Verfahrensgang
LG Essen (Beschluss vom 03.06.1996; Aktenzeichen 18 OH 10/95) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführerin werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 20.000,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragsgegnerin hatte als Subunternehmerin der Antragstellerin Bauarbeiten im Bereich einer Tankstelle in … durchgeführt. Nach Fertigstellung der Arbeiten rügte die Antragstellerin Mängel der Werkleistung und beantragte hierzu die Einholung eines Sachverständigengutachtens im selbständigen Beweisverfahren. Mit Beschluß vom 03.11.1995 ordnete das Landgericht eine umfangreiche Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten an.
Noch vor Fertigstellung des Gutachtens hat das Amtsgericht Dresden über das Vermögen der Antragsgegnerin am 01.05.1996 die Gesamtvollstreckung eröffnet und die Beschwerdeführerin zur Verwalterin bestellt. Diese meldete sich mit Schreiben vom 06.05.1996 zu den Gerichtsakten und vertrat die Auffassung, daß das selbständige Beweisverfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen sei.
Mit dem angefochtenen Beschluß, der der Beschwerdeführerin am 21.06.1996 zugestellt wurde, hat das Landgericht festgestellt, daß das Beweisverfahren durch die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens nicht unterbrochen werde. Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 02.07.1996, die am 03.07.1996 beim Landgericht eingegangen ist. Sie vertritt die Auffassung, daß die Vorschrift des § 240 ZPO auch auf das selbständige Beweisverfahren Anwendung finde; nach Sinn und Zweck der Vorschrift sollten dem Verwalter nicht aussichtslose Rechtsstreitigkeiten aufgedrängt werden, die zu Masseverbindlichkeiten führten.
Die Antragstellerin ist dem Rechtsmittel entgegengetreten und strebt die Fortsetzung des Verfahrens an.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist das Rechtsmittel entsprechend § 252 ZPO statthaft. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift ist diese über den Wortlaut hinaus auch auf die beschlußmäßige Verweigerung der Unterbrechung eines Verfahrens anwendbar (RGZ 16, 358; RG JW 85, 351, 353; Zöller-Greger, ZPO, 20. Aufl., § 252 Rdnr. 1; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, 54. Aufl., § 252 Rdnr. 2).
Das auch im übrigen zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn das Landgericht hat zu Recht festgestellt, daß durch die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Antragsgegnerin das selbständige Beweisverfahren nicht unterbrochen worden ist. Zwar ordnet § 240 ZPO an, daß im Falle der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer Partei, dem in den neuen Bundesländern die Gesamtvollstreckungsanordnung gleichsteht (BGH DtZ 1992, 282), das Verfahren unterbrochen wird, wenn es die Konkursmasse betrifft. Nach einhelliger Auffassung in Literatur und Rechtsprechung ist diese Vorschrift auf das selbständige Beweisverfahren jedoch nicht anwendbar (Zöller-Herget, 20. Aufl., vor § 485 Rdnr. 6; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, 54. Aufl., Übers § 485 Rdnr. 3; § 249 Rdnr. 1; MünchKomm-Schreiber, ZPO, § 485 Rdnr. 19; Wieczorek, 2. Aufl., § 485 Anmerk. C III a zu § 485 a.F.; Werner-Pastor, Der Bauprozeß, 8. Aufl. Rdnr. 6; LG Frankfurt, Baurecht 1995, 585, 586). Dem schließt sich der Senat an. Die Vorschriften über Unterbrechung und Aussetzung stehen mit dem Sinn und Zweck und der Art des selbständigen Beweisverfahrens nicht im Einklang und sind deshalb auf dieses Verfahren nicht anwendbar. Durch das selbständige Beweisverfahren ist für den Antragsteller zum einen die Möglichkeit der Beweissicherung gegeben, zum anderen können im Rahmen einer Auseinandersetzung Vortragen in tatsächlicher Hinsicht rasch und kostengünstig geklärt werden, um ohne einen anschließenden Rechtsstreit eine Einigung zu ermöglichen. Diesen Zwecken stände die Aussetzung oder Unterbrechung des Verfahrens entgegen. Eine andere Beurteilung verlangen auch nicht die berechtigten Interessen des Konkurs- oder Gesamtvollstreckungsverwalters sowie die von ihm zu wahrenden Gläubigerinteressen. Da das selbständige Beweisverfahren nicht zu einer streitigen Entscheidung führt, wird der Antragsgegner weder durch eine ungünstige Sach- noch eine Kostenentscheidung unmittelbar belastet.
Soweit die Beschwerdeführerin einwendet, auch im selbständigen Beweisverfahren müsse dem Konkurs- oder Gesamtvollstreckungsverwalter Gelegenheit gegeben werden, die Möglichkeit einer gütlichen Einigung zu prüfen, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung, Gerade auch der Vorbereitung einer einvernehmlichen außergerichtlichen Lösung dient das selbständige Beweisverfahren. Im vorliegenden Fall ist die Frage der Mangelfreiheit der Werkleistung der Antragsgegnerin auch für die Beschwerdeführerin von großer Bedeutung, da die Antragstellerin Werklohn in erheblichem Umfang einbehalten hat und die Abrechnung durch das in Auftrag gegebene und kurz vor der Vollendung stehende Beweisgutachten gefördert wird. Daß die...