Entscheidungsstichwort (Thema)

Strafvollzug: Rechtsbeschwerde. aufschiebende Wirkung

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 116 Abs. 3 S. 1 StVollzG haben Rechtsbeschwerden in Strafvollzugssachen keine aufschiebende Wirkung; diese Regelung ist nicht auf für einen Gefangenen belastende Entscheidung beschränkt (a.A. OLG Bremen, Beschluss vom 17.03.1983 - Ws 56/83 -, NStZ 1983, 527). Die Vollzugsbehörde ist daher verpflichtet, eine dem Antrag eines Gefangenen entsprechende Entscheidung der Strafvollstreckungskammer auszuführen. Dies gilt auch bei einem stattgebenden Verpflichtungsbegehren, solange nicht eine Außervollzugsetzung der angefochtenen gerichtlichen Entscheidung gemäß § 116 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 114 Abs. 2 StVollzG angeordnet oder eine anderslautende Sachentscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren ergangen ist.

 

Normenkette

StVollzG § 116 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Entscheidung vom 29.09.2017; Aktenzeichen IV 2 StVK 309/16)

 

Tenor

Der Vollzug der gerichtlichen Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 29.09.2017 wird gemäß § 116 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 114 Abs. 2 StVollzG bis zur Entscheidung des Senats über die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin ausgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller befindet sich seit März 2010 und nach zwischenzeitlicher Haftunterbrechung ab November 2014 wieder in der Sicherungsverwahrung, derzeit in der JVA X.

Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 13.10.2016 begehrt der Antragsteller, der Antragsgegnerin gem. § 14 Abs. 2 SVVollzG zu verbieten, ihn in seiner Mittagsruhe zwischen 13:00 und 16:00 Uhr zu stören und seine gesetzlich verankerte Privats- und Intimssphähre zu respektieren und zu gewährleisten (ebenso § 44 Abs. 1 SVVollzG), der Antragsgegenerin zu verbieten, Post generell irgendwo und je nach Bedienstetem nach Belieben, in seinem Zimmer abzulegen sowie die Feststellung der Rechtswidrigkeit aufgrund der Wiederholungsgefahr.

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg hat mit Beschluss vom 29.09.2017 unter Hinweis auf das Recht des Betroffenen auf Wahrung seiner Privatsphäre der Antragsgegnerin verboten, das Zimmer des Antragstellers in der Zeit von 13:00 Uhr bis 16:00 Uhr zu betreten, soweit keine Durchsuchung nach § 64 SVVollzG NRW durchgeführt wird. Im Übrigen hat die Strafvollstreckungskammer die Anträge auf gerichtliche Entscheidung vom 13.10.2016 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss, der der Antragsgegnerin am 12.10.2017 zugestellt wurde, wendet sich die Antragsgegnerin mit einer Rechtsbeschwerde vom 09.11.2017, die am 10.11.2017 beim Landgericht Arnsberg einging. Die Antragsgegnerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss des Landgerichts Arnsberg aufzuheben und den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.

Darüber hinaus beantragt sie,

den Vollzug der gerichtlichen Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 29.09.2017 gemäß § 116 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 114 Abs. 2 StVollzG bis zur Entscheidung des Senats über die Rechtsbeschwerde auszusetzen.

II.

1.

Der Antrag auf Aussetzung des Vollzugs des Beschlusses der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 29.09.2017 ist zulässig.

Nach § 116 Abs. 3 Satz 1 StVollzG haben Rechtsbeschwerden in Strafvollzugssachen keine aufschiebende Wirkung. Die Vollzugsbehörde ist daher verpflichtet, wenn die Strafvollstreckungskammer dem Antrag eines Gefangenen auf gerichtliche Entscheidung entsprochen hat, diese Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts auszuführen. Dies gilt auch bei einem stattgebenden Verpflichtungsbegehren, solange nicht auf Antrag der Vollzugsbehörde eine Außervollzugsetzung der angefochtenen gerichtlichen Entscheidung gemäß § 116 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 114 Abs. 2 StVollzG angeordnet oder eine anderslautende Sachentscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren ergangen ist (vgl. Laubenthal, in: Schwind u.a. [Hrsg.], Strafvollzugsgesetz, 6. Aufl. 2013, § 116 Rn. 13, OLG Celle, Beschluss vom 14. Juli 2016 - 1 Ws 323/16 (StrVollz) - juris, OLG Hamm, Beschluss vom 06. September 1979 - 1 Vollz (Ws) 71/79 -, juris) Soweit teilweise vertreten wird, die Vorschrift des § 116 Abs. 3 StVollzG sei auf den Antragsteller belastende und folglich auch von diesem angegriffene Entscheidungen beschränkt (OLG Bremen, Beschluss vom 17. März 1983 - Ws 56/83, NStZ 1983, 527; Arloth, StVollzG, 4. Aufl. 2017, § 116 Rn. 7), steht dem der eindeutige Wortlaut der Norm entgegen. Vor diesem Hintergrund ist der Antrag der Antragsgegnerin auf Aussetzung des Vollzuges statthaft. Zudem ist dem Erfordernis einer gemeinsam mit dem Antrag auf Aussetzung des Vollzuges eingelegten Rechtsbeschwerde Genüge getan. Zuständig für die Entscheidung ist der Senat als das Gericht, das über die Rechtsbeschwerde zu entscheiden hat (vgl. Laubenthal, in: Schwind u.a. [Hrsg.], Strafvollzugsgesetz, 6. Aufl. 2013, § 116 Rn. 13).

2.

Der Antrag ist auch begründet.

Bei der Prüfung, ob der Vollzug einer gerichtlichen Entscheidung gemäß § 116 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 114 Abs. 2 ...

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