Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung des Tatrichters, vom Fahrverbot abzusehen oder nicht abzusehen, ist vom Rechtsbeschwerdegericht in Zweifel "bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen.
Verfahrensgang
AG Iserlohn (Entscheidung vom 19.11.2007) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Betroffenen durch Urteil vom 01. Juni 2007 wegen fahrlässiger Nichtbefolgung einer Wechsellichtzeichenanlage gem. §§ 37 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG zu einer Geldbuße von 125,00 EUR verhängt und außerdem gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt. Auf die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat der Senat mit Beschluss vom 30. August 2007 (2 SsOWi 527/07 OLG Hamm) das Urteil des Amtsgerichts im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Iserlohn zurückverwiesen. Dieses hat den Betroffenen durch das angefochtene Urteil vom 19.11.2007 erneut wegen fahrlässiger Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens zu einer Geldbuße von 125,00 EUR verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Dagegen hat der Betroffene erneut Rechtsbeschwerde eingelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde gem. § 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
Das Amtsgericht hat seine Rechtsfolgenentscheidung, die vom Senat im Beschluss vom 30. August 2007 zunächst als lückenhaft beanstandet worden ist, nunmehr wie folgt begründet:
"Der heute 27jährige Betroffene, bußgeldrechtlich bis zur Verfehlung vom 27.08.2006 noch nicht und offensichtlich bis zur Hauptverhandlung auch weiter nicht vorbelastet, ist verheiratet. Seine Ehefrau erwartet ein zweites Kind; sie nicht berufstätig. Der Betroffene selbst ist gelernter Kfz-Mechaniker und arbeitet bei der Märkischen Verkehrsgesellschaft GmbH, die im Märkischen Kreis einen Linienbusbetrieb mit mehr als 160 Kraftomnibussen betreibt. Bei einem Gehalt von 1600 EUR (Lohnsteuerklasse IV) ist der Betroffene in der Betriebswerkstatt beschäftigt und zuständig für die Wartung und Reparatur der betriebseigenen Busse. Mit ihm in der Betriebswerkstatt sind weitere sieben Kollegen sowie zwei Vorarbeiter dort eingesetzt. Zu den Aufgaben des Betroffenen gehört es auch, in einem Pannenfall das in Lüdenscheid angesiedelte Betriebsgelände zu verlassen und verunfallte oder liegengebliebene Kraftomnibusse vor Ort zu reparieren oder zum Betriebsgelände zurück zu bringen. Der Betroffene verfügt ab dem 01.01.2008 über 23 Urlaubstage. Zudem kann er durch Leistung von Überstunden weiteren Urlaub beanspruchen. Bis zu 50 Überstunden können angespart und dann ausbezahlt oder per Urlaub abgegolten werden. Für das Jahr 2007 stehen dem Betroffenen noch 10 Tage Resturlaub zu. Insoweit hat er bereits Urlaub für November/Dezember beantragt.
Seitens des Arbeitgebers, so glaubhaften Angaben des insoweit vernommenen Zeugen X., Justiziar der MVG, ist der Betroffene für die Ausübung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten auf einen Führerschein angewiesen, die Vollstreckung eines Fahrverbotes für die Dauer eines Monats könne aber lediglich zu einer arbeitsrechtlichen Abmahnung, keinesfalls zu einer - arbeitsgerichtlich haltbaren - Kündigung führen. Es stoße zwar innerbetrieblich auf Organisationsprobleme, wenn ein Arbeitnehmer für einen Monat Urlaub beanspruche oder erhalte, dies sei jedoch möglich und die Werkstatt, in der der Betroffene im Team arbeite, sei mit 10 Personen besetzt. Urlaubswünsche würden seitens der MVG regelmäßig erfüllt. Finanzielle Folgen habe der Betroffene bei Hinnahme eines Fahrverbots nicht zu befürchten.
Bei der Bemessung der zu verhängenden Geldbuße hat das Gericht erneut berücksichtigt, dass der Betroffene bislang, dass heißt auch nach dem hier zu Grunde liegenden Verkehrsverstoß bußgeldrechtlich nicht aufgefallen ist. Die Tat liegt auch schon lange, mehr als ein Jahr zurück. Das Gericht hat sich ferner an den mitgeteilten Einkommensverhältnissen des Betroffenen orientiert. Es sah jedoch keine Veranlassung, vorliegend von der im bundeseinheitlich geregelten Bußgeldkatalog für sogenannte qualifizierte Rotlichtverstöße vorgesehene Geldbuße von 125 EUR nach oben oder unten abzuweichen. Das Gericht hält diese Geldbuße nach wie vor für tat- und schuldangemessen und hat auf sie erkannt.
Gegen den Betroffenen war des weiteren auch ein Fahrverbot von der Dauer eines Monats festzusetzen, da die vorliegende Ordnungswidrigkeit hier unter grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers, wenn auch fahrlässig begangen wurde. Um des eigenen schnelleren Fortkommens willens hat er sich hier über verbindliche und andere Verkehrsteilnehmer (bereits gestarteter Querverkehr) schützende Verkehrsnormen hinweggesetzt.
Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Betroffene allein durch die Verhängung einer, möglicherweise auch erhöhten Geldbuße nicht zu verkehrsgerechtem Verhalten anzuhalten ist. Dabei verkennt das Gericht auch nicht...