Entscheidungsstichwort (Thema)

Lebensversicherung: Widerspruch treuwidrig bei Abtretung vor Abschluss des Versicherungsvertrags und Vorhandensein mehrerer Sicherungen

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Widerspruch nach § 5a VVG a.F. kann treuwidrig sein, wenn der Versicherungsnehmer im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages seine Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag - inklusive der Todesfallleistung - als Sicherheit für ein Darlehen an eine Bank abtritt und der Versicherer hiervon Kenntnis erhält (vgl. BGH, Beschluss vom 27.01.2016 - IV ZR 130/15, Rn. 16). Das gilt auch dann, wenn die Abtretung schon vor dem Abschluss des Versicherungsvertrags vereinbart wurde und wenn mehrere Sicherungen existierten.

 

Normenkette

VVG § 5a a.F.

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 115 O 21/18)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 16.08.2018 verkündete Urteil der 115. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien sind seit dem Jahre 2004 durch einen Vertrag über eine kapitalbildende Lebensversicherung verbunden. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung der geleisteten Prämien nebst Nutzungen nach der Erklärung eines Widerspruchs gemäß § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. in Anspruch.

Die Antragstellung erfolgte unter dem 16.10.2004. Wegen der im Antragsformular enthaltenen Belehrung über das Rücktrittsrecht und wegen der dort ebenfalls enthaltenen Bestätigung des Klägers, verschiedene Unterlagen erhalten zu haben, wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen (dort S. 3).

Am 27.10.2004 trat der Kläger die (künftigen) aus dem Lebensversicherungsvertrag resultierenden Ansprüche auf die Todesfallleistung in voller Höhe, auf die Erlebensfallleistung in Höhe von 525.000,- EUR an die H-Bank als Sicherheit für Darlehensrückzahlungsansprüche der Bank ab. Mit Schreiben vom selben Tage zeigte die H-Bank die erfolgte Abtretung der Beklagten an.

Unter dem 18.11.2004 übersandte die Beklagte dem Kläger den Versicherungsschein zu dem Lebensversicherungsvertrag; als Vertragsbeginn war der 15.12.2004 vorgesehen.

Mit Schreiben vom 16.12.2016 erklärte der Kläger den Widerspruch gemäß § 5a Abs. 1 VVG a.F., hilfsweise die Kündigung des Lebensversicherungsvertrages. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück und zahlte an den Kläger aufgrund der hilfsweisen Kündigung Anfang 2017 einen Betrag von 57.467,75 EUR aus. Zuvor hatte die H-Bank wegen der vollständigen Rückzahlung des Darlehens die Freigabe der Sicherheiten erklärt und die Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag an den Kläger zurück übertragen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe kein Bereicherungsanspruch zu, weil er die Prämienzahlungen mit Rechtsgrund erbracht habe. Sofern der Vertragsschluss im Antragsmodell erfolgt sei, gelte dies schon deshalb, weil die Rücktrittsfrist wirksam in Gang gesetzt worden und abgelaufen sei. Einen Vertragsschluss im Policenmodell unterstellt sei der Widerspruch des Klägers wegen der Abtretung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Kreditsicherung als widersprüchliches Verhalten zu werten und daher gemäß § 242 BGB ausgeschlossen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der Anträge, des Tenors und der Begründung des Urteils wird auf dieses Bezug genommen (GA 147 ff. und vorgeheftet in Band I).

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiter. Er wendet sich gegen die Wertung, der von ihm erklärte Widerspruch sei treuwidrig. Im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründung vom 14.12.2018 (GA 242 ff.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte in Abänderung des landgerichtlichen Urteils zu verurteilen, an ihn 17.975,11 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und nebst vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.266,16 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat durch Beschluss vom 23.01.2019 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Wenn der Vertrag - entsprechend dem Vortrag des Klägers - im Policenmodell zustande gekommen sein sollte, stehe ihm ein Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 1 VVG a.F. nicht zu, da dessen Ausübung als widersprüchliches Verhalten zu werten und daher unzulässig sei. Dies ergebe sich daraus, dass der Kläger - insoweit unstreitig - die Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag einschließlich der Todesfallleistung als Kreditsicherungsmittel abgetreten habe, was zwingend die Wirksamkeit des Vertrages vorausgesetzt habe. Gleiches gelte, sollte ein Vertragsschluss im Antragsmodell erfolgt und der Widerspruch des Klägers ...

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