Verfahrensgang
AG Herne-Wanne (Entscheidung vom 17.10.2002; Aktenzeichen 8 OWi 64 Js 204/02 (70/02)) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den ihm zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Herne-Wanne zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Herne-Wanne hat gegen die Betroffene durch Urteil vom 17. Oktober 2002 wegen einer am 28. August 2001 in Herne-Wanne auf der Bundesautobahn A 42 in Fahrtrichtung E2 fahrlässig begangenen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 64 km/h eine Geldbuße von 350 € sowie ein Fahrverbot von zwei Monaten verhängt. Hiergegen richtet sich ihre Rechtsbeschwerde.
Die Betroffene hat sich nicht zur Sache eingelassen. Das Amtsgericht hat sie anhand von dem Verkehrsverstoß gefertigter Lichtbilder als Fahrerin zum Vorfallszeitpunkt identifiziert. Dazu hat es folgendes ausgeführt:
" Ferner steht zur sicheren Überzeugung des Gerichts fest, dass die Betroffene Fahrerin des betreffenden Fahrzeugs zum Tatzeitpunkt war. Die auf Bl. 1 R d.A. befindlichen Fotos, die in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen wurden und auf die hiermit ausdrücklich verwiesen wird (§ 267 Abs. 1 S. 3 StPO), sind so deutlich, dass sie zur Identifizierung der Betroffenen uneingeschränkt geeignet waren."
Wegen der weiteren Einzelheiten des amtsgerichtlichen Urteils wird auf dessen Gründe Bezug genommen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Herne-Wanne zurückzuverweisen.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt sowie form- und fristgerecht begründet worden. Ihr ist auch in der Sache - zumindest vorläufig - Erfolg beschieden. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils lässt Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen erkennen, die zur Aufhebung und zur Zurückverweisung führen.
Zwar steht der Verfolgung der am 28. August 2001 begangenen Ordnungswidrigkeit auch nach Auffassung des Senats das Verfahrenshindernis der Verjährung nicht entgegen, weil diese mehrfach unterbrochen worden ist. Die erste Unterbrechung wurde durch die Versendung eines Anhörungsschreibens an die Betroffene am 25. September 2001 gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG bewirkt. Die Anordnung der Versendung eines Anhörungsbogens an den Betroffenen als Halter eines Pkw unterbricht diesem gegenüber die Verfolgungsverjährung, wenn er - wie hier - der Ordnungswidrigkeit als Fahrer des Wagens beschuldigt wird und durch die Übersendung des Anhörungsbogens der Fahrer nicht nur erst ermittelt werden soll (OLG Hamm MDR 1981, 607; OLG Köln VRS 95, 119 m.w.N.). Die verjährungsunterbrechende Wirkung tritt auch dann ein, wenn die Anordnung der Absendung des Anhörungsbogens im Wege der Datenverarbeitung vollautomatisch nach einem von der Bußgeldbehörde vorprogrammierten Fristenplan abläuft (OLG Düsseldorf VRS 64, 455; OLG Köln VRS 66, 362, DAR 2000, 131 und NZV 1994, 78, 79; AG Freiburg NJW 1985, 2657). Zum Nachweis dieses Vorgangs reicht es aus, wenn der Tag der Anordnung oder Versendung des Anhörungsbogens wie geschehen in der Datenhaltung der Bußgeldbehörde vermerkt wird (OLG Brandenburg DAR 1997, 320). Die Verjährung ist des weiteren unterbrochen worden am 14. Dezember 2001 durch den Erlass des Bußgeldbescheids (§ 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG), durch den die Verjährungsfrist gemäß § 24 Abs. 3 StVG zugleich von drei auf sechs Monate verlängert worden ist, und am 28. Februar 2002 sowie am 08. August 2002 durch Anberaumung einer Hauptverhandlung (§ 33 Abs. 1 Nr. 11 OWiG). Nach Verkündung des Urteils des ersten Rechtszugs ruht die Verfolgungsverjährung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens (§ 32 Abs. 2 OWiG).
Die Feststellungen des Amtsgerichts Herne-Wanne tragen aber die Verurteilung der Betroffenen wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht.
Dass das Amtsgericht die Verurteilung lediglich auf die Mitteilung des Messverfahrens und der nach Abzug der Messtoleranz ermittelten Geschwindigkeit gestützt hat, begründet zwar bei Anwendung eines standardisierten Messverfahrens wie des hier benutzten für sich allein genommen keinen sachlich-rechtlichen Fehler des Urteils (BGHSt 39, 291, 303; BGHSt 43, 277). Auch begegnet es keinen Bedenken, wenn das Amtsgericht ohne weitere Begründung annimmt, dass für Zweifel an der Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung durch das standardisierte Messverfahren "keinerlei Veranlassung" besteht. Über die Berücksichtigung von Messtoleranzen hinaus muss der Tatrichter sich nur dann von der Zuverlässigkeit der Messungen überzeugen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler gegeben sind (BGH a.a.O.; Senat, Beschluss vom 22. Januar 2003 in 2 Ss Owi 1148/02, ferner in VRS 102, 218 = NZV 2002, 245 = DAR 2002, 226 = zfs 2002, 404 = VD 2002, 379; OLG Hamm NStZ 1990, 546). Diese...