Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung trotz neuer Bewährungsstrafe
Leitsatz (amtlich)
Werden neue während der in einer Sache laufenden Bewährungszeit begangene Straftaten mit einer im Wege der §§ 407, 408a StPO durch Strafbefehl verhängten Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, geahndet, so hindert dies einen Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung in der ersten Sache nicht.
Normenkette
StGB §§ 56 f, 56a; StPO §§ 408a, 407
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 StPO) verworfen.
Gründe
I.
Der schon vielfach (meistens) wegen Diebstahls vorbestrafte Verurteilte wurde durch das Amtsgericht Bonn mit Urteil vom 12.09.2007 wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. Nach Verbüßung von 2/3 dieser Strafe hat die Strafvollstreckungskammer die Vollstreckung der Reststrafe mit Beschluss vom 02.04.2009 (rechtskräftig ab dem 17.04.2009) zur Bewährung ausgesetzt und die Entlassung des Verurteilten nach Verbüßung von 2/3 zum 16.06.2009 angeordnet. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgesetzt. Mit Schreiben vom 18.06.2012 hat die Strafvollstreckungskammer den Verurteilten unter Hinweis auf eine Reihe laufender Ermittlungsverfahren darauf hingewiesen, dass ein Straferlass zur Zeit ausscheide und der Verurteilte auch mit einem Widerruf rechnen müsse.
Wegen Taten, die in der Bewährungszeit begangen wurden, ist der Verurteilte inzwischen mehrfach rechtskräftig verurteilt worden. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Koblenz wurde gegen ihn wegen Diebstahls eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 10 Euro verhängt. Die Tat hatte der Verurteilte am 16.07.2011 begangen. Mit Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.12.2012 (45 Ns 56/12 - 221 Js 877/09) wurde gegen ihn eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten verhängt. Den zu Grunde liegenden Diebstahl (CDs im Gesamtwert von 180 Euro) hatte der Verurteilte am 25.04.2009 begangen. Schließlich wurde gegen ihn mit Strafbefehl des Amtsgerichts Siegburg vom 19.12.2013 (208 Ds 64/11 - 665 Js 1721/10) eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr wegen Diebstahls in vier Fällen verhängt. Die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Zu Grunde lagen dem u.a. Diebstahlstaten, die am 31.03.2012 und am 20.07.2012 begangen worden waren. Es handelte sich um Ladendiebstähle (u.a. Modelautos im Wert von 154 Euro). Der Strafbefehl ist nach §§ 407, 408a StPO erlassen worden, weil der Verurteilte zur Hauptverhandlung nicht erschienen war,
Nach schriftlicher Anhörung des Verurteilten hat die Strafvollstreckungskammer mit dem angefochtenen Beschluss die Reststrafenaussetzung zur Bewährung unter Hinweis auf die neue Verurteilung durch das Landgericht Dortmund nach § 56f Abs. 1 StGB widerrufen.
Gegen den Beschluss wendet sich der Betroffene mit der sofortigen Beschwerde, mit der er geltend macht, dass mildere Maßnahmen nach § 56f Abs. 2 StGB ausreichend seien. Er bemühe sich um eine Therapie, mit der er sein "pathologisches Kaufen" aufarbeiten wolle. Vom 12.12.2013 an bis Ende Januar sei er zu diagnostischen Zwecken in der Uniklinik Bonn, Abteilung für Neurologie/Psychiatrie gewesen. Danach könne man sich ein konkretes Bild von seiner Krankheit machen.
Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat beantragt,
die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
Das statthafte und zulässige Rechtsmittel des Verurteilten ist unbegründet. Ein Widerrufsgrund i.S.d. § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt mit der Tat vom 25.04.2009, im Übrigen aber mit den Taten vom 16.07.2011 und vom 31.03.2012 vor. Die Bewährungszeit begann mit der Rechtskraft des Aussetzungsbeschlusses (vgl. § 56a Abs. 2 StGB; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 57 Rdn. 37; Stree/Kinzig in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 56a Rdn. 3) am 17.04.2009, nicht erst mit der Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft.
Mildere Mittel i.S.d. § 56f Abs. 2 StGB reichen hier nicht aus. Zwar liegt die letzte aktenkundig gewordene Straftat des Verurteilten inzwischen über 1 1/2 Jahre zurück. Der Verurteilte zeigt auch Therapiebemühungen, um seine von ihm behauptete Krankheit des "pathologischen Kaufens" zu bekämpfen. Andererseits ist zu sehen, dass der Verurteilte über mehrere Jahrzehnte hinweg immer wieder wegen Diebstahls in Erscheinung getreten ist und ihn weder bereits vollstreckte Freiheitsstrafen noch laufende Bewährungen von der Begehung neuer Straftaten abgehalten haben. Gerade auch die in größeren Zeitabständen begangenen neuen Straftaten in der hier relevanten Bewährungszeit zeigen, dass der bisher nach der letzten bekannt gewordenen Tat eingetretene Zeitablauf nicht hinreichend relevant für eine günstige Prognose ist. Die -wenn auch späten - Therapiebemühungen des Verurteilten sind zwar anerkennenswert, letztlich begründen aber auch sie keine günstige Prognose. In dem Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.12.2012 wird zwar eine Behandlungsbedürftigkeit des Kauf- bzw. Stehlverhaltens des Verurteilten...