Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendige Abwägung für eine Verbleibensanordnung eines Kindes in der Pflegefamilie
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Abwägung, ob eine Verbleibensanordnung geboten ist, ist dem Elternrecht und der Grundrechtsposition des Kindes Rechnung zu tragen. Ferner ist das Grundrecht der Pflegefamilie zu berücksichtigen.
Normenkette
BGB § 1632 Abs. 4; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 2 S. 1
Verfahrensgang
AG Olpe (Beschluss vom 06.02.2006; Aktenzeichen 22 F 393/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des AG - FamG - Olpe vom 6.2.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Gründe
Die Kinder ... und ... entstammen einer nichtehelichen Beziehung der 1967 geborenen Beschwerdeführerin zu ... in ... Die Mutter, die das Gymnasium nach dem 10. Schuljahr verließ und nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, heiratete 1988. Im selben Jahr wurde ihr Sohn ... geboren, der bei seinem Vater und später bei dessen Eltern aufwuchs. Jedenfalls seit dem 10. Lebensjahr ... unterhält die Beschwerdeführerin keinen Kontakt mehr zu ihm; ihre Ehe mit dem Kindesvater wurde 1992 geschieden. Im Jahre 2001 lernte sie den als Hausmeister tätigen ... kennen, in dessen Wohnung sie einzog. Aufgrund von Gewalttätigkeiten fand die Beschwerdeführerin mit beiden Kindern, für die sie allein sorgeberechtigt ist, am 1.12.2004 erstmals Aufnahme im Frauenhaus in ... Sie kehrte am 31.12.2004 zu ihrem Freund zurück. Ende Januar 2005 nahm sie mit den Kindern wieder Zuflucht in dieses Frauenhaus. Anfang März 2005 wurden beide Kinder stationär im Krankenhaus behandelt, ... infolge eines Sturzes aus einem Kindersitz. Nach der Rückkehr beider Kinder zur Mutter am 9.3.2005 stellten Mitarbeiterinnen im Frauenhaus Unzulänglichkeiten in der Versorgung der Kinder fest und äußerten angesichts ihres erhöhten Alkoholkonsums den Verdacht auf eine Suchtproblematik. Die Beschwerdeführerin, die sich selbst mit der Betreuung beider Kinder überfordert sah, stellte daraufhin einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung. Unter dem 16.3.2005 teilte die Leiterin des Frauenhauses gegenüber dem Jugendamt der Stadt ... mit, die Situation habe sich zugespitzt, so dass noch vor dem Wochenende eine Inobhutnahme erfolgen solle. Beide Kinder wechselten daraufhin am 19.3.2005 in den Haushalt der Pflegeeltern ..., in dem sie sich bis heute befinden.
Bei den folgenden kinderärztlichen Untersuchungen, beginnend am 21.3.2005, wurden bei ... u.a. deutliche Entwicklungs- und Verhaltensauffälligkeiten festgestellt, insbesondere mangelndes Sprachvermögen, nicht altersgerechte Feinmotorik und nicht altersgerechtes Essverhalten sowie Anfälle von Jähzorn. Die Kinderklinik ... attestierte am 29.11.2005 bei ... noch eine statomotorische Entwicklungsverzögerung und bei ... eine leicht grobmotorische Koordinationsstörung. Die Mutter wohnt seit dem 1.5.2005 allein in ..., die Beziehung zum Kindesvater ist beendet. Die Besuchskontakte mit den Kindern, die zumeist in ... in den Räumlichkeiten eines Gemeindehauses stattfinden, nimmt sie regelmäßig wahr. Sie steht ferner in ständigem Kontakt zum Jugendamt der Stadt ..., bei dem sie auch einen Antrag auf familienunterstützende Erziehung gestellt hat. Darüber hinaus hat sie an "Selbsthilfegruppen" des ... und der ... teilgenommen und sich in eine psychotherapeutische Behandlung in der Beratungsstelle für Frauen und Mädchen (ZfB) in ... begeben. Schon in einem Hilfeplangespräch vom 25.7.2005 äußerte sie den Wunsch, die Kinder zu sich zurückzuholen.
Die Pflegeeltern haben behauptet, die Mutter leide nach wie vor an einer Alkoholproblematik, was sich z.B. daran zeige, dass sie noch im Juli 2005 Spirituosen ("kleine Schnapsflaschen") bei sich gehabt habe. Sie sei weiterhin nicht in der Lage, sich mit beiden Kindern gleichzeitig zu beschäftigen oder auch nur deren körperliche Sicherheit zu gewährleisten. ... und ... hätten binnen kurzer Zeit enge Bindungen zu ihnen, den Pflegeeltern, entwickelt und erlitten schweren seelischen Schaden, wenn sie nunmehr zur Mutter zurückkehren müssten. Erst recht könne die Mutter die negativen Folgen einer eventuellen Traumatisierung der Kinder durch die Trennung von ihnen nicht gering halten, zumal die Kinder eine erneute Trennung von ihren Hauptbezugspersonen nicht verkraften könnten.
Unter dem 26.9.2005 haben die Pflegeeltern beantragt, gemäß § 1632 Abs. 4 BGB das Verbleiben beider Kinder bei ihnen anzuordnen.
Die Kindesmutter hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat ihrerseits unter dem 29.09.2005 beantragt, die Herausgabe der Kinder anzuordnen.
Die Pflegeeltern haben beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Die Kindesmutter hat betont, es gehe ihr nicht um eine sofortige Rückführung ... und ..., sondern um eine solche, die den Belangen der Kinder Rechnung trage. Allerdings stimme sie einem endgültigen Verbleib der Kinder in der Pflegefamilie nicht zu, zumal sie ...