Entscheidungsstichwort (Thema)
Urteilsgründe. Umfang. Beweiswürdigung. Inbegriff der Hauptverhandlung. Bußgeldsache
Leitsatz (amtlich)
Ein Urteil ist aufzuheben, wenn die dort getroffenen Feststellungen nicht durch die in der Hauptverhandlung verwendeten Beweismittel und nicht durch Vorgänge gewonnen worden sind, die zum Inbegriff der Hauptverhandlung gehören sowie wenn nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls die angeführten Schriftstücke nicht verlesen oder auf andere Weise in die Verhandlung eingeführt worden sind.
Normenkette
StPO §§ 261, 267
Verfahrensgang
AG Bochum (Entscheidung vom 02.06.2009) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 08. Juni 2009 gegen das Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 02. Juni 2009 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 03. September 2009 durch nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an eine andere Abteilung der Amtsgerichts Bochum zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bochum hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit gem. §§ 378 Abgabenordnung, 25 Einkommenssteuergesetz zu einer Geldbuße von 2 000,00 EUR verurteilt.
Das Amtsgericht hat hierzu folgende Feststellungen getroffen:
"Der Betroffene ist Kaufmann und betreibt einen Großhandel.
Am 31.05.2001 reichte er eine Einkommenssteuererklärung für das Jahr 1999 vom 26.05.2001 ein. Es handelt sich um eine gemeinsame Steuererklärung mit seiner Ehefrau. Dabei gab er in der Anlage GSE für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb einen Verlust von 1 506,52 DM an. Aufgrund dieser Erklärung erging am 24.07.2001 ein Einkommenssteuerbescheid für das Ehepaar T., woraus sich ein Erstattungsanspruch zugunsten der Steuerpflichtigen von 5 853,00 DM ergab.
Am 24.07.2001 übersandte der Betroffene seinerseits eine Berechnung (Journal), in der er ein Betriebsergebnis darstellte. Diese Aufstellung schloss mit einem Verlust von 9 350,75 DM. In dieser Berechnung waren Aufwendungen für die Anschaffung eines Fahrzeugs und für die Büroausstattung zum vollen Anschaffungspreis von insgesamt 45 115,00 DM als Kosten in Ansatz gebracht worden. Zusätzlich wären aber nur Abschreibungen in Höhe von 20% für das Kraftfahrzeug und 10% für die Büroeinrichtung gewesen. Dann hätte nur ein Abzug von 6 172,00 DM erfolgen dürfen. Der Einnahmeüberschuss ist also um 38 943,00 DM zu niedrig angesetzt worden. Selbst bei einem Steuersatz von 25%, der angesichts des Arbeitseinkommens der Ehefrau von über 64 000,00 DM noch recht niedrig gegriffen ist, sind also über 9 500,00 DM an Steuern verkürzt worden, also mehr als 4 500,00 DM.
Bei einer Betriebsprüfung bei dem Betroffenen ist festgestellt worden, dass noch andere Positionen zu beanstanden waren. Dies führte dazu, dass aufgrund von Gewinnerhöhungen eine verkürzte Einkommenssteuer von 22 256,00 DM angenommen wurde. Ein entsprechend geänderter Einkommenssteuerbescheid ist rechtskräftig.
Der Betroffene hat hinsichtlich des Steuerschadens - vorliegend geht es nur um die über 9 000,00 DM - auch fahrlässig gehandelt. Der Betroffene hat in der ersten Hauptverhandlung angegeben, ihm sei bekannt, dass die genannten Anschaffungen nur zu einem bestimmten Prozentsatz abgesetzt werden können. War also das Journal bereits Grundlage der Steuererklärung vom 26.05.2001, hat er schon insoweit leichtfertig gehandelt, wenn er entgegen seinem Wissen den vollen Betrag in Abzug bringt. Lag dieses Journal der Steuererklärung noch nicht zugrunde, ist der Vorwurf der Leichtfertigkeit erst recht gegeben, weil er dann offensichtlich auf Geradewohl die nicht näher berechnete Summe von 1 506,00 DM als Verlust angegeben hat. Soweit er früher vorgetragen hat und nunmehr vortragen lässt, er habe nicht alle Posten aus dem Journal übernommen, da dieses ja einen Verlust von über 9 000,00 DM aufweist, ändert dies nichts an dem Sachverhalt. Zum einen soll es sich dabei um Skonti gehandelt haben, die mit der hier in Rede stehenden Position nichts zu tun haben. Zum anderen ist zu bedenken, selbst wenn die Differenz zwischen Steuererklärung und Journal von rund 8 000,00 DM dem Betroffenen zugute gebracht wird, ist immer noch der Gewinn um 30 000,00 DM erhöht und damit ein Steuerschaden von 7 500,00 DM bzw. 3 800,00 EUR gegeben. Weitere Nachforschung und Aufklärung hinsichtlich der Unterschiede in den beiden Verlustbeträgen waren daher nicht geboten. Der inzwischen bestandskräftige Steuerbescheid mit einer um 22 000,00 DM höheren Steuer zeigt auch, dass es sich bei der hier in Rede stehenden Position nicht um ein vereinzeltes Versehen gehandelt hat, sondern dass der Betroffene insgesamt bei der Erstellung der Steuererklärung vom 26.05.2001 mit erheblicher Nachlässigkeit vorgegangen ist. Diese hat mit dem Steuerbescheid vom 24.07.2001 auch zu einer Steuerverkürzung geführt."
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffen...