Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung des Rechtspflegers nach § 349 Abs. 1 FamFG, ein gemeinschaftliches Testament nach dem Tode des erstverstorbenen Ehegatten mit seinem ganzen Inhalt bekanntzugeben, weil eine Trennung der Verfügungen nicht möglich sei, ist als Endentscheidung i.S.d. § 58 Abs. 1 FamFG zu bewerten, ohne dass es auf die gewählte Formulierung als Ankündigung oder Anordnung einer bestimmten Verfahrensweise oder Ablehnung eines "Antrags" auf eine inhaltlich beschränkte Eröffnung ankommt.
Normenkette
FamFG § 58 Abs. 1, § 349 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Beckum (Aktenzeichen IV 102/03) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte ist der Ehemann der Erblasserin, die am 24.1.2011 verstorben ist. Er hatte jeweils gemeinsam mit seiner Ehefrau am 2.10.1972 und 5.3.2003 vor dem Notar X S in O ein Testament errichtet (Ur-Nr..../... bzw./...), die das Nachlassgericht am 10.2.2011 eröffnet hat. In diesem Termin hat das Nachlassgericht angekündigt, den weiteren Beteiligten den sie betreffenden Inhalt der Verfügungen von Todes wegen bekannt zu machen. Mit Beschluss vom 28.2.2011 hat es mit der Begründung, die Testamente enthielten keine Verfügung, die sich absondern lasse, angekündigt, den gesetzlichen Erben, und zwar den Kindern nach den verstorbenen Söhnen I-K und W der Erblasserin und des Beteiligten, den vollständigen Inhalt der letztwilligen Verfügungen bekannt zu machen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten, der der Auffassung ist, aus dem gemeinschaftlichen Testament vom 5.3.2003 seien den vom AG genannten Personen nicht die §§ 2 bis 4 bekannt zu machen. § 2 dieses gemeinschaftlichen Testaments betrifft die gemeinsame Einsetzung eines Schlusserben und dessen Ersatzerben durch die Eheleute T (die Ersatzerben sind nicht in dem amtsgerichtlichen Beschluss als Beteiligte, denen der Inhalt der Testamente bekannt zu machen sei, benannt; vgl. hierzu aber OLG Hamm NJW-RR 1994, 75), § 3 betrifft Zahlungsverpflichtungen des Schlusserben bzw. seiner Ersatzerben sowie eine Regelung zur Nichtanrechnung der Übertragung des Hausgrundstücks C Flur X Flurstück X, § 4 die Aussetzung von Vermächtnissen, u.a. zugunsten der Kinder des verstorbenen Sohnes W.
Das AG half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Senat zur Entscheidung vor.
II. Die Beschwerde ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft, weil es sich um eine Endentscheidung im Sinne dieser Vorschrift handelt. Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass der Beschluss des AG eine weitere Verfahrenshandlung, nämlich die schriftliche Bekanntgabe des eröffneten gemeinschaftlichen Testaments in seinem vollen Umfang an die weiteren Beteiligten, lediglich ankündigt. Als Endentscheidung sind nur solche anfechtbar, durch die das erstinstanzliche Hauptverfahren ganz oder teilweise erledigt wird (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl., § 58 Rz. 16). Im Gegensatz dazu sind entscheidungsvorbereitende Zwischenentscheidungen nach § 58 Abs. 1 Halbs. 2 FamFG nur anfechtbar, sofern dies besonders im Gesetz vorgesehen ist. Der Begriff der Endentscheidung muss im Einzelfall mit Rücksicht auf den Inhalt des jeweils zu vorzunehmenden Geschäfts der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestimmt werden. Die Bekanntgabe eines eröffneten gemeinschaftlichen Ehegattentestaments an die Beteiligten ist nicht lediglich eine tatsächliche Handlung, sondern hat nach § 349 Abs. 1 FamFG zu unterbleiben, soweit sich die Verfügungen des überlebenden Ehegatten von denen des Erstverstorbenen trennen lassen. Der funktionell zuständige Rechtpfleger des Nachlassgerichts muss also nach dem Maßstab der gesetzlichen Vorschrift eine Entscheidung darüber treffen, ob und in welchem Umfang eine solche Trennung möglich ist und ob dementsprechend die Bekanntgabe des eröffneten gemeinschaftlichen Testaments an die Beteiligten nur teilweise oder in vollem Umfang zu erfolgen hat. Die spätere Versendung der Abschriften der letztwilligen Verfügung schließt zwar das Geschäft ab, hat aber lediglich die Bedeutung der tatsächlichen Ausführung der zuvor von dem Rechtspfleger getroffenen Sachentscheidung. Wenn also die als Ankündigung oder Anordnung formulierte Entscheidung des Rechtspflegers, im Hinblick auf die Bekanntgabe des gemeinschaftlichen Testaments in bestimmter Weise zu verfahren, die maßgebende Weichenstellung für den Abschluss des Geschäfts darstellt, ist es gerechtfertigt, diese Anordnung als Endentscheidung i.S.d. § 58 Abs. 1 FamFG zu verstehen und damit deren Nachprüfung im Beschwerdeverfahren zu eröffnen (zweifelnd OLG Düsseldorf FGPrax 2011, 48, dessen Entscheidung indessen maßgebend auf der fehlenden Beschwerdebefugnis des die Beschwerde in eigenem Namen führenden Notars beruht). Dies gilt nach Auffassung des Senats unabhängig davon, wie die Entscheidung des Rechtspflegers formuliert ist, ob also etwa ein "Antrag" (die Verrichtungen des Nachlassgerichts nach den §§ 348, 349 FamFG sind Amtsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkei...