Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert im Bauprozess
Normenkette
GKG a.F. § 19 Abs. 3; BGB § 387
Verfahrensgang
LG Detmold (Beschluss vom 18.06.2004; Aktenzeichen 1 O 173/99) |
Tenor
I. Der erstinstanzliche Streitwert ab dem 6.4.2000 wird in Abänderung des Beschlusses des LG vom 18.6.2004 auf 677.147,41 EUR (395.289,21 EUR + 276.858,20 EUR+ 5.000 EUR) festgesetzt.
II. Der Berufungsstreitwert und der Vergleichswert werden auf 394.419,21 EUR festgesetzt.
III. Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen zu 7 % die Klägerin und zu 93 % der Beklagte.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 12 % die Klägerin und zu 88 % der Beklagte. Die Vergleichskosten werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
I. Der erstinstanzliche Streitwert war gem. § 25 Abs. 2 S. 2 GKG a.F. in Abänderung des Beschlusses des LG Detmold vom 18.6.2004 ab dem 6.4.2000 auf 677.147,41 EUR (395.289,21 EUR + 276.858,20 EUR + 5.000 EUR) festzusetzen.
Grundlage der Berechnung des Gebührenstreitwertes ist der mit 395.289,21 EUR bezifferte Wert der Klageforderung. Dieser entspricht dem seitens der Klägerin berechneten Restwerklohnanspruch für das von ihr erbrachte Gewerk.
1.a) Der Gebührenstreitwert erhöht sich nicht dadurch, dass der beklagte Auftraggeber dieser Werklohnforderung - neben der Kürzung wegen eines seiner Behauptung nach vereinbarten "Nachlasses/Rabattes" sowie angeblich seitens der Klägerin nicht erbrachter Leistungen - (hilfsweise) eigene Ansprüche auf Schadensersatz nach § 13 Nr. 7 VOB/B bzw. § 635 BGB a.F. wegen einzelner Mängel des Gewerkes entgegensetzt hat.
In dieser Vorgehensweise liegt - entgegen der vom Beklagten hierfür gewählten Formulierung - keine gem. § 19 Abs. 3 GKG a.F. zur Streitwertkumulation führende (Hilfs-)Aufrechnung i.S.d. § 387 BGB. Es handelt sich vielmehr um die einheitliche Abrechnung/Verrechnung unselbständiger Rechnungsposten, und zwar entsprechend der zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung des ganzen Vertrages nach §§ 325, 326 BGB a.F. entwickelten Differenztheorie. Die Anwendung der Differenzmethode ist auch in der gegebenen Interessenkonstellation sachgerecht.
Dem beklagten Auftragnehmer geht es erklärtermaßen darum, wegen der behaupteten Mängel keine (weitere) Vergütung mehr zahlen zu müssen.
Die von ihm angestrebte Rechtsfolge ergibt sich für den Fall, dass er das Gewerk insgesamt wegen völliger Wertlosigkeit zurückweist und Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages verlangt, in Anwendung der Differenzmethode als Ausfluss des Schadensersatzanspruches gem. § 635 BGB a.F. bzw. § 13 Nr. 5 VOB/B. Der maßgebliche Schaden des Bauherrn liegt hierbei darin, für ein unbrauchbares bzw. mangelhaftes Gewerk des Unternehmers zahlen zu müssen. Diesen Schaden hat ihm der Werkunternehmer zu ersetzen, indem er für sein unbrauchbares Werk keine Vergütung fordert (BGH BauR 1972, 185 [187 f.]; BauR 1978, 224 [226]).
Die Interessenlage ist keine andere, wenn der Auftraggeber - wie hier der Beklagte - die Bauleistung behält und Schadensersatz wegen einzelner Mängel, mithin wegen teilweiser Nichterfüllung des Vertrages beansprucht. Der zu erstattende Schaden des Bauherrn ist kein anderer. Er unterscheidet sich von dem der völligen Wertlosigkeit des Gewerkes lediglich quantitativ und nicht qualitativ. Dementsprechend kann der Auftragnehmer nur eine reduzierte Vergütung für seine Leistung verlangen (so Nichtannahmebeschluss des BGH zu: OLG Naumburg BauR 2001, 1615, für den Schadensersatzanspruch des Bauherrn wegen Planungsfehlern des Architekten; unter Bezugnahme auf: BGH BauR 1978, 224; a.A.: BGH v. 11.3.1982 - VII ZR 128/81, MDR 1982, 572 = BauR 1982, 290 [292], für unvollständig erbrachte Teilleistungen eines Architekten).
b) Der Gebührenstreitwert erhöht sich jedoch um den Wert der vom Beklagten des Weiteren zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzforderung aus § 286 Abs. 1 BGB a.F. wegen Verzuges der Klägerin mit der Fertigstellung des Gewerkes, und zwar i.H.v. 276.858,20 EUR. Der vom Beklagten behauptete Verzugsschaden beläuft sich - laut erstinstanzlichem Schriftsatz vom 20.4.2001 (Bl. 179 ff. GA) - auf insgesamt 541.487,59 DM (168.000 DM Mietausfall + 300.000 DM entgangener Verkaufspreis + 73.487,59 DM Zinsschaden).
Nachdem das LG hinsichtlich dieser (Gegen-)Forderung des Beklagten eine der Rechtskraft fähige Entscheidung getroffen hat, liegen die Voraussetzungen für eine Wertaddition nach § 19 Abs. 3 GKG a.F. vor.
Soweit der Auftragnehmer - wie hier der Beklagte - dem Vergütungsanspruch des Auftraggebers einen Schadensersatzanspruch wegen Verzuges mit der Bauausführung nach § 286 Abs. 1 BGB a.F. entgegensetzt, handelt es sich nicht um die (bloße) Abrechnung/Verrechnung unselbständiger Rechnungsposten, sondern um eine (Hilfs-)Aufrechnung nach § 387 BGB. Ein solcher Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens stellt zumindest in Fällen, in denen die Neuregelungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes noch nicht einschlägig sind, einen ggü. der Werklohnforderung des Auftraggebers selbstständigen Gegen...