Leitsatz (amtlich)
Ein Gericht, bei dem keiner der Beklagten seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, kann nicht allein deswegen gem. § 36 I Nr. 3 ZPO als zuständiges Gericht bestimmt werden, weil bei ihm für einen der Beklagten ein besonderer Gerichtsstand (vorliegend der des Erfüllungsortes, § 29 ZPO) eröffnet ist.
Normenkette
ZPO §§ 29, 36 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
Tenor
Als zuständiges Gericht wird das LG E bestimmt.
Gründe
I. Die Antragsteller haben die Bestimmung des LG C als zuständiges Gericht für eine beabsichtigte Klage beantragt, mit der sie von den Antragsgegnern als Gesamtschuldner in der Hauptsache Schadensersatz in Höhe von 60.000 EUR begehren. Zur Begründung ihrer angeblichen Ansprüche tragen sie unter anderem Folgendes vor:
Im Mai 2015 hätten sie aufgrund eines von einem Notar in I beurkundeten Kaufvertrags von der Antragsgegnerin zu 1 ein in X gelegenes bebautes Grundstück erworben. Der Kaufpreis sei auf Basis eines vom Antragsgegner zu 2 im Auftrag der Antragsgegnerin zu 1 erstellten Wertgutachtens ermittelt worden, wobei im Gutachten dieser Verwendungszweck ausdrücklich benannt sei. Die Antragsgegnerin zu 1 habe ihnen das Haus als Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung angepriesen. Das Haus sei auch bei der Besichtigung so vorgestellt worden, dass jeweils eigenständige Wohnungen im Erd- und Dachgeschoss beständen. Auch der Sachverständige habe die Immobilie entsprechend beschrieben. Dies sei unzutreffend, da das Dachgeschoss mangels Erreichens der erforderlichen lichten Höhe nicht zu Wohnzwecken genutzt werden könne. Die Antragsteller behaupten, die Antragsgegnerin zu 1 habe hinsichtlich des Vorhandenseins zweier Wohnungen unzutreffende Behauptungen zumindest ins Blaue getätigt und sie damit arglistig getäuscht. Der Vertrag zwischen den Antragsgegnern über die Gutachtenerstattung stelle einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Antragsteller dar. Der Antragsgegner zu 2 hafte, da er hinsichtlich der Wohnfläche schuldhaft ein falsches Gutachten erstattet habe. Die zu Wohnzwecken unzureichende lichte Höhe hätte ihm auffallen müssen.
Die Bestimmung des LG C als das für die Klage zuständige Gericht liege schon wegen der Belegenheit der streitgegenständlichen Immobilie nahe. Zudem sei bei der Beurkundung in I eine unerlaubte Handlung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB erfolgt, was den Gerichtsstand gem. § 32 ZPO begründe. Für den Antragsgegner zu 2 lägen der allgemeine Gerichtsstand und der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts in E. Zur Zuständigkeitsbestimmung hat die Antragsgegnerin zu 1 ausgeführt, sie müsse an ihrem Wohnsitz verklagt werden, wo allein vertragliche Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden könnten. Der Antragsgegner zu 2 hat erklärt, keine Bedenken gegen die Bestimmung des LG C zu haben.
II. Das Oberlandesgericht Hamm ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung im Bestimmungsverfahren gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO berufen, da im Verhältnis der LGe in L und E (allgemeine Gerichtsstände der Antragsgegner) sowie des von den Antragstellern als zuständiges Gericht favorisierten LG C der Bundesgerichtshof das nächst höhere Gericht ist und das Oberlandesgericht Hamm von den Antragstellern wegen der Zuständigkeitsbestimmung angerufen wurde.
Die Antragsgegner werden als Gesamtschuldner in Anspruch genommen und sind nach dem zugrunde zu legenden Vortrag der Antragsteller zumindest einfache Streitgenossen gemäß § 60 ZPO. Sie haben keinen gemeinsamen allgemeinen Gerichtsstand. Es ist auch kein anderweitiger gemeinsamer Gerichtsstand für das Klagebegehren zuverlässig zu bestimmen.
Soweit sich die Klage gegen die Antragsgegnerin zu 1 richten soll, besteht zumindest angesichts der Belegenheit des Grundstücks in X im Bezirk des LG C ein besonderer Gerichtsstand gem. § 29 ZPO: Die Antragsteller machen vorliegend Gewährleistungsansprüche geltend, die ihre Grundlage in dem mit der Antragsgegnerin zu 1 geschlossenen Grundstückskaufvertrag haben. Da Gewährleistungsansprüche unmittelbar aus dem ursprünglichen, auf Übereignung einer mangelfreien Sache gerichteten Erfüllungsanspruch folgen, sind sie auch am selben Ort wie diese zu erfüllen; Erfüllungsort der Verkäuferpflicht beim Grundstückskauf ist der Ort der Belegenheit des Grundstücks (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.08.2014 - 11 SV 75/14 - zitiert nach juris, dort Tz. 7; Zöller/Vollkommer, 31. Aufl. 2016, § 29 ZPO Rn. 25 "Schadensersatz").
Soweit sich die Klage gegen den Antragsgegner zu 2 richten soll, liegt der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts gem. § 29 ZPO hingegen in E. Für Klagen auf Schadensersatz wegen der Verletzung einer einem Dritten gegenüber bestehenden Schutzpflicht ist die streitige Verpflichtung im Sinne des § 29 ZPO die Verpflichtung, für deren Nicht- oder Schlechterfüllung Ersatz begehrt wird (BayObLG, Beschl. v. 26.10.2005 - 1Z AR 188/05 - zitiert nach juris, dort Tz. 9). Dies ist vorliegend die Pflicht zur richtigen Begutachtung. Diese Primärpflicht des Sachverständigen aus dem Werkvertrag ist an dessen ...