Entscheidungsstichwort (Thema)
Absehen von der Unterbrechung von Freiheitsstrafen. gesonderter Beschlusses über die Aussetzung der vorab zu verbüßenden Freiheitsstrafe
Leitsatz (amtlich)
Über die Aussetzung der vorab zu verbüßenden Freiheitsstrafe zur Bewährung nach § 57 StGB muss - außer wenn der Verurteilte die nach § 57 Abs. 1 Nr. 3 StGB erforderliche Einwilligung nicht erteilt - ein gesonderter Beschluss getroffen werden. Im Fall des § 454b Abs. 3 StPO ist eine gleichzeitige Entscheidung nach § 57 StGB für sämtliche zu verbüßenden Freiheitsstrafen nicht möglich
Normenkette
StPO § 454b; StGB § 57; BtMG § 35
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Entscheidung vom 08.08.2019; Aktenzeichen 1 StVK 531/19) |
Tenor
- Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 08.08.2019 (Az. III-1 StVK 531 u. 532/19) wird aufgehoben.
- Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse
Gründe
I.
Der Verurteilte befindet sich seit dem 14.12.2016 aufgrund verschiedener Verfahren in Haft. Gegen ihn wird derzeit noch in zwei Verfahren durch die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach die Strafvollstreckung betrieben.
In dem Verfahren 100 Js 1847/13 ist der Verurteilte mit Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 31.08.2015 wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und wegen Verkehrsunfallflucht zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 2 Monaten verurteilt worden. Unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Mönchengladbach-Rheydt vom 09.09.2016, in dem er wegen Erschleichens von Leistungen in 6 Fällen und wegen Diebstahls geringwertiger Sachen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt worden ist, hat das Amtsgericht Mönchengladbach durch Beschluss vom 20.04.2017 die Strafen, unter Auflösung der bereits gebildeten Gesamtstrafen, auf eine neue Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 5 Monaten zurückgeführt.
In dem Verfahren 700 Js 2432/16 ist der Verurteilte durch Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 07.06.2017 wegen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Da der Verurteilte die dieser Verurteilung zugrunde liegende Tat aufgrund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, kommt insoweit eine Zurückstellung gemäß § 35 BtMG in Betracht. Dagegen ist bei der Vollstreckung der Freiheitsstrafe in dem Strafverfahren 100 Js 1847/13 eine Zurückstellung gemäß § 35 BtMG nicht möglich.
Auf Antrag des Verurteilten vom 05.03.2018 änderte die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach mit Verfügung vom 20.03.2018 die Vollstreckungsreihenfolge dahingehend, dass ab dem 25.03.2018 nicht das Verfahren 700 Js 2432/16 vollstreckt wurde, sondern zunächst das Verfahren 100 Js 1847/13, auch über den Zweidrittelzeitpunkt hinaus. Diese Änderung erfolgte, um dem Verurteilten nach vorgezogener (Voll)Verbüßung der nicht zurückstellungsfähigen Freiheitsstrafe im Verfahren 100 Js 1847/13 eine Zurückstellung der weiteren Freiheitsstrafe zu ermöglichen.
Am 04.07.2019 waren zwei Drittel der nicht zurückstellungsfähigen Strafe (Verfahren 100 Js 1847/13) verbüßt. Die (Voll)Verbüßung dieser Strafe wird am 24.04.2020 eingetreten sein. Im Anschluss wäre die Strafe im Verfahren 700 Js 2432/16 bis zum 09.04.2022 zu verbüßen.
Der Verurteilte erklärte am 20.05.2019 schriftlich, mit einer eventuellen bedingten Entlassung gemäß § 57 StGB einverstanden zu sein.
Mit Stellungnahme vom 29.05.2019 äußerte sich die Justizvollzugsanstalt Werl zu einer möglichen bedingten Entlassung des Verurteilten, wobei sie diese nicht befürwortete. Die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach legte mit Verfügung vom 14.06.2019 die Akten der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg zur Entscheidung über die bedingte Entlassung zum Zweidrittelzeitpunkt vor und widersprach einer bedingten Entlassung.
Die Strafvollstreckungskammer sandte das Vollstreckungsheft unter dem 11.07.2019 mit dem Bemerken zurück, dass eine Entscheidung noch nicht veranlasst sei, da der gemeinsame Zweidritteltermin beider Freiheitsstrafen erst am 08.08.2021 anstehe. Daraufhin legte die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach die Akten erneut der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg zur Entscheidung vor, unter Hinweis auf die, auf Antrag des Verurteilten, gemäß § 454b Abs. 3 StPO geänderte Vollstreckungsreihenfolge und den Zweidritteltermin am 04.07.2019 im Verfahren 100 Js 1847/13.
Die Strafvollstreckungskammer wies daraufhin mit Beschluss vom 08.08.2019 den Antrag der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach, eine bedingte Aussetzung des Strafrests nach Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe abzulehnen, als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde zusammengefasst ausgeführt, dass bei der Vollstreckung mehrerer Freiheitsstrafen lediglich eine gemeinsame Zweidrittelentscheidung nach § 57 StGB getroffen werden könne. Gemeinsamer Zweidritteltermin sei ungefähr am 04.01.2021, so dass eine En...