Leitsatz (amtlich)
Im Falle einer mit einer unerlaubten Handlung gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB, 826 BGB begründeten Klage eines vom Abgaskanal betroffenen Käufers gegen den Hersteller liegt der Gerichtsstand gemäß § 32 ZPO wahlweise dort, wo der Täter gehandelt hat, oder dort, wo der Rechtsguteingriff erfolgt und der Schaden entstanden ist. Wird ein Kraftfahrzeug mit einem darlehnsfinanzierten Kaufvertrag beim Händler erworben, liegt ein Erfolgsort im Sinne von § 32 ZPO an dem Ort, an dem der Käufer seine auf Abschluss des Darlehnsvertrages gerichtete Willenserklärung abgibt, weil er damit das seinerseits erforderlich getan hat, um die Erfüllung der Kaufpreisforderung zu bewirken
Normenkette
ZPO §§ 32, 36 Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 3 O 211/19) |
Nachgehend
Tenor
Örtlich zuständig ist das Landgericht Braunschweig.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin auf Schadensersatz für Schäden in Anspruch, die ihm angeblich aus der Ausstattung eines Kraftfahrzeugs mit einer manipulierten Motorsoftware entstanden sind.
1. Er kaufte am 04.06.2013 bei der I GmbH in E einen gebrauchten VW Golf VI 2,0 TDi für 20.780,- EUR (Anlage K 1). Der Kaufpreis wurde durch ein Darlehen der Bank in C gemäß gesonderten Darlehensvertrag finanziert (nicht vorgelegt).
Als Liefertermin wurde der 13.06.2013 bestimmt. Das Fahrzeug wurde am 12.06.2013 auf den Kläger zugelassen (Anlage K 2).
Mit Schreiben vom 21.03.2018 forderte der Kläger die Beklagte auf, seine Ansprüche auf Schadensersatz anzuerkennen und zu erklären, ihm im Falle eines Weiterverkaufs des Fahrzeugs den merkantilen Minderwert zu erstatten (Anlage K 12). Dem kam die Beklagte nicht nach.
2. Der Kläger hat daraufhin am 08.02.2019 Klage vor dem Landgericht Dortmund erhoben.
Der Vorsitzende der 3. Zivilkammer hat mit Eingangsverfügung vom 11.03.2019 darauf hingewiesen, dass es für die Frage der örtlichen Zuständigkeit darauf ankomme, wo die Erfüllungshandlung im Sinne von § 362 Abs. 1 BGB vorgenommen worden sei (Bl. 46 f. d.A.). Da das Fahrzeug durch ein Darlehen der Bank finanziert worden sei, sei die Kaufpreisschuld im Sinne von § 362 Abs. 1 BGB durch die Leistung eines Dritten gem. § 267 Abs. 1 S. 1 BGB erfüllt worden, nämlich der finanzierenden Bank. Die Pflicht zur Bereitstellung des Darlehens sei am Sitz der Bank zu erfüllen. Bei einem darlehensfinanzierten Kfz-Kauf werde eine Erfüllungshandlung weder am Sitz des Käufers noch am Geschäftssitz des Autohauses vorgenommen.
Der Kläger hat daraufhin die Verweisung des Rechtsstreits an das für seinen Wohnsitz zuständige Landgericht Köln beantragt (Bl. 57 f. d.A.). Der Erfolgsort i.S.v. § 32 ZPO sei dort gegeben, wo in das geschützte Rechtsgut eingegriffen werde, also wo sich das Vermögen des Klägers befinde, an seinem Wohnsitz. Dies ergebe sich daraus, dass der Schadenseintritt zu den Tatbestandsvoraussetzungen sowohl einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung i.S.v. § 826 BGB gehöre als auch Voraussetzung für eine Haftung aus § 823 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. §§ 263 Abs. 1, 25 Abs. 1, 2. Alt. StGB sei. Daher werde nur "höchst vorsorglich und hilfsweise" beantragt, den Rechtsstreit an das Landgericht Braunschweig zu verweisen.
Die Beklagte hat zum Verweisungsantrag Stellung genommen und sich mit einer Verweisung an das Landgericht Köln einverstanden erklärt (Bl. 62 d.A.).
Dem ist das Landgericht Dortmund nicht gefolgt und hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 25.04.2019 an das Landgericht Braunschweig verwiesen (Bl. 64 f. d.A.). Zur Begründung hat es auf seine Verfügung vom 11.03.2019 Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben sei.
Nach Eingang der Akte beim Landgericht Braunschweig hat sich die Beklagte mit Klageerwiderung vom 15.05.2019 zur Sache eingelassen, ohne die örtliche Zuständigkeit zu rügen (Bl. 68 ff. d.A.).
Mit Verfügung vom 23.05.2019 hat das Landgericht Braunschweig darauf hingewiesen, dass es erwäge, den Rechtsstreit an das Landgericht Dortmund zurückzuverweisen, da die Verweisung vom 25.04.2019 als willkürlich anzusehen sei (Bl. 165 d.A.). Dies ergebe sich daraus, dass der Kläger ausweislich seiner Ausführungen zur örtlichen Zuständigkeit in der Klageschrift beim Landgericht Dortmund erhoben haben, weil in dessen Bezirk der Kaufvertrag geschlossen worden sei und sich daher hier der Ort der Täuschungshandlung befinde. Nach der Rechtsprechung des Senats sei der Käufer eines vom sog. "Abgasskandal" betroffenen Fahrzeugs berechtigt, Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung allein gegen den Hersteller am Gerichtsstand des § 32 ZPO geltend zu machen, der unter dem Gesichtspunkt des Handlungsortes auch an dem Ort begründet sein könne, an dem der Kaufvertrag geschlossen worden sei (Beschl. v. 14.12.2018 - 32 SA 53/18 - juris, Rn. 25). Mit diesem Aspekt habe sich das Landgericht Dortmund weder in seiner Verfügung vom 11.03.2019...