LG Zweibrücken, MDR 1991, 894), wenn für den Betroffenen erkennbar ist, dass die zugestellte Urkunde die für seine Rechtsmittelbegründung maßgebliche Fassung darstellt. Dies gilt insbesondere im Falle irreparablen Fehlens der Gründe, wofür vorliegend - angesichts der weiteren andauernden Erkrankung der zuständigen Amtsrichterin - einiges spricht.
2.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Antrag, die Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen, u.a. wie folgt begründet:
Da das Amtsgericht Recklinghausen den Betroffenen zu einer Geldbuße von nicht mehr als 250,00 EUR verurteilt hat, ist die Rechtsbeschwerde gem. § 80 Abs. 1 OWiG nur zuzulassen, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben.
Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht erhoben.
Die Überprüfung des Urteils führt auch nicht zur Aufdeckung einer Rechtsfrage, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts (§ 80 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alternative OWiG) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 80 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alternative OWiG) gebietet. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde aus diesem Grund kommt unter anderem bei Rechtsfragen in Betracht, die noch offen, zweifelhaft oder bestritten sind (zu vgl. Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 80 Rdnr. 3 m.w.N.).
Allein der Umstand, dass die Urteilsabsetzungsfrist vorliegend nicht eingehalten ist, gebietet entgegen dem Vorbringen der Antragsbegründung die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht.
Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die F rage, unter welchen Voraussetzungen eine Überschreitung der Frist des § 275 Abs. 1 S. 1, S. 2 StPO gem. § 275 Abs. 1 S. 4 StPO zulässig sein kann, in der Rechtsprechung hinreichend geklärt ist. Insbesondere gehört hierzu auch eine unvorhersehbare Erkrankung des erkennenden Einzelrichters (zu vgl. Senatsbeschluss, a.a.O.; Meyer-Goßner, StPO, 52. Auflg., § 275 Rdnr. 13).
Die Rechtsbeschwerde ist vorliegend auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
Allein der Umstand, dass lediglich die Urteilsformel, nicht ...