Leitsatz (amtlich)
1. Dem Antrag eines Unterhaltsgläubigers auf Feststellung des Rechtsgrundes der unerlaubten Handlung wegen der Nichtbefriedigung zuvor titulierter Unterhaltsansprüche durch den Unterhaltsschuldner fehlt es auch dann nicht an einem Feststellungsinteresse, wenn der Unterhaltsschuldner einen negativen Feststellungsantrag mit dem Ziel erhebt, seinen Widerspruch gegen die Anmeldung der Unterhaltsforderung zur Insolvenztabelle für begründet zu erklären.
2. Die Darlegungs- und Beweislast für die den Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung begründenden Umstände i.S.d. § 302 InsO trifft den Unterhaltsgläubiger; dem Unterhaltsschuldner obliegt es, vom Unterhaltsgläubiger zu widerlegende Tatsachen vorzutragen, die die Annahme rechtfertigen, dass er nicht vorsätzlich gehandelt habe.
Normenkette
BGB § 1603; InsO § 302
Verfahrensgang
AG Marl (Aktenzeichen 11 F 203/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsteller vom ... gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - M vom ... wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Über das Vermögen des Antragsgegners ist das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Antragsteller erstreben in dem vorliegenden, noch nicht rechtshängig gewordenen Verfahren, die Feststellung, dass in der Vergangenheit aufgelaufene Rückstände auf Zahlung von Kindesunterhalt aus dem Urteil des AG - Familiengericht - M vom ... (Az. ... F .../...) auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Antragsgegners beruhen.
In einem anderen mittlerweile ebenfalls beim AG - Familiengericht - M rechtshängigen Verfahren (Az. ... F .../...) erstrebt der Antragsgegner die Feststellung, dass sein Widerspruch gegen die von den Antragstellern zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung auf rückständigen Kindesunterhalt begründet ist, soweit die Forderung auf den Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung gestützt worden ist.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Familiengericht den Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht (§§ 113 I 1, 2 FamFG, 114 ZPO) zurückgewiesen. Es ist der Ansicht, für ihren Antrag auf Feststellung des Bestehens einer Forderung aus unerlaubter Handlung fehle das Rechtschutzbedürfnis, da bereits ein negativer Feststellungsantrag des Antragsgegners mit identischem Verfahrensgegenstand anhängig sei.
II. Die gem. den §§ 113 I 1, 2 FamFG, 127 II 2, 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1) Der Senat teilt zwar die Auffassung des Familiengerichts, dass es an einem Rechtsschutzbedürfnis für den Feststellungsantrag der Antragsteller nicht fehle.
Das Feststellungsinteresse der Antragsteller beruht auf der Möglichkeit, durch ihren Antrag eine Ausnahme ihrer Forderung auf Zahlung von rückständigem Kindesunterhalt von der Restschuldbefreiung gem. § 302 InsO zu erreichen. Da ihre Unterhaltsforderung zwar tituliert, aber nicht der Anspruchsgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung rechtskräftig festgestellt ist, können sie ihr Ziel nur erreichen, indem sie mit dem Feststellungsantrag einen weiteren Titel gegen den Antragsgegner erwirken, in welchem der Rechtsgrund ihres Anspruchs rechtskräftig festgestellt wird. Eine entsprechende Anwendung der §§ 183 II, 184 II InsO scheidet mangels Vorliegens eines Schuldtitels zum Rechtsgrund der unerlaubten Handlung aus (vgl. BGH, Urt. v. 2.12.2010 - IX ZR 41/10 -, abgedruckt in MDR 2011, 130 f.).
Das Feststellungsinteresse der Antragsteller entfällt nicht deswegen, weil der Antragsgegner in einem anderen Verfahren eine negative Feststellungsklage erhoben hat, denn für den Antrag des Antragsgegners auf Feststellung der Begründetheit seines Widerspruchs gegen die zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung der Antragsteller fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis, solange der von den Antragstellern behauptete Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung nicht rechtskräftig festgestellt worden ist (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 15.10.2003 - 13 W 42/03 -, abgedruckt in ZIP 2003, 2311 f.; Schumacher, Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 184 Rz. 8).
2) Die fehlende Erfolgsaussicht der Antragsteller begründet sich jedoch darauf, nicht schlüssig dargelegt zu haben, dass die Nichtbefriedigung ihrer titulierten Unterhaltsansprüche in der Vergangenheit auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Antragsgegners i.S.d. § 302 InsO beruht.
Die im Jahr 2007 titulierten Ansprüche der Antragsteller auf Zahlung von Kindesunterhalt beruhen nicht auf einer unerlaubten Handlung. Der Rechtsgrund der unerlaubten Handlung kann daher nur dadurch erfüllt sein, dass sich der Antragsgegner nachträglich der Erfüllung seiner - titulierten - Unterhaltsverpflichtung entzogen hat (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 22.6.2010 - 13 UF 252/09 -, abgedruckt bei "juris", Rz. 4, 9 ff.). Für die Feststellung einer nachträglichen Erfüllung des Tatbestandes der unerlaubten Handlung wegen Verletzung der Unterhaltspflicht (§§ 823 II BGB, 170 StGB) triff...