Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe für Verteidigung gegen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung
Leitsatz (amtlich)
1. Da für die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 242 S. 1 FamFG die Rechtshängigkeit des Abänderungsantrages auf Herabsetzung in der Hauptsache nicht erforderlich ist, sondern insoweit die Anhängigkeit oder die Einreichung eines Verfahrenskostenhilfeantrages ausreicht, kommt auch die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Verteidigung gegen den Antrag auf einstweilige Anordnung vor Rechtshängigkeit der Hauptsache in Betracht.
2. Demgegenüber kann Verfahrenskostenhilfe für die Rechtsverteidigung in der Hauptsache erst dann bewilligt werden, wenn der Abänderungsantrag nicht nur anhängig, sondern rechtshängig ist.
Normenkette
FamFG §§ 242, 113; ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Warendorf (Aktenzeichen 9 F 522/10) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert.
Dem Antragsgegner wird zur Verteidigung gegen die beantragte einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt G aus H beigeordnet.
Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO zulässig, in der Sache jedoch nur teilweise begründet.
Das AG hat dem Antragsgegner zu Unrecht Verfahrenskostenhilfe zur Verteidigung gegen den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung verweigert.
Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist nach § 242 S. 1 FamFG möglich, wenn ein Abänderungsantrag auf Herabsetzung anhängig oder hierfür ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe eingereicht ist. Rechtshängigkeit des abänderungsverfahrens ist danach nicht erforderlich.
Soweit sich die Tätigkeit des Anwalts auf das Einstellungsverfahren beschränkt, fällt hierfür eine Verfahrensgebühr analog Nr. 3328 RVG-VV an (vgl. Keidel-Meyer-Holz, FamFG, 16. Aufl., § 242 Rz. 14), so dass auch ein Bedürfnis für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe besteht.
Die Erfolgsaussichten der Verteidigung des Antragsgegners gegen den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ergeben sich, worauf der Antragsgegner zu Recht hinweist, aus dem Beschluss des AG vom 17.8.2010, durch den die Anträge des Antragstellers auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe und einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückgewiesen wurden.
Im Übrigen hat das AG dem Antragsgegner zu Recht Verfahrenskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht gem. §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 114 ZPO verweigert.
Zur Verteidigung gegen Begehren, die mangels Klagezustellung noch nicht rechtshängig geworden sind, darf Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt werden (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 114 Rz. 25 mit Verweis auf BGH FamRZ 2004, 1708 (1709)). Solange eine Klage noch nicht erhoben ist und auch nicht feststeht, ob sie jemals erhoben wird, braucht sich der Gegner vor Gericht nicht zu verteidigen (BGH, a.a.O.).
Vorliegend ist keine förmliche Zustellung des Abänderungsantrags erfolgt, weder an die gesetzliche Vertreterin des Antragsgegners noch an den Antragsgegner-Vertreter. Beiden sind lediglich Abschriften der Antragsschrift formlos zur Stellungnahme binnen einer Woche übersandt worden. Das Verfahren war damit lediglich anhängig, jedoch noch nicht rechtshängig, da die Rechtshängigkeit erst mit Zustellung eintritt (§§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 261, 253 ZPO).
Zutreffend ist, dass bei gleichzeitiger Einreichung von PKH/VKH-Gesuch und Klage neben dem PKH/VKH-Verfahren auch der Rechtsstreit als solcher anhängig wird (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 117 Rz. 7 m.w.N.), es sei denn, der Antragsteller stellt eindeutig klar, dass er den Klageantrag nur bedingt für den Fall der PKH/VKH-Bewilligung stellen will (Geimer, a.a.O.).
Fehlt eine Klarstellung, so wird die Klage nicht dadurch zugestellt, dass die Klageschrift und das PKH/VKH-Gesuch formlos an den Gegner zur Stellungnahme übersandt wird (Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 117 Rz. 8; OLG Karlsruhe FamRZ 1988, 91; OLG Nürnberg, FamRZ 2000, 36). § 189 ZPO ist auf solche Sachverhalte nicht anwendbar (Geimer, a.a.O., BGHZ 7, 270).
Mangels Rechtshängigkeit des Abänderungsverfahrens kann zur Verteidigung daher keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 113 Abs. 1 S. 2, 127 Abs. 4 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2658015 |
FamRZ 2011, 1317 |