Entscheidungsstichwort (Thema)

Betrug. Computerbetrug. Täuschung. Irrtum. erforderliche Feststellungen. automatisierter Versand. Bestellung im Internet. Wahlfeststellung. besonders schwerer Fall. Indizwirkung. geringwertige Sache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Beurteilung einer Täuschung bei einer Warenbestellung bei Internetversandanbietern sind Feststellungen dazu erforderlich, dass bzw. inwiefern die Bestellungen bei den Internethändlern überhaupt von einer natürlichen Person bearbeitet wurden. Denn bei einer Warenbestellung im Internet kommt auch die automatische Verarbeitung der Bestellung ohne die Tätigkeit einer natürlichen Person bei der Annahme der Bestellung und der Entscheidung über den Versand der Ware an den Besteller in Betracht.

2. Beim gewerbsmäßigen Betrug selbst bei zahlreichen vorgeworfenen Fällen ist die Widerlegung der Indizwirkung des Regelbeispiels des § 263 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB in den Urteilsgründen jedenfalls dann zu erörtern, wenn die Schäden die Geringwertigkeitsgrenze nur knapp übersteigen, der Gesamtschaden relativ gering war und gewichtige zugunsten des Täters sprechende Umstände vorliegen.

 

Normenkette

StGB §§ 263, 263a, 46a

 

Verfahrensgang

LG Detmold (Aktenzeichen 25 Ns 95/19)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Detmold zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht - Schöffengericht - Detmold hat den Angeklagten mit Urteil vom 19.07.2019 wegen Betruges in 6 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Die dagegen gerichtete form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Angeklagten hat die 5. Strafkammer - zweite kleine Strafkammer - des Landgerichts Detmold mit Urteil vom 06.02.2020 verworfen.

Zur Sache hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:

"Der Angeklagte verfügte im Jahr 2018 über ein Pfändungskonto bei der T-Bank, das er nicht überziehen konnte und auf das seine Sozialleistungen gezahlt wurden. Er eröffnete im Juni 2018 zusätzlich ein Konto bei der W-Bank, auf das jedoch keine Einzahlungen erfolgten. Er arbeitete in diesem Zeitraum außerdem als Aushilfe in einer Pizzeria, wo er je nach Arbeitsanfall zwischen 100,00 und 400,00 € im Monat verdiente, die ihm jeweils in bar ausgezahlt wurden. Er zahlte diese Beträge nicht auf ein Konto ein, sondern behielt sie bei sich und gab sie in der Folge für erforderliche Einkäufe wieder aus.

Am 18.06.2018 um 23:08 Uhr bestellte der Angeklagte bei der Firma B eine H-Herrenjeans zum Preis von 79,99 € und gab bei der Bestellung für die Abbuchung das Konto bei der W-Bank an. Die Ware wurde ausgeliefert, eine Abbuchung des Kaufpreises vom Konto konnte jedoch nicht erfolgen, da auf dieses keine Zahlungen eingegangen waren und es kein Guthaben aufwies. Auch ansonsten bezahlte der Angeklagte die Ware nicht.

Am 19.06.2018 um 0:17 Uhr bestellte der Angeklagte bei der Firma B ein H-Herrenshirt zum Preis von 31,35 €. Auch hier gab er für die Abbuchung das Konto bei der W-Bank an. Die Ware wurde an den Angeklagten geliefert, jedoch konnte der Kaufpreis nicht abgebucht werden und wurde auch vom Angeklagten in der Folge nicht bezahlt.

Am 19.06.2018 um 12:51 Uhr bestellte der Angeklagte bei der Firma B ein Paar Q-Sneaker im Wert von 36,71 Uhr. Auch hier gab er für die Bezahlung das Konto bei der W-Bank an. Erneut wurde die Ware an den Angeklagten ausgeliefert, der Kaufpreis konnte jedoch nicht vom Konto des Angeklagten abgebucht werden. Auch zahlte der Angeklagte den Kaufpreis in der Folge nicht.

Am 06.07.2018 um 11:50 Uhr bestellte der Angeklagte bei der Firma A verschiedene Kleidungsstücke im Gesamtwert von 383,45 €. Die Ware wurde an den Angeklagten ausgeliefert. Dieser bezahlte den Kaufpreis jedoch nicht.

Am 09.07.2018 um 11:50 Uhr bestellte der Angeklagte bei der Firma A verschiedene Kleidungsstücke im Gesamtwert von 383,45 €. Die Ware wurde an den Angeklagten ausgeliefert. Dieser bezahlte den Kaufpreis jedoch nicht.

Am 09.07.2018 bestellte der Angeklagte gegen 15:02 Uhr bei der Firma A verschiedene Kleidungsstücke im Gesamtwert von 212,45 €. Auch hier wurde die Ware ausgeliefert, eine Zahlung erfolgte jedoch nicht.

Am 12.07.2018 um 9:43 Uhr bestellte der Angeklagte bei der Firma A mehrere Kleidungsstücke im Gesamtwert von 368,89 €. Die Ware wurde an den Angeklagten ausgeliefert, von diesem jedoch nicht bezahlt.

Durch die Bestellungen erweckte der Angeklagte den Eindruck, er sei zur Bezahlung der Waren bereit und in der Lage. Infolge dessen wurden die bestellten Waren an ihn ausgeliefert. Tatsächlich war dem Angeklagten klar, dass eine Abbuchung von seinem Konto bei der W-Bank nicht möglich war, da auf dieses Konto keine Einzahlungen erfolgten und damit kein Guthaben vorhanden war. Dem Angeklagten war ebenfalls klar, dass er auch ansonsten nicht über die finanziellen Mittel verfügt...

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