Leitsatz (amtlich)
Nach der Fristenregelung in Ziff. 2.1.1.1 AUB 2008 muss die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und vom Versicherungsnehmer geltend gemacht worden sein.
Auch bei einem fehlenden oder nicht ausreichenden Fristenhinweis des Versicherers gem. § 186 S. 2 VVG wird der Versicherungsnehmer nicht von der Notwendigkeit enthoben, überhaupt eine (ausreichende) ärztliche Invaliditätsfeststellung beizubringen.
Normenkette
VVG § 178 Abs. 1, § 186 S. 2; AUB 2008 Ziff. 2.1.
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 115 O 213/14) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
Das Gesuch des Klägers um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seine Berufung gegen das am 20.07.2015 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Münster wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, dem Kläger günstigere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.
1.) Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf die geltend gemachte bedingungsgemäße Invaliditätsentschädigung nach § 178 Abs. 1 VVG i.V.m. Ziff. 2.1 AUB 2008 scheitert bereits daran, dass die formellen Voraussetzungen gem. Ziff. 2.1.1.1 AUB 2008 nicht erfüllt sind. Nach dieser Fristenregelung, die einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand hält (vgl. nur BGH, Urt. v. 23.02.2005, IV ZR 273/03, BGHZ 162, 210 = VersR 2005, 639), muss die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und vom Versicherungsnehmer geltend gemacht worden sein.
Das LG hat insoweit zutreffend angenommen, dass es bereits an einer hinreichenden ärztlichen Feststellung überhaupt fehlt.
Aus der ärztlichen Feststellung müssen sich die vom Arzt angenommene Ursache der Invalidität und die Art ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit des Versicherten ergeben (BGH, Urt. v. 06.11.1996, IV ZR 215/95, r+s 1997, 84). Darüber hinaus muss die ärztliche Feststellung die Aussage enthalten, dass das Unfallereignis für den Dauerschaden ursächlich ist; die bloße Möglichkeit der Kausalität reicht nicht (BGH, Urt. v. 07.03.2007, IV ZR 137/06, juris, Rn. 11, VersR 2007, 1114; Senat, Urt. v. 27.01.2006, 20 U 156/05, juris, Rn. 45 mit weiteren Nachweisen, r+s 2007, 74). Denn die Invaliditätsbescheinigung soll dem Versicherer Gelegenheit geben, dem geltend gemachten Versicherungsfall nachzugehen und seine Leistungspflicht auf Grundlage der ärztlichen Feststellung zu prüfen. Zugleich soll sie eine Ausgrenzung von Spätschäden ermöglichen, die in der Regel nur schwer abklärbar und überschaubar sind und die der Versicherer deshalb von der Deckung ausnehmen will. Deshalb können nur die in der ärztlichen Invaliditätsfeststellung beschriebenen unfallbedingten Dauerschäden Grundlage des Anspruchs auf Invaliditätsentschädigung sein.
Gemessen hieran ist das Schreiben Dr. med. H vom 16.04.2013 (GA I 17 = GA I 178) schon deshalb unzureichend, weil es keinerlei Aussage zur Ursächlichkeit eines Unfallereignisses für die vom Kläger geklagten gesundheitlichen Beeinträchtigungen trifft. Nichts anderes gilt insoweit für das Schreiben Dr. med. H vom 09.04.2014 (GA I 181), mit dem weder eine dauerhafte Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit des Klägers noch der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen den gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers und dem angeschuldigten Unfallereignis hinreichend festgestellt wird. Die bloße Angabe, der Kläger habe "nach dem Unfall" weiterhin Schmerzen und ein Gefühl von Steifigkeit im rechten Bein bei eingeschränkter Funktionsfähigkeit gehabt, genügt nicht.
Keiner abschließenden Entscheidung durch den Senat bedarf vor diesem Hintergrund die Frage der Fristwahrung des Attests vom 09.04.2014. Hierbei unterliegt es keinem Zweifel, dass (auch) die in den AUB statuierte Frist nicht eingehalten ist. Denn bei der Frist für die ärztliche Invaliditätsfeststellung handelt es sich um eine dem berechtigten Interesse des Versicherers an der baldigen Klärung seiner Einstandspflicht dienende Anspruchsvoraussetzung, ohne deren Einhaltung dem Versicherungsnehmer eine Invaliditätsentschädigung zu versagen ist. Demgemäß ist es aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos, ob den Versicherungsnehmer ein Verschulden daran trifft, dass es zu einer (fristgerechten) ä...