Verfahrensgang
AG Schwerte (Entscheidung vom 16.09.2019; Aktenzeichen 10 OWi - 676 Js 759/19 - 422/19) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs zugelassen.
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Schwerte zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Schwerte hat den Betroffenen mit Urteil vom 16.09.2019 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße in Höhe von 100,00 Euro verurteilt.
Das Amtsgericht hat u.a. folgende Feststellungen getroffen:
"Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts folgender Sachverhalt fest:
Am 00.11.2018 gegen 11.42 Uhr befuhr der Betroffene außerorts im T Stadtgebiet mit dem PKW der Marke U, amtliches Kennzeichen #-## 0000, aus Richtung I kommend die Autobahn BAB 0 in Fahrtrichtung C.
Vor der Einfahrt in eine großräumig im Vorfeld ausgeschilderte Baustelle in Höhe Kilometer 332, 450 befand sich am Tattage eine ordnungsgemäß geeichte und eingerichtete Messanlage vom Typ PoliScan Speed, die in einem Anhänger, dem sog. Enforcement Trailer, betrieben wurde. Diese war von dem Zeugen PHK J, der zuvor in die Einrichtung und Bedienung der Messanlage im Allgemeinen und deren Einsatz in den Enforcement Trailer eingewiesen worden war, nach der Bedienungsanleitung eingerichtet und geprüft sowie am 00.11.2018 um 9.00 Uhr in Betrieb genommen worden.
Der genannte Zeuge ist dabei dem Gericht aus einer Vielzahl gleichgelagerter Verfahren als zuverlässig und sachkundig bekannt. Seine Schulungsnachweise liegen dem Gericht vor."
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 19.09.2019, welchen er mit weiterem Schriftsatz seines Verteidigers vom 07.11.2019 mit der Verletzung rechtlichen Gehörs und materiellen Rechts begründet hat.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Zuschrift vom 18.12.2019 beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Der Betroffene hat hierzu mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 16.01.2020 Stellung genommen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs des Betroffenen gem. § 80 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt., Abs.2 OWiG zuzulassen.
Das Rechtsmittel hat mit der in zulässiger Weise erhobenen Verfahrensrüge der Verletzung rechtlichen Gehörs einen vorläufigen Erfolg.
Die Feststellung des Amtsgerichts, der Zeuge PHK J sei in der Einrichtung und Bedienung des Messgerätes PoliScan Speed in dem Enforcement Trailer eingewiesen worden, ist nicht Inbegriff der Hauptverhandlung gewesen.
Durch diesen Verstoß gegen § 261 StPO ist auch das rechtliche Gehör des Betroffenen gemäß Art 103 Abs.1 GG verletzt.
Die Feststellungen des Amtsgerichts, dass der Zeuge PHK J in der Einrichtung und Bedienung des Messgerätes PoliScan Speed in dem Enforcement Trailer eingewiesen worden sei, ergibt sich aus keiner der in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden oder Augenscheinsobjekte. Zum Inbegriff der Hauptverhandlung ist nur der Schulungsnachweis des Zeugen J in die Handhabung des Geschwindigkeitsmessgerätes Vitronic PoliScan Speed geworden. Aus diesem ergibt sich jedoch nicht, dass er auch in der Einrichtung und Bedienung dieses Messgerätes in dem Enforcement Trailer eingewiesen worden ist. Ein derartiger gesonderter Schulungsnachweis- den es nach Kenntnis des Senats grundsätzlich gibt - über Aufbau, Bedienung etc. des Trailers ist nicht Inbegriff der Hauptverhandlung worden.
Das Amtsgericht hat demnach seine Überzeugung nicht ausschließlich aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnen und damit gegen § 261 StPO verstoßen.
Gründet das Gericht seine Überzeugung aber auf Tatsachen, die nicht Gegenstand der Hauptverhandlung waren, zu denen sich also der Betroffene dem erkennenden Gericht gegenüber nicht abschließend äußern konnte, so verstößt das Verfahren nicht nur gegen § 261 StPO, sondern zugleich auch gegen den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 04.01.2012, DAR 2012, 403; KG, Beschluss vom 14.09.2017, 3 Ws (B) 262/17, juris).
Das angefochtene Urteil war daher bereits wegen dieses Verfahrensmangels mit den Feststellungen aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Schwerte zurückzuverweisen.
Ergänzend merkt der Senat an:
Der wesentliche Inhalt des Beschilderungsplans ist nach der Beweiswürdigung in dem angefochtenen Urteil gemäß § 78 Abs.1 OWiG bekannt gegeben bzw. zur Kenntnis genommen worden. Ausweislich des Sitzungsprotokolls ist der Beschilderungsplan jedoch lediglich lediglich in Augenschein genommen worden. Beschilderungspläne können Augenscheinsobjekte aber auch Urkunden sein (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 27. Februar 2018, III-4 RBs 21/18, juris). Vorliegend handelt es sich bei dem Beschilderungsplan um eine Urkunde, sodas...