Leitsatz (amtlich)
Ist unter Eheleuten die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die ehemalige Ehewohnung in Streit, so bemisst sich der Verfahrenswert auch dann nach § 48 FamGKG, wenn die Eheleute zwischenzeitlich rechtskräftig geschieden werden.
Normenkette
FamGKG § 48 Abs. 1, 3; FamFG § 200 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 9
Verfahrensgang
AG Paderborn (Aktenzeichen 87 F 64/12) |
Tenor
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. In dem Ausgangsverfahren hat die Antragstellerin den Antragsgegner auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die ehemalige gemeinsame Ehewohnung in Anspruch genommen.
Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute. Die Ehe ist mit Beschluss des AG Paderborn vom 9.11.2011 - 87 F 102/11, rechtskräftig seit dem 20.12.2011, geschieden worden. Seit Januar/Februar 2010 leben die Beteiligten voneinander getrennt. Sie sind Miteigentümer zu je ½ des Einfamilienhauses M in Paderborn. Seit der Trennung der Beteiligten bewohnt der Antragsgegner die Immobilie allein.
Die Antragstellerin hat erstinstanzlich -nach entsprechender schriftlicher Aufforderung- beantragt, den Antragsgegner zur Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung i.H.v. 400 EUR ab dem 1.6.2010 zu verpflichten.
Das AG -Familiengericht- hat daraufhin mit Beschluss vom 30.7.2012 den Antragsgegner verpflichtet, ab dem 1.8.2012 eine monatliche Nutzungsentschädigung i.H.v. 375 EUR sowie an rückständiger Nutzungsentschädigung für den Zeitraum 1.11.2010 bis 31.7.2012 insgesamt 6.836,36 EUR zu zahlen und den weiter gehenden Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss hat sich der Antragsgegner zunächst mit der Beschwerde gewandt. Nach Rücknahme derselben war noch über den Wert des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden.
II. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren ist gem. § 48 I, III FamGKG auf 4.000 EUR festzusetzen.
Soweit die Antragstellerin die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die ehemalige Ehewohnung bis zur Rechtskraft der Scheidung beansprucht, ergibt sich ihr Anspruch aus § 1361b BGB mit der Folge, dass § 48 I FamGKG i.V.m. § 200 I Nr. 1 BGB zur Anwendung kommt. Denn gem. § 200 I Nr. 1 FamFG sind Ehewohnungssachen Verfahren nach § 1361b BGB einschließlich des dort geregelten Anspruchs auf Nutzungsentschädigung (Keidel- Giers, 17. Aufl., § 200 Rz. 8).
Soweit die Antragstellerin die laufende Zahlung einer Nutzungsentschädigung nach Rechtskraft der Scheidung beansprucht, ergibt sich ihr Anspruch aus § 745 II BGB (vgl. OLG Hamm FamRZ 2011, 481; OLG München FamRZ 2007, 1655). Kraft Sachzusammenhangs liegt auch dann- wie im Fall des § 1361b BGB - eine Ehewohnungssache vor, so dass es bei der Anwendung des § 48 I FamGKG verbleibt (so auch Keidel- Giers, § 200 Rz. 10). Soweit Teile der Rechtsprechung und Literatur (OLG Hamm FamRZ 2008, 1208; Johannsen/Henricht- Götz, 5. Aufl., § 200 FamFG Rz. 11), im Fall der Geltendmachung einer Nutzungsentschädigung gem. § 745 II BGB den Verfahrenswert nicht nach § 48 I FamGKG festsetzen, sondern § 9 ZPO zur Anwendung kommen lassen, führt dies nach Ansicht des Senats zu unsachgemäßen Ergebnissen, weil sich abhängig von der Anspruchsgrundlage unterschiedliche Verfahrenswerte ergaben, obwohl der Verfahrensgegenstand -Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die ehemalige Ehewohnung- nicht differiert.
Um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass nicht nur -wie bei dem Anspruch aus § 1361b BGB- eine Nutzungsentschädigung für einen abgeschlossenen Zeitraum geltend gemacht wird, sondern -wie bei § 1568a BGB- eine endgültige Regelung getroffen wird, ist der Verfahrenswert allerdings gem. § 48 III FamGKG auf 4.000 EUR zu erhöhen
Fundstellen
FF 2013, 424 |
FamFR 2013, 254 |
FamRB 2013, 218 |
NJW-Spezial 2013, 285 |