Leitsatz (amtlich)
Zum erforderlichen Umfang der tatsächlichen Feststellungen bei einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt und beim Handel mit Betäubungsmitteln.
Verfahrensgang
AG Siegen (Entscheidung vom 04.04.2006) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Siegen zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Siegen hat den Angeklagten durch Urteil vom 4. April 2006 wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und wegen unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat der Angeklagte am 5. April 2005 als Führer eines Kraftfahrzeugs die Siegener Straße in Siegen befahren, obwohl er zuvor Amphetamin, Heroin und Cannabis konsumiert hatte und deshalb nicht mehr in der Lage war, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher zu führen. Dies ergebe sich bereits "aufgrund der Menge der in seinem Blut gefundenen Drogen". Auch die "übrigen Ausfallerscheinungen" würden für eine "absolute Fahruntüchtigkeit" sprechen. Außerdem habe der Angeklagte am 5. Januar 2005 bei dem "gesondert Verfolgten W. 43 g Amphetamin gelagert". Dabei habe es sich um eine nicht geringe Menge gehandelt, weil dies mehr als 200 Konsumeinheiten seien. Anlässlich einer Polizeikontrolle am 15. April 2005 seien schließlich in dem von dem Angeklagten geführten Fahrzeug 131 g Amphetamin, 122 g Marihuana und 92 Ecstasy-Pillen aufgefunden worden. Der Angeklagte habe in der Hauptverhandlung zwar nur eingeräumt, die 43 g Amphetamin bei W. zum späteren Eigenbedarf gelagert zu haben und nur zu einem geringen Teil Eigentümer der am 15. April 2005 bei ihm aufgefundenen Betäubungsmittel gewesen zu sein. Diese Einlassung sei aber widerlegt, weil der Angeklagte anlässlich seiner Vorführung vor den Haftrichter eine teilweise Verkaufsabsicht bezüglich der am 15. April 2005 sichergestellten Betäubungsmittel eingeräumt habe und sein täglicher Bedarf an Betäubungsmitteln auch nur durch Handeltreiben zu finanzieren sei.
Gegen dieses, ihm am 7. April 2006 zugestellte Urteil hat der Angeklagte zunächst Berufung eingelegt, dann aber mit Schriftsatz vom 9. Mai 2006, eingegangen beim Amtsgericht Siegen am 11. Mai 2006, den Übergang zur Revision erklärt und das Rechtsmittel näher begründet.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die gemäß § 345 Abs. 1 S. 1 StPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete Revision hat mit der Rüge materiellen Rechts - einen zumindest vorläufigen - Erfolg. Das Urteil leidet an Rechtsfehlern, die zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache führen.
1.
Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen zwar die Verurteilung des Angeklagten wegen eines objektiven Verstoßes gegen § 316 StGB, denn die Annahme jedenfalls relativer Fahruntüchtigkeit ist aufgrund des Ergebnisses des rechtsmedizinischen Gutachtens in Verbindung mit den festgestellten Ausfallerscheinungen des Angeklagten nicht zu beanstanden. Allerdings kommt eine absolute Fahruntüchtigkeit - wie sie das Amtsgericht angenommen hat - nicht in Betracht, weil bislang keine absoluten Wirkstoffgrenzen vorliegen, die nach dem Konsum von "anderen" Rauschmitteln im Sinne des § 316 Abs.1 StGB die Fahruntüchtigkeit sicher beschreiben (zu vgl. Tröndle/Fischer, StGB. 53. Aufl. § 316 Rn 39 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Den Urteilsgründen ist aber nicht zu entnehmen, worauf das Amtsgericht die Annahme stützt, der Angeklagte habe dabei vorsätzlich gehandelt. Ein vorsätzliches Vergehen nach § 316 StGB setzt voraus, dass der Fahrzeugführer seine rauschbedingte Fahruntüchtigkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und sie billigend in Kauf nimmt, gleichwohl aber am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt (vgl. OLG Hamm, NZV 1998, S. 291 f. m.w.N. - ständige Senatsrechtsprechung). Die Feststellung der Kenntnis der Fahruntüchtigkeit als innere Tatseite hat der Tatrichter auf der Grundlage des Ergebnisses der Hauptverhandlung unter Heranziehung und Würdigung aller Umstände zu treffen.
Derartige Feststellungen, die auf einen entsprechenden Vorsatz des Angeklagten schließen lassen, hat das Amtsgericht aber nicht getroffen. Den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, warum der Angeklagte sich seiner Fahruntüchtigkeit bewusst gewesen sein soll oder diese zumindest billigend in Kauf genommen hat. Ein glaubhaftes und überzeugendes Geständnis des Angeklagten liegt ersichtlich nicht vor. Allein auf den vorangegangenen Drogenkonsum und das Fahrverhalten des Angeklagten kann die Annahme einer vorsätzlichen Begehungsweise jedenfalls im vorliegenden Fall aber nicht gestützt werden.
2.
Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen weiterhin auch nicht die Verurteilung des Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in ni...