Verfahrensgang

AG Ahlen (Aktenzeichen 40 F 23/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 21.6.2016 wird der am 19.5.2016 verkündete Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ahlen abgeändert, soweit er sich über einen Versorgungsausgleich der Beteiligten verhält.

Es wird festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben.

Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 1.000,00 festgesetzt.

 

Gründe

I. Nach einem Scheidungsverbund im ersten Rechtszug streiten die Beteiligten im zweiten Rechtszug noch um den Versorgungsausgleich.

1. Die am ........1948 geborene Antragstellerin und der am ........1946 geborene Antragsgegner schlossen am 7.4.2007 die Ehe, die kinderlos blieb und durch insoweit unangefochtenen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ahlen vom 19.5.2016 wieder geschieden worden ist. Der Scheidungsantrag der Antragstellerin ist dem Antragsgegner am 15.2.2016 zugestellt worden. Die Scheidung der Ehe ist rechtskräftig seit Ablauf des 11.8.2016.

Durch Ehevertrag vom 5.4.2007 hatten die Beteiligten den gesetzlichen Güterstand ausgeschlossen, für den Fall der Scheidung gegenseitige Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt sowie einen Versorgungsausgleich abbedungen und für den Fall des Todes einen beiderseitigen Erb- und Pflichtteilsverzicht vereinbart (UR-Nr. .../2007 des Notars X in Y; Bl. 4 d.A.).

Bereits durch Erbvertrag vom 19.12.2005 hatte der Antragsgegner der Antragstellerin außerdem den lebenslangen Nießbrauch an einer Eigentumswohnung vermacht (UR-Nr. .../2005 des Notars X in Y, Bl. 68 d.A.).

2. Beide Beteiligte waren zuvor schon einmal verheiratet gewesen, die Antragstellerin bis in die 1980er Jahre und der Antragsgegner bis in die 2000er Jahre hinein.

Sie lebten seit dem Jahr 2000 zusammen, als die Antragstellerin ihr damaliges Appartement aufgab und in die Wohnung des Antragsgegners zog. Die Antragstellerin - gelernte Einzelhandelskauffrau - war seinerzeit mit dem Betrieb einer Bäckerei-Niederlassung selbständig erwerbstätig.

Als der Antragsgegner einen Zugriff seiner damaligen Ehefrau befürchtete, übereignete er seinen damaligen PKW der Antragstellerin. Die Antragstellerin besicherte dann mit dem PKW ein Unternehmensdarlehen. Als das auslegende Geldhaus die Sicherheit verwerten wollte, musste der Antragsgegner den PKW daher für rund DM 35.000,00 zurückerwerben.

Im Jahr 2003 musste die Antragstellerin ihren Betrieb wegen Zahlungsunfähigkeit einstellen und bis heute bestehen Verbindlichkeiten aus ihrer selbständigen Tätigkeit. Zur teilweisen Tilgung ihrer Verbindlichkeiten wurde auch ein PKW Z verwertet, über dessen Erwerb und Preis die Beteiligten gestritten haben.

Nach der Betriebsaufgabe war die Antragstellerin nur noch zwischen 2006 und 2007 sowie zwischen 2012 und 2013 erwerbstätig, verschwieg aber dem Antragsgegner ihre vor der Eheschließung gelegene Erwerbslosigkeit ebenso wie den genauen Umfang ihrer Verbindlichkeiten.

Im Jahr 2010 erkrankte die Antragstellerin an Krebs, der aber nach ärztlicher Behandlung jedenfalls vorläufig als ausgeheilt gilt. Während des ersten Rechtszugs unterzog sich die Antragstellerin erneut einem ärztlichen Eingriff, bei dem ihr nach ihrer Behauptung eine gutartige Geschwulst, nach der Erwiderung des Antragsgegners lediglich ein "Art Fettpolster" entfernt wurde. Wegen ihrer Krebserkrankung wurde der Antragstellerin seit dem 13.1.2010 ein Grad der Behinderung von 70% und seit dem 19.1.2011 - bis heute - ein Grad der Behinderung von 80% bescheinigt.

Die Beteiligten trennten sich am 1.11.2014, als die Antragstellerin aus der damaligen Ehewohnung auszog.

3. Bei Eheschließung waren beide Beteiligte vollschichtig erwerbstätig, beziehen mittlerweile aber Regelaltersrente, nämlich der Antragsgegner seit dem 1.12.2011 und die Antragstellerin seit dem 1.9.2013.

Anlässlich ihrer früheren Scheidungen war jeweils auch ein Versorgungsausgleich durchgeführt worden, der die Höhe ihrer heutigen Altersrenten beeinflusst. Von seinen insgesamt erworbenen 58,0599 Entgeltpunkten in der gesetzlichen Rentenversicherung büßte der Antragsgegner seinerzeit 18,0115 Entgeltpunkte ein. Seine Altersrente betrug zum Ende der Ehezeit i.S.d. § 3 VersAusglG am 31.1.2016 monatlich rund EUR 1.227,00 netto. Dagegen gewann die Antragstellerin zu ihren selbst erworbenen 6,8298 Entgeltpunkten in der gesetzlichen Rentenversicherung seinerzeit 9,7714 Entgeltpunkte hinzu. Ihre Altersrente betrug zum Ende der Ehezeit zum 31.1.2016 monatlich rund EUR 485,00 netto. Die Antragstellerin bezieht heute ergänzende Grundsicherung im Alter nach Maßgabe des SGB XII.

Ausweislich des Rentenbescheids der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 8.7.2013 war die Antragstellerin insgesamt in folgenden Zeiträumen sozialversicherungspflichtig beschäftigt:

01.04.1963 bis 31.12.1966,

08.08.1979 bis 24.01.1980,

01.09.1989 bis 04.08.1992,

08.02.1995 bis 30.04.1995,

11.05.2000 bis 20.07.2000,

15.10.2005 bis 05.12.2005,

01.10.2006 b...

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