Leitsatz (amtlich)

Im Falle der Anordnung einer Nacherbfolge unter der Bedingung, dass der Vorerbe nicht letztwillig anderweitig über den ererbten Nachlass verfügt, darf die Eintragung des Nacherbenvermerks vor dem Tod des Vorerben grundsätzlich nicht unterbleiben. Denn erst mit dem Tod des Vorerben kann die Frage beantwortet werden, ob Nacherbfolge eingetreten ist (Anschluss an Senat, 15 W 102/13 und 15 W 364/18).

 

Normenkette

BGB § 2065 Abs. 2, § 2113; GBO § 51

 

Verfahrensgang

AG Dülmen (Aktenzeichen SD-3153-13)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 289.500,00 Euro festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. In dem im Rubrum näher bezeichneten Grundbuch sind die Beteiligte zu 1) und ihr am 23.02.2018 verstorbener Ehemann F als hälftige Miteigentümer eingetragen.

Die Eheleute F hatten am 16.04.1991 ein notarielles Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt hatten (UR-Nr. .../1991 des Notars L in E). Weiter haben die Eheleute F unter § 2 bestimmt, dass die fünf aus ihrer Ehe hervorgegangenen Kinder die Erben des Letztlebenden sein sollten. Der überlebende Ehegatte sollte jedoch berechtigt sein, "unter unseren Kindern den Erben zu bestimmen". Unter § 3 haben die Eheleute F angeordnet, dass der den erstversterbenden Ehepartner beerbende Ehepartner nur befreiter Vorerbe sein solle und die Kinder Nacherben "mit der Möglichkeit durch den Vorerben den Nacherben gem. Vorstehendem zu bestimmen".

Aus der Ehe der Eheleute F sind neben dem Beteiligten zu 2) auch die Kinder I2 F, C K, T I und X F hervorgegangen. X F ist vor seinem Vater verstorben und hat zwei Abkömmlingen hinterlassen, B und L2 F.

Am 8.04.2019 schlossen die Beteiligten zu 1) und 2) einen Erbvertrag, in dem die Beteiligte zu 1) den Beteiligten zu 2) zu ihrem alleinigen Erben und zum alleinigen Nacherben des verstorbenen F einsetzte. Ersatzerbe und Ersatznacherbe soll der Sohn des Beteiligten zu 2) sein (UR-Nr. .../2019 des Notars I3 in E).

Mit dem nachfolgenden notariellen Vertrag vom 8.04.2019 (UR-Nr. .../2019 des Notars I3 in E) übertragt die Beteiligte zu 1) den vorbezeichneten Grundbesitz auf den Beteiligten zu 2). Den Wert des Grundstücks haben die Beteiligten mit 193.000,00 Euro angegeben, den Wert der von dem Beteiligten zu 2) im Gegenzug zu erbringenden Pflegeleistungen und den Wert des der Beteiligten zu 1) eingeräumten schuldrechtlichen Wohnrechts auf insgesamt 106.884,00 Euro.

Mit Schriftsatz vom 8.05.2019 haben die Beteiligten beantragt, die Beteiligte zu 1) zunächst als Alleineigentümerin einzutragen und sodann den Beteiligten zu 2) aufgrund der vorgenommenen Übertragung als Alleineigentümer einzutragen.

Mit Zwischenverfügung vom 14.05.2019 hat das Grundbuchamt die Auffassung vertreten, dass die in § 3 des notariellen Testaments getroffene Regelung, nach der der überlebende Ehegatte den Nacherben unter den gemeinsamen Kindern auswählen dürfe, unwirksam sei. Nacherben seien daher alle fünf Kinder der Eheleute bzw. an der Stelle des vorverstorbenen Sohnes dessen Abkömmlinge. Da die Übertragung jedenfalls teilweise unentgeltlich erfolgt sei, könnten die Eintragungen nur vorgenommen werden, wenn die Nacherben der Übertragung auf den Beteiligten zu 2) in der Form des § 29 GBO zustimmten.

Die Beteiligten haben die Auffassung vertreten, dass die unwirksame Regelung in dem notariellen Testament umzudeuten sei in eine von den testierenden Ehegatten getroffene Bestimmung, dass die gemeinsamen Kinder nur unter der Bedingung eingesetzt seien, dass der überlebende Ehegatte und Vorerbe keine anderweitige letztwillige Verfügung trifft. Diese letztwillige Verfügung habe die Beteiligte zu 1) mit dem Erbvertrag getroffen, so dass es der Zustimmung der weiteren Kinder nicht mehr bedürfe.

Mit Beschluss vom 17.06.2019 hat das Grundbuchamt beide Anträge zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 19.07.2019, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 13.08.2019 nicht abgeholfen und die es dem Senat vorgelegt hat.

Der Senat hat die Beteiligten mit der ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 23.09.2019 zugestellten Verfügung vom 12.09.2019 auf die Rechtslage hingewiesen und ihnen binnen einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung Gelegenheit zum weiteren Vortrag oder zur Rücknahme der Beschwerde gegeben. Auf den Antrag der Beteiligten ist die am 7.10.2019 endende Frist um 14 Tage verlängert worden. Eine Stellungnahme der Beteiligten ist nicht mehr erfolgt.

II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) ist zulässig (§ 71 GBO), in der Sache aber unbegründet. Das Grundbuchamt hat die Anträge der Beteiligten zu 1) und 2) zu Recht zurückgewiesen.

1. Antrag auf Eintragung der Beteiligten zu 1) als Alleineigentümerin

a) Es kann dahin stehen, ob die beiden Anträge in einem Antragsverbund (§ 16 Abs. 2 GBO) stehen, oder ob den Formulierungen in § 1 des notariellen Vertrags vom 8.04.2019 (UR-Nr. 247/2019 des Notars I3 in E), nach ...

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