Leitsatz (amtlich)
Zum Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung bei Verlängerung einer Geldstrafe im Wege des Strafbefehls.
Verfahrensgang
LG Essen (Entscheidung vom 17.11.2005; Aktenzeichen 21 (4/05) Bew.) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.
Gründe
I.
Das Landgericht Essen hat den Verurteilten am 17.11.2005 wegen Steuerhinterziehung in 11 Fällen unter Einbeziehung einer Strafe aus einer anderen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Dem Verurteilten wurde mit Beschluss vom gleichen Tage ein Bewährungshelfer bestellt und eine teilweise Schadenswiedergutmachung auferlegt.
Der Verurteilung lagen Steuerhinterziehungen zu Grunde, die der Verurteilte als Geschäftsführer der C GmbH begangen hatte. Er hatte in den Jahren 1998 und 1999 Betriebseinnahmen mit Hilfe türkischer Bankverbindungen verschleiert und Betriebsausgaben durch Veränderung bzw. Erstellung von Belegen "verringert". Insgesamt entstand ein Steuerschaden von über 500.000,- DM. Die Strafkammer hatte angesichts der stabilen sozialen Verhältnisse des Verurteilten die Erwartung, dass er sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen würde. Im Urteil heißt es aber auch: "Der Angeklagte sollte allerdings stets bedenken, dass die Begehung einer weiteren Straftat zum Widerruf der Bewährung führen kann".
Der Verurteilte ist vor dieser Verurteilung bzw. vor den abgeurteilten Taten bereits umfänglich strafrechtlich in Erscheinung getreten. Er wurde jeweils mehrfach wegen Betruges, wegen Nötigung, wegen Beleidigung und wegen Körperverletzung zu Geldstrafen verurteilt wurden. Die einbezogene Freiheitsstrafe beruhte auf einer Verurteilung wegen sexueller Nötigung.
Bereits drei Monate nach der vorliegenden Verurteilung beantragte der Verurteilte eine Stundung der Schadenswiedergutmachungsauflage unter Berufung auf gesundheitliche Gründe. Der Nachweis der gesundheitlichen Gründe bzw. der später vorgebrachten Arbeitsunfähigkeit verlief zögerlich. Bisher hat der Verurteilte keine Schadenswiedergutmachungsleistungen erbracht.
Am 16.06.2006 hat die Staatsanwaltschaft Essen (21 Js 216/06) eine neue Anklage zum AG - Strafrichter - Gelsenkirchen erhoben. Sie legt dem Verurteilten eine versuchte Nötigung und eine versuchte Erpressung, begangen am 23.01. und 25.01.2006 zur Last. Danach bot der Verurteilte dem Geschädigten, der sich auf eine Zeitungsanzeige gemeldet hatte, die Geschäftsführerstellung in einer "N GmbH", die er zur Gründung gelangen lassen wollte, an. Als der Geschädigte den Eindruck gewann, dass die GmbH für "dubiose" Geschäfte missbraucht werden sollte, wollte er die GmbH wieder auflösen. Daraufhin rief der Verurteilte bei ihm am 21.01.2006 an und drohte ihm, dass seiner Tochter etwas passieren würde, wenn er die GmbH auflösen würde. Am 25.01.2006 rief er erneut an und verlangte 6.390 Euro für den Fall der Auflösung der GmbH. Anderenfalls wollte er den Geschädigten wirtschaftlich "fertig machen".
Das Amtsgericht Gelsenkirchen hat am 15.02.2007 (rechtskräftig seit dem 13.03.2007) auf Grundlage dieser Anklage einen Strafbefehl mit einer Gesamtgeldstrafe von 140 Tagessätzen (90 Tagessätze für jede Einzeltat) zu je 15 Euro gegen den Verurteilten Erlassen. Nach den Feststellungen im Strafbefehl ist dem Verurteilten die Anklageschrift am 11.09.2006 zugestellt worden. Zum Hauptverhandlungstermin am 15.02.2007 war er trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen.
Unter Berufung auf den Strafbefehl und die fehlende Schadenswiedergutmachung hat die Staatsanwaltschaft Essen den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung beantragt. Nach schriftlicher Anhörung des Verurteilten, der einen Wahlverteidiger hat, hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss die Strafaussetzung zur Bewährung unter Berufung auf den Strafbefehl widerrufen.
Der Verurteilte hat hiergegen fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Er bittet, vom Widerruf abzusehen im Hinblick auf den Gesundheitszustand seiner krebskranken Frau und im Hinblick auf seinen eigenen gesundheitlichen Zustand. Er wisse, dass er in seinem Leben nicht alles richtig gemacht habe.
II.
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Strafaussetzung zur Bewährung zu Recht (nur) nach § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB widerrufen, weil der Verurteilte in der Bewährungszeit neue Straftaten begangen und dadurch gezeigt hat, dass er die Erwartung, die der Strafaussetzung zu Grunde lag, nicht erfüllt hat.
1.
a)
Trotz der eindringlichen Warnung im landgerichtlichen Urteil hat der Verurteilte bereits zwei Monate später erneut Straftaten begangen, die zum Erlass des Strafbefehls geführt haben. Diese Straftaten sind auch einschlägig (was noch nicht einmal zwingende Voraussetzung für einen Widerruf ist, vgl. nur KG, Beschl. v. 02.04.2001 - 1 AR 164/01 - 5 Ws 113/01). Jedenfalls die versuchte Erpressung ist wiederum eine gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat - gleich wie die...