Entscheidungsstichwort (Thema)
Nebenkläger. Verletzter. Klageerzwingungsverfahren. Rechtsbeugung
Leitsatz (amtlich)
1. Im Strafverfahren wegen Verstößen gegen § 339 StGB sind solche Personen nicht verletzt, die weder am Verfahren beteiligt noch unmittelbar in einem Individualrechtsgut betroffen sind, sondern nur ein allgemeines Interesse am Verfahrensausgang haben.
2. Der (unausgeräumte) Verdacht der Begehung eines Verbrechens hindert eine Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO.
3. In der bloßen Anregung einer Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO durch den Vorsitzenden eines Spruchkörpers liegt noch keine für eine Rechtsbeugung erforderliche Entfernung von Recht und Gesetz in schwerer Weise, auch wenn gewisse Anhaltspunkte für das Vorliegen der Verwirklichung eines Verbrechenstatbestands aktenkundig sind.
Normenkette
StPO § 172; StGB § 339
Tenor
Der Antrag wird als unzulässig verworfen, soweit er den Antragsteller L betrifft.
Im Übrigen wird der Antrag auf Kosten der Antragsteller F, B und U als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Die Antragsteller zu 1) bis 3) sind Nebenkläger nach § 395 Abs. 2 Nr. 2 StPO in einem Strafverfahren 600 Js 165/12 der StA Münster gegen den dortigen Angeschuldigten T, gegen den die Staatsanwaltschaft Münster aufgrund des Senatsbeschlusses vom 09.10.2014 (4 Ws 227/14 - Klageerzwingungsverfahren) am 21.12.2014 Anklage wegen Parteiverrats (§ 356 Abs. 1 StGB) und versuchter Nötigung vor dem Landgericht Münster erhoben hat.
Der Antragsteller zu 4) hat am 11.03.2015 Strafanzeige gegen den in dem Verfahren 600 Js 165/12 StA Münster Angeschuldigten gestellt.
Die Antragsteller verfolgen nunmehr die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Vorsitzenden der mit dem Ausgangsverfahren befassten Strafkammer und gegen Oberstaatsanwalt X von der Staatsanwaltschaft Münster. Sie werfen ihnen - zusammengefasst ausgedrückt - Rechtsbeugung vor, weil der Vorsitzende mehrfach eine Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO angeregt und eine Eröffnung des Hauptverfahrens nicht betrieben habe und der beschuldigte Vertreter der Staatsanwaltschaft der zweiten Anregung zur Verfahrenseinstellung zugestimmt hat, obwohl der Verdacht der Verwirklichung des Verbrechenstatbestands des § 356 Abs. 2 StGB bestanden habe. Der Angeschuldigte hat bisher noch keine Zustimmungserklärung abgegeben. In einem Beschwerdeverfahren im Zusammenhang mit einem Ablehnungsgesuch der Antragsteller gegen den Strafkammervorsitzenden im Ausgangsverfahren hatte der Senat seinerzeit (vor Zustimmung durch den Beschuldigten X) ergänzend unter näherer Begründung bemerkt, dass er eine Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO für sachgerecht halte.
Mit Bescheid vom 16.03.2016 hat die Staatsanwaltschaft Münster das Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigten nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und den Vertreter der Antragsteller hiervon - ohne Rechtsmittelbelehrung - benachrichtigt. Die Einstellungsnachricht ist diesem am 21.03.2016 zugegangen. Mit am 23.03.2016 bei der Staatsanwaltschaft eingegangenem Schreiben hat er gegen die Einstellung "Rechtsbehelf" eingelegt. Mit am 16.06.2016 dem Vertreter der Antragsteller zugegangenem - mit Rechtsmittelbelehrung versehenem - Bescheid vom 10.06.2016 hat die Generalstaatsanwältin in Hamm die Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit dem am 17.07.2016 per Telefax beim Oberlandesgericht Hamm eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung, dessen Verwerfung als unbegründet die Generalstaatsanwältin beantragt hat.
II.
Der Senat hat in der oben genannten Besetzung entschieden, da der Senat mit Beschluss vom 06.10.2016 die Ablehnungsgesuche der Antragsteller gegen den Richter am Oberlandesgericht X als unbegründet verworfen hat und dieser daher zur Entscheidung über die Anträge der Antragsteller berufen ist.
III.
Der Antrag der Antragsteller zu 1) bis 3) ist zulässig. Er ist unzulässig, soweit er vom Antragsteller zu 4) gestellt wird.
Die formellen Anforderungen des § 172 Abs. 2 und 3 StPO bzgl. der Einhaltung der Fristen und der Antragsbegründung sind zwar erfüllt. Der Antragsteller zu 4) ist jedoch nicht antragsberechtigt. Antragsberechtigt im Klageerzwingungsverfahren ist nur der verletzte Antragsteller (vgl. § 172 Abs. 1 StPO). Verletzter i.S. der §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 und Abs. 2 StPO ist nur derjenige Antragsteller, der durch die behauptete Tat unmittelbar in einem eigenen durch die in Betracht kommende materielle Strafrechtsnorm geschützten Rechtsgut betroffen wäre. Im Strafverfahren wegen Verstößen gegen § 339 StGB sind solche Personen nicht verletzt, die weder am Verfahren beteiligt noch unmittelbar in einem Individualrechtsgut betroffen sind, sondern nur ein allgemeines Interesse am Verfahrensausgang haben (OLG Karlsruhe NStZ-RR 2001, 112 f.). Durch die Anregung einer Verfahrenseinstellung bzw. der Zustimmung hierzu ist der Antragsteller zu 4) nicht unmittelbar in einem Individualrechtsgut betroffen. Er ist auch nicht an dem Ausgangsverfahren betei...