Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückgewinnungshilfe. Verfall. Abgrenzung für/aus der Tat Erlangtes. Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO. Zuständigkeiten im Rahmen der Rückgewinnungshilfe
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Entlohnung des Gehilfen einer Steuerhinterziehung handelt es sich um etwas für die Tat Erlangtes im Sinne des § 73 Abs. 1 S. 1 1. Alt. StGB.
2. Verletzter im Sinne des § 111i Abs. 3 S. 5 StPO ist nur der durch die abgeurteilte Tat Verletzte.
3. Ein Verzicht des Verletzten auf eine Mithaftung des Gehilfen führt nicht nach § 111i Abs. 3 S. 5 StPO zur Aufhebung des dinglichen Arrestes in dessen Vermögen.
4. Die Aufhebung des dinglichen Arrestes nach § 111i Abs. 3 S. 5 StPO setzt einen Antrag des Betroffenen voraus.
5. Die Zuständigkeit für die Vollziehung vollstreckungssichernder Anordnungen richtet sich in allen Verfahrensstadien nach § 111f StPO. Für die Anordnung gemäß § 111e Abs. 1 StPO und für die Aufrechterhaltung des dinglichen Arrestes als solchen ist dagegen gemäß § 111i Abs. 3 S. 1 StPO das Gericht zuständig.
Normenkette
StGB § 73 Abs. 1; StPO § 111i Abs. 3, §§ 111f, 111e Abs. 1, § 111i Abs. 2
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 21 KLs 18/12) |
Tenor
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Aufhebung des dinglichen Arrestes wird auf Kosten des Verurteilten als unbegründet verworfen.
Der Tenor des angefochtenen Beschlusses wird aufgehoben, soweit die Anträge des Verurteilten auf Aufhebung der Pfändungsbeschlüsse der Staatsanwaltschaft Essen vom 01. Juni 2010 zurückgewiesen worden sind.
Eine gerichtliche Entscheidung über eine Aufhebung der Pfändungsbeschlüsse ist derzeit nicht veranlasst.
Gründe
I.
Die I. große Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Essen hat den Beschwerdeführer mit Urteil vom 13. Juni 2013 wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung, begangen in 27 tateinheitlich zusammentreffenden Einzelfällen, verwarnt und die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10 € vorbehalten. Es wurde festgestellt, dass der Verurteilte aus der Beihilfe zur Steuerhinterziehung, begangen in 27 tateinheitlich zusammentreffenden Einzelfällen, Vorteile in Höhe von insgesamt 27.000 € erlangt und die Kammer nur deshalb nicht auf den Verfall von Wertersatz in dieser Höhe erkannt hat, weil dem Ansprüche Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB entgegenstehen.
Mit Beschluss vom selben Tag hat die Wirtschaftsstrafkammer den ursprünglichen dinglichen Arrest des Amtsgerichts Essen vom 31. Mai 2010 - Az. 44 Gs 2227/10 - gemäß § 111i Abs. 3 StPO in Höhe von 27.000 € für drei Jahre ab Rechtskraft des Urteils aufrechterhalten und die sichergestellten Vermögenswerte näher bezeichnet.
Der Verurteilte hat mit Schreiben seines Verteidigers vom 01. Juli 2013 und vom 27. September 2013 zunächst beantragt, die Pfändung seiner Konten bei der Kreissparkasse L, Kontonummern #####/#### und #####/####, aufzuheben. Mit Pfändungsbeschluss der Staatsanwaltschaft Essen vom 01. Juni 2010 waren sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen des Verurteilten aus allen vorhandenen Geschäftsverbindungen bei der Kreissparkasse L in Höhe von 48.000.000 € gepfändet worden. Gemäß der Drittschuldnererklärung vom 08. Juni 2010 wies das Girokonto Nr. #####/#### ein Guthaben von 2.295,24 € und das Privatgirokonto Nr. #####/#### ein Guthaben von 1.655,37 € auf.
Mit weiterem Schreiben vom 09. Juli 2014 hat der Verurteilte beantragt, den Beschluss des Landgerichts Essen vom 13. Juni 2013, mit dem der dingliche Arrest bis zur Höhe eines Betrages von 27.000 € aufrechterhalten wurde, sowie die Pfändungsbeschlüsse der Staatsanwaltschaft Essen insgesamt aufzuheben.
Mit weiteren anwaltlichen Schreiben vom 01. Juni 2015 und 16. Juni 2015 hat er seine Anträge näher begründet. Er hafte nach einer entsprechenden Absprache mit dem Finanzamt nicht für vom Haupttäter X hinterzogene Rennwettlotteriesteuern und habe seine eigenen Einkommensteuerschulden inzwischen beglichen.
Diese Anträge hat die Wirtschaftsstrafkammer mit dem angefochtenen Beschluss vom 22. Juni 2015 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Verurteilten vom 01. Juli 2015.
Die Wirtschaftsstrafkammer hat der Beschwerde mit Beschluss vom 09. Juli 2015 nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss ist zwar nach § 304 StPO statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet.
Der mit Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 31. Mai 2010 angeordnete und mit Beschluss der Wirtschaftsstrafkammer vom 13. Juni 2013 aufrechterhaltene dingliche Arrest ist nicht gemäß § 111i Abs. 3 S. 5 StPO aufzuheben.
Nach § 111i Abs. 3 S. 5 StPO hebt das Gericht die Beschlagnahme (§ 111c StPO) oder den dinglichen Arrest (§ 111d StPO) auf Antrag des Betroffenen auf, soweit der Verletzte innerhalb der Frist des § 111i Abs. 3 S. 1 u. 2 StPO nachweislich aus Vermögen befriedigt wird, das nicht beschlagnahmt oder im Wege der Arrestvollziehung gepfändet worden ist.
1.
Die Vorschrift des § 111i StPO ist vorliegend anwendbar, obwohl - wie die Generalstaatsanwaltschaf...